Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

Bild:
<< vorherige Seite

wird Hammites, Ammites, von ammos, Sand: Solche gibt es in der
Birß: Einen überauß schönen marmorharten gelben Ammitem habe
vor einichen Jahren angetroffen im Frickthal bey Terznach. Auß einem
rothen Hammite bestehet das reiche Eisen Ertz bey Wölffliswyl/ auch im
Frickthal; Von der ersten zeugung diser Erbsen-Linsen-Hirßsamen förmi-
gen Steinen urtheilen die Naturforscher ins gemein/ daß sie zuzuschreiben
seye der Natur/ wie man zum zeugen könne nemmen die Erbsensteine des Carls-
bads in Böhmen/ welche gestaltet werden auß dem Toffstein des Bads selbs;
so auch die so genanten Confetti di Tivoli, welche aus dem abfliessenden
Wasser gezeuget werden/ und gleichwol glatte und krause Zuckererbsen/
Mandel/ und ander dergleichen confect vorstellen. Jch wil disere Meinung
nicht verachten/ ja selbs annemmen/ gleichwol aber auch diß nicht verhelen/
daß vil dergleichen Steine gesehen habe mein lebtage/ welche zu halten sind
vor rechte Rogensteine/ das wil sagen/ vor wirckliche versteinerte Fischrogen
von allerhand art/ welche nirgends anders können hergeleitet werden/ als
von der Sündflut. Jn solcher Meinung stärket mich nicht nur die ähn-
lichkeit der gestalt/ sondern auch der umstand des Ohrts/ weilen dergleichen
Steine mehrmalen/ wie in dem Schweizerland/ und angrenzendem Frick-
thal/ gefunden werden/ wo zugleich wahrhafte überbleibselen des Sündflus-
ses anzutreffen/ als Schnecken/ Muschelen/ Scherhörner/ Meerigel/ Stern-
steine/ etc. Jst deme also/ so sol man auß der erstaunlichen grösse der Roge-
steinen/ da an vilen Orten grosse Felsen von solcher materi anzutreffen/ gleich
auß anderen anderstwo anzubringenden Gründen/ abnehmen die grosse
fruchtbarkeit derjenigen Erdenwelt/ welche vor dem Sündfluß gestanden/
wiewol auch kan gesagt werden/ daß in den wasseren der Sündflut seye von
dem gewalt der Wellen und Winden zusamen getriben worden allerhand
gattung Fischrogen/ so hier und da einher geschwummen/ und hierauß ganz
wol haben können erwachsen grosse Klumpen/ welche hernach an denen Or-
ten/ da sie undergesunken/ versteineret worden; Um so vil leichter laßt sich
diß glauben/ weilen bekanter massen die Fischeyer klebricht sind/ und sonst an
einem Schleim zusamen hangen.

Jn der IX. Tab. kommet Fig. 62. vor ein cylindrisches oder lang-run-
des weisses röhrlein/ Tubulus fossilis albus, welches durch und durch mit
einem schwarzlechten mark außgefüllet vorher muß hohl gewesen seyn; gehö-
ret villeicht zu denen wurmförmigen Röhrlein/ welche oben in Fig. 23. vor-
gestellet worden. Komt auß der Birß.

Fig. 63.

