Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

aus der Reihe der studierenden Jünglinge die¬
jenigen verschwinden, die sich nicht anders als
durch Rohheit auszuzeichnen vermögen.

Das Reich der Wissenschaften ist keine De¬
mokratie, noch weniger Ochlokratie, sondern
Aristokratie im edelsten Sinne. Die Besten
sollen herrschen. Auch die bloß Unfähigen,
welche irgend eine Convenienz empfiehlt, die
bloßen sich vordrängenden Schwätzer, die den
wissenschaftlichen Stand durch kleine Arten von
Industrie entehren, sollen in der gänzlichen
Passivität erhalten werden. Von selbst kann
schon niemand der Verachtung entgehen, die
ihm in diesen Verhältnissen Unwissenheit und
geistige Ohnmacht zuziehen, ja, da diese dann
meistens mit Lächerlichkeit oder wahrer Nie¬
derträchtigkeit gepaart sind, dienen sie der Ju¬
gend zum Spiel und stumpfen allzufrüh den
natürlichen Eckel eines noch nicht erfahrnen Ge¬
müthes ab.

Das Talent bedarf keines Schutzes, wenn

aus der Reihe der ſtudierenden Juͤnglinge die¬
jenigen verſchwinden, die ſich nicht anders als
durch Rohheit auszuzeichnen vermoͤgen.

Das Reich der Wiſſenſchaften iſt keine De¬
mokratie, noch weniger Ochlokratie, ſondern
Ariſtokratie im edelſten Sinne. Die Beſten
ſollen herrſchen. Auch die bloß Unfaͤhigen,
welche irgend eine Convenienz empfiehlt, die
bloßen ſich vordraͤngenden Schwaͤtzer, die den
wiſſenſchaftlichen Stand durch kleine Arten von
Induſtrie entehren, ſollen in der gaͤnzlichen
Paſſivitaͤt erhalten werden. Von ſelbſt kann
ſchon niemand der Verachtung entgehen, die
ihm in dieſen Verhaͤltniſſen Unwiſſenheit und
geiſtige Ohnmacht zuziehen, ja, da dieſe dann
meiſtens mit Laͤcherlichkeit oder wahrer Nie¬
dertraͤchtigkeit gepaart ſind, dienen ſie der Ju¬
gend zum Spiel und ſtumpfen allzufruͤh den
natuͤrlichen Eckel eines noch nicht erfahrnen Ge¬
muͤthes ab.

Das Talent bedarf keines Schutzes, wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="55"/>
aus der Reihe der &#x017F;tudierenden Ju&#x0364;nglinge die¬<lb/>
jenigen ver&#x017F;chwinden, die &#x017F;ich nicht anders als<lb/>
durch Rohheit auszuzeichnen vermo&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p>Das Reich der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften i&#x017F;t keine De¬<lb/>
mokratie, noch weniger Ochlokratie, &#x017F;ondern<lb/>
Ari&#x017F;tokratie im edel&#x017F;ten Sinne. Die Be&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ollen herr&#x017F;chen. Auch die bloß Unfa&#x0364;higen,<lb/>
welche irgend eine Convenienz empfiehlt, die<lb/>
bloßen &#x017F;ich vordra&#x0364;ngenden Schwa&#x0364;tzer, die den<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Stand durch kleine Arten von<lb/>
Indu&#x017F;trie entehren, &#x017F;ollen in der ga&#x0364;nzlichen<lb/>
Pa&#x017F;&#x017F;ivita&#x0364;t erhalten werden. Von &#x017F;elb&#x017F;t kann<lb/>
&#x017F;chon niemand der Verachtung entgehen, die<lb/>
ihm in die&#x017F;en Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en Unwi&#x017F;&#x017F;enheit und<lb/>
gei&#x017F;tige Ohnmacht zuziehen, ja, da die&#x017F;e dann<lb/>
mei&#x017F;tens mit La&#x0364;cherlichkeit oder wahrer Nie¬<lb/>
dertra&#x0364;chtigkeit gepaart &#x017F;ind, dienen &#x017F;ie der Ju¬<lb/>
gend zum Spiel und &#x017F;tumpfen allzufru&#x0364;h den<lb/>
natu&#x0364;rlichen Eckel eines noch nicht erfahrnen Ge¬<lb/>
mu&#x0364;thes ab.</p><lb/>
        <p>Das Talent bedarf keines Schutzes, wenn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0064] aus der Reihe der ſtudierenden Juͤnglinge die¬ jenigen verſchwinden, die ſich nicht anders als durch Rohheit auszuzeichnen vermoͤgen. Das Reich der Wiſſenſchaften iſt keine De¬ mokratie, noch weniger Ochlokratie, ſondern Ariſtokratie im edelſten Sinne. Die Beſten ſollen herrſchen. Auch die bloß Unfaͤhigen, welche irgend eine Convenienz empfiehlt, die bloßen ſich vordraͤngenden Schwaͤtzer, die den wiſſenſchaftlichen Stand durch kleine Arten von Induſtrie entehren, ſollen in der gaͤnzlichen Paſſivitaͤt erhalten werden. Von ſelbſt kann ſchon niemand der Verachtung entgehen, die ihm in dieſen Verhaͤltniſſen Unwiſſenheit und geiſtige Ohnmacht zuziehen, ja, da dieſe dann meiſtens mit Laͤcherlichkeit oder wahrer Nie¬ dertraͤchtigkeit gepaart ſind, dienen ſie der Ju¬ gend zum Spiel und ſtumpfen allzufruͤh den natuͤrlichen Eckel eines noch nicht erfahrnen Ge¬ muͤthes ab. Das Talent bedarf keines Schutzes, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/64
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/64>, abgerufen am 27.04.2024.