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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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können wir uns leicht vorstellen/ daß durch vil und öftere windichte Bewe-
gungen der Schweizerischen Luft auch diejenige böse dünste/ welche etwan
anderst woher uns zugeführt worden/ oder auß unseren eigenen Landen auf-
gestiegen/ von uns hinweg/ und anderwerts