wird Hammites, Ammites, von ἄμμος, Sand: Solche gibt es in der
Birß: Einen uͤberauß ſchoͤnen marmorharten gelben Ammitem habe
vor einichen Jahren angetroffen im Frickthal bey Terznach. Auß einem
rothen Hammite beſtehet das reiche Eiſen Ertz bey Woͤlffliswyl/ auch im
Frickthal; Von der erſten zeugung diſer Erbſen-Linſen-Hirßſamen foͤrmi-
gen Steinen urtheilen die Naturforſcher ins gemein/ daß ſie zuzuſchreiben
ſeye der Natur/ wie man zum zeugen koͤñe nem̃en die Erbſenſteine des Carls-
bads in Boͤhmen/ welche geſtaltet werden auß dem Toffſtein des Bads ſelbs;
ſo auch die ſo genanten Confetti di Tivoli, welche aus dem abflieſſenden
Waſſer gezeuget werden/ und gleichwol glatte und krauſe Zuckererbſen/
Mandel/ und ander dergleichen confect vorſtellen. Jch wil diſere Meinung
nicht verachten/ ja ſelbs annemmen/ gleichwol aber auch diß nicht verhelen/
daß vil dergleichen Steine geſehen habe mein lebtage/ welche zu halten ſind
vor rechte Rogenſteine/ das wil ſagen/ vor wirckliche verſteinerte Fiſchrogen
von allerhand art/ welche nirgends anders koͤnnen hergeleitet werden/ als
von der Suͤndflut. Jn ſolcher Meinung ſtaͤrket mich nicht nur die aͤhn-
lichkeit der geſtalt/ ſondern auch der umſtand des Ohrts/ weilen dergleichen
Steine mehrmalen/ wie in dem Schweizerland/ und angrenzendem Frick-
thal/ gefunden werden/ wo zugleich wahrhafte uͤberbleibſelen des Suͤndfluſ-
ſes anzutreffen/ als Schnecken/ Muſchelen/ Scherhoͤrner/ Meerigel/ Stern-
ſteine/ ꝛc. Jſt deme alſo/ ſo ſol man auß der erſtaunlichen groͤſſe der Roge-
ſteinen/ da an vilen Orten groſſe Felſen von ſolcher materi anzutreffen/ gleich
auß anderen anderſtwo anzubringenden Gruͤnden/ abnehmen die groſſe
fruchtbarkeit derjenigen Erdenwelt/ welche vor dem Suͤndfluß geſtanden/
wiewol auch kan geſagt werden/ daß in den waſſeren der Suͤndflut ſeye von
dem gewalt der Wellen und Winden zuſamen getriben worden allerhand
gattung Fiſchrogen/ ſo hier und da einher geſchwummen/ und hierauß ganz
wol haben koͤnnen erwachſen groſſe Klumpen/ welche hernach an denen Or-
ten/ da ſie undergeſunken/ verſteineret worden; Um ſo vil leichter laßt ſich
diß glauben/ weilen bekanter maſſen die Fiſcheyer klebricht ſind/ und ſonſt an
einem Schleim zuſamen hangen.

Jn der IX. Tab. kommet Fig. 62. vor ein cylindriſches oder lang-run-
des weiſſes roͤhrlein/ Tubulus foſſilis albus, welches durch und durch mit
einem ſchwarzlechten mark außgefuͤllet vorher muß hohl geweſen ſeyn; gehoͤ-
ret villeicht zu denen wurmfoͤrmigen Roͤhrlein/ welche oben in Fig. 23. vor-
geſtellet worden. Komt auß der Birß.

