Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

psc_204.001
Dispositio, Anordnung, kann als Theil der inneren Form angesehen psc_204.002
werden, wenn nicht schon als Theil der äußeren -- psc_204.003
insofern der Plan möglichst fertig sein muß oder fertig sein psc_204.004
sollte, wenn die elocutio beginnt. Elocutio, "äußere Form", psc_204.005
umfaßt dann bei der Poetik sowohl Sprache als Metrik.

psc_204.006

Aber es wird sich vielleicht empfehlen, die Anordnung psc_204.007
zur äußeren Form zu rechnen, weil sie doch direct zur Perception psc_204.008
kommen muß, während innere Form nur ein unsichtbarer psc_204.009
Quell ist, aus dem die äußere Form fließt.

psc_204.010

Mithin fehlt die innere Form ganz in der Theorie der psc_204.011
Alten, also unser Kap. 4. Was ist innere Form? Die specifische psc_204.012
Auffassung des Gegenstandes durch den Dichter. Andeutungen psc_204.013
sinden sich indessen bei den Alten: Aristoteles theilt psc_204.014
ja die Dichtung in phaulon und spoudaion. Zum Theil psc_204.015
kann allerdings derselbe Gegenstand ernst und komisch behandelt psc_204.016
werden, und insofern gehört dies zur inneren Form; psc_204.017
aber im Ganzen zur Stoffwahl.

psc_204.001
Dispositio, Anordnung, kann als Theil der inneren Form angesehen psc_204.002
werden, wenn nicht schon als Theil der äußeren — psc_204.003
insofern der Plan möglichst fertig sein muß oder fertig sein psc_204.004
sollte, wenn die elocutio beginnt. Elocutio, „äußere Form“, psc_204.005
umfaßt dann bei der Poetik sowohl Sprache als Metrik.

psc_204.006

  Aber es wird sich vielleicht empfehlen, die Anordnung psc_204.007
zur äußeren Form zu rechnen, weil sie doch direct zur Perception psc_204.008
kommen muß, während innere Form nur ein unsichtbarer psc_204.009
Quell ist, aus dem die äußere Form fließt.

psc_204.010

  Mithin fehlt die innere Form ganz in der Theorie der psc_204.011
Alten, also unser Kap. 4. Was ist innere Form? Die specifische psc_204.012
Auffassung des Gegenstandes durch den Dichter. Andeutungen psc_204.013
sinden sich indessen bei den Alten: Aristoteles theilt psc_204.014
ja die Dichtung in φαῦλον und σπουδαῖον. Zum Theil psc_204.015
kann allerdings derselbe Gegenstand ernst und komisch behandelt psc_204.016
werden, und insofern gehört dies zur inneren Form; psc_204.017
aber im Ganzen zur Stoffwahl.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0220" n="204"/><lb n="psc_204.001"/><hi rendition="#aq">Dispositio</hi>, Anordnung, kann als Theil der inneren Form angesehen <lb n="psc_204.002"/>
werden, wenn nicht schon als Theil der äußeren &#x2014; <lb n="psc_204.003"/>
insofern der Plan möglichst fertig sein muß oder fertig sein <lb n="psc_204.004"/>
sollte, wenn die <hi rendition="#aq">elocutio</hi> beginnt. <hi rendition="#aq">Elocutio</hi>, &#x201E;äußere Form&#x201C;, <lb n="psc_204.005"/>
umfaßt dann bei der Poetik sowohl Sprache als Metrik.</p>
            <lb n="psc_204.006"/>
            <p>  Aber es wird sich vielleicht empfehlen, die Anordnung <lb n="psc_204.007"/>
zur äußeren Form zu rechnen, weil sie doch direct zur Perception <lb n="psc_204.008"/>
kommen muß, während innere Form nur ein unsichtbarer <lb n="psc_204.009"/>
Quell ist, aus dem die äußere Form fließt.</p>
            <lb n="psc_204.010"/>
            <p>  Mithin fehlt die innere Form ganz in der Theorie der <lb n="psc_204.011"/>
Alten, also unser Kap. 4. Was ist innere Form? Die specifische <lb n="psc_204.012"/>
Auffassung des Gegenstandes durch den Dichter. Andeutungen <lb n="psc_204.013"/>
sinden sich indessen bei den Alten: Aristoteles theilt <lb n="psc_204.014"/>
ja die Dichtung in <foreign xml:lang="grc">&#x03C6;&#x03B1;&#x1FE6;&#x03BB;&#x03BF;&#x03BD;</foreign> und <foreign xml:lang="grc">&#x03C3;&#x03C0;&#x03BF;&#x03C5;&#x03B4;&#x03B1;&#x1FD6;&#x03BF;&#x03BD;</foreign>. Zum Theil <lb n="psc_204.015"/>
kann allerdings derselbe Gegenstand ernst und komisch behandelt <lb n="psc_204.016"/>
werden, und insofern gehört dies zur inneren Form; <lb n="psc_204.017"/>
aber im Ganzen zur Stoffwahl.</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0220] psc_204.001 Dispositio, Anordnung, kann als Theil der inneren Form angesehen psc_204.002 werden, wenn nicht schon als Theil der äußeren — psc_204.003 insofern der Plan möglichst fertig sein muß oder fertig sein psc_204.004 sollte, wenn die elocutio beginnt. Elocutio, „äußere Form“, psc_204.005 umfaßt dann bei der Poetik sowohl Sprache als Metrik. psc_204.006   Aber es wird sich vielleicht empfehlen, die Anordnung psc_204.007 zur äußeren Form zu rechnen, weil sie doch direct zur Perception psc_204.008 kommen muß, während innere Form nur ein unsichtbarer psc_204.009 Quell ist, aus dem die äußere Form fließt. psc_204.010   Mithin fehlt die innere Form ganz in der Theorie der psc_204.011 Alten, also unser Kap. 4. Was ist innere Form? Die specifische psc_204.012 Auffassung des Gegenstandes durch den Dichter. Andeutungen psc_204.013 sinden sich indessen bei den Alten: Aristoteles theilt psc_204.014 ja die Dichtung in φαῦλον und σπουδαῖον. Zum Theil psc_204.015 kann allerdings derselbe Gegenstand ernst und komisch behandelt psc_204.016 werden, und insofern gehört dies zur inneren Form; psc_204.017 aber im Ganzen zur Stoffwahl.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/220
Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/220>, abgerufen am 26.04.2024.