Fig. 63.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0137" n="(106)[106]"/>
wird <hi rendition="#aq">Hammites, Ammites,</hi> von &#x1F04;&#x03BC;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C2;, <hi rendition="#fr">Sand:</hi> Solche gibt es in der<lb/>
Birß: Einen u&#x0364;berauß &#x017F;cho&#x0364;nen marmorharten gelben <hi rendition="#aq">Ammitem</hi> habe<lb/>
vor einichen Jahren angetroffen im Frickthal bey Terznach. Auß einem<lb/>
rothen <hi rendition="#aq">Hammite</hi> be&#x017F;tehet das reiche Ei&#x017F;en Ertz bey Wo&#x0364;lffliswyl/ auch im<lb/>
Frickthal; Von der er&#x017F;ten zeugung di&#x017F;er Erb&#x017F;en-Lin&#x017F;en-Hirß&#x017F;amen fo&#x0364;rmi-<lb/>
gen Steinen urtheilen die Naturfor&#x017F;cher ins gemein/ daß &#x017F;ie zuzu&#x017F;chreiben<lb/>
&#x017F;eye der Natur/ wie man zum zeugen ko&#x0364;n&#x0303;e nem&#x0303;en die Erb&#x017F;en&#x017F;teine des Carls-<lb/>
bads in Bo&#x0364;hmen/ welche ge&#x017F;taltet werden auß dem Toff&#x017F;tein des Bads &#x017F;elbs;<lb/>
&#x017F;o auch die &#x017F;o genanten <hi rendition="#aq">Confetti di Tivoli,</hi> welche aus dem abflie&#x017F;&#x017F;enden<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er gezeuget werden/ und gleichwol glatte und krau&#x017F;e Zuckererb&#x017F;en/<lb/>
Mandel/ und ander dergleichen confect vor&#x017F;tellen. Jch wil di&#x017F;ere Meinung<lb/>
nicht verachten/ ja &#x017F;elbs annemmen/ gleichwol aber auch diß nicht verhelen/<lb/>
daß vil dergleichen Steine ge&#x017F;ehen habe mein lebtage/ welche zu halten &#x017F;ind<lb/>
vor rechte Rogen&#x017F;teine/ das wil &#x017F;agen/ vor wirckliche ver&#x017F;teinerte Fi&#x017F;chrogen<lb/>
von allerhand art/ welche nirgends anders ko&#x0364;nnen hergeleitet werden/ als<lb/>
von der Su&#x0364;ndflut. Jn &#x017F;olcher Meinung &#x017F;ta&#x0364;rket mich nicht nur die a&#x0364;hn-<lb/>
lichkeit der ge&#x017F;talt/ &#x017F;ondern auch der um&#x017F;tand des Ohrts/ weilen dergleichen<lb/>
Steine mehrmalen/ wie in dem Schweizerland/ und angrenzendem Frick-<lb/>
thal/ gefunden werden/ wo zugleich wahrhafte u&#x0364;berbleib&#x017F;elen des Su&#x0364;ndflu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es anzutreffen/ als Schnecken/ Mu&#x017F;chelen/ Scherho&#x0364;rner/ Meerigel/ Stern-<lb/>
&#x017F;teine/ &#xA75B;c. J&#x017F;t deme al&#x017F;o/ &#x017F;o &#x017F;ol man auß der er&#x017F;taunlichen gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Roge-<lb/>
&#x017F;teinen/ da an vilen Orten gro&#x017F;&#x017F;e Fel&#x017F;en von &#x017F;olcher materi anzutreffen/ gleich<lb/>
auß anderen ander&#x017F;two anzubringenden Gru&#x0364;nden/ abnehmen die gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
fruchtbarkeit derjenigen Erdenwelt/ welche vor dem Su&#x0364;ndfluß ge&#x017F;tanden/<lb/>
wiewol auch kan ge&#x017F;agt werden/ daß in den wa&#x017F;&#x017F;eren der Su&#x0364;ndflut &#x017F;eye von<lb/>
dem gewalt der Wellen und Winden zu&#x017F;amen getriben worden allerhand<lb/>
gattung Fi&#x017F;chrogen/ &#x017F;o hier und da einher ge&#x017F;chwummen/ und hierauß ganz<lb/>
wol haben ko&#x0364;nnen erwach&#x017F;en gro&#x017F;&#x017F;e Klumpen/ welche hernach an denen Or-<lb/>
ten/ da &#x017F;ie underge&#x017F;unken/ ver&#x017F;teineret worden; Um &#x017F;o vil leichter laßt &#x017F;ich<lb/>
diß glauben/ weilen bekanter ma&#x017F;&#x017F;en die Fi&#x017F;cheyer klebricht &#x017F;ind/ und &#x017F;on&#x017F;t an<lb/>
einem Schleim zu&#x017F;amen hangen.</p><lb/>
          <p>Jn der <hi rendition="#aq">IX. Tab.</hi> kommet Fig. 62. vor ein cylindri&#x017F;ches oder lang-run-<lb/>
des wei&#x017F;&#x017F;es ro&#x0364;hrlein/ <hi rendition="#aq">Tubulus fo&#x017F;&#x017F;ilis albus,</hi> welches durch und durch mit<lb/>
einem &#x017F;chwarzlechten mark außgefu&#x0364;llet vorher muß hohl gewe&#x017F;en &#x017F;eyn; geho&#x0364;-<lb/>
ret villeicht zu denen wurmfo&#x0364;rmigen Ro&#x0364;hrlein/ welche oben in Fig. 23. vor-<lb/>
ge&#x017F;tellet worden. Komt auß der Birß.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Fig. 63.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[(106)[106]/0137] wird Hammites, Ammites, von ἄμμος, Sand: Solche gibt es in der Birß: Einen uͤberauß ſchoͤnen marmorharten gelben Ammitem habe vor einichen Jahren angetroffen im Frickthal bey Terznach. Auß einem rothen Hammite beſtehet das reiche Eiſen Ertz bey Woͤlffliswyl/ auch im Frickthal; Von der erſten zeugung diſer Erbſen-Linſen-Hirßſamen foͤrmi- gen Steinen urtheilen die Naturforſcher ins gemein/ daß ſie zuzuſchreiben ſeye der Natur/ wie man zum zeugen koͤñe nem̃en die Erbſenſteine des Carls- bads in Boͤhmen/ welche geſtaltet werden auß dem Toffſtein des Bads ſelbs; ſo auch die ſo genanten Confetti di Tivoli, welche aus dem abflieſſenden Waſſer gezeuget werden/ und gleichwol glatte und krauſe Zuckererbſen/ Mandel/ und ander dergleichen confect vorſtellen. Jch wil diſere Meinung nicht verachten/ ja ſelbs annemmen/ gleichwol aber auch diß nicht verhelen/ daß vil dergleichen Steine geſehen habe mein lebtage/ welche zu halten ſind vor rechte Rogenſteine/ das wil ſagen/ vor wirckliche verſteinerte Fiſchrogen von allerhand art/ welche nirgends anders koͤnnen hergeleitet werden/ als von der Suͤndflut. Jn ſolcher Meinung ſtaͤrket mich nicht nur die aͤhn- lichkeit der geſtalt/ ſondern auch der umſtand des Ohrts/ weilen dergleichen Steine mehrmalen/ wie in dem Schweizerland/ und angrenzendem Frick- thal/ gefunden werden/ wo zugleich wahrhafte uͤberbleibſelen des Suͤndfluſ- ſes anzutreffen/ als Schnecken/ Muſchelen/ Scherhoͤrner/ Meerigel/ Stern- ſteine/ ꝛc. Jſt deme alſo/ ſo ſol man auß der erſtaunlichen groͤſſe der Roge- ſteinen/ da an vilen Orten groſſe Felſen von ſolcher materi anzutreffen/ gleich auß anderen anderſtwo anzubringenden Gruͤnden/ abnehmen die groſſe fruchtbarkeit derjenigen Erdenwelt/ welche vor dem Suͤndfluß geſtanden/ wiewol auch kan geſagt werden/ daß in den waſſeren der Suͤndflut ſeye von dem gewalt der Wellen und Winden zuſamen getriben worden allerhand gattung Fiſchrogen/ ſo hier und da einher geſchwummen/ und hierauß ganz wol haben koͤnnen erwachſen groſſe Klumpen/ welche hernach an denen Or- ten/ da ſie undergeſunken/ verſteineret worden; Um ſo vil leichter laßt ſich diß glauben/ weilen bekanter maſſen die Fiſcheyer klebricht ſind/ und ſonſt an einem Schleim zuſamen hangen. Jn der IX. Tab. kommet Fig. 62. vor ein cylindriſches oder lang-run- des weiſſes roͤhrlein/ Tubulus foſſilis albus, welches durch und durch mit einem ſchwarzlechten mark außgefuͤllet vorher muß hohl geweſen ſeyn; gehoͤ- ret villeicht zu denen wurmfoͤrmigen Roͤhrlein/ welche oben in Fig. 23. vor- geſtellet worden. Komt auß der Birß. Fig. 63.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/137
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (106)[106]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/137>, abgerufen am 30.04.2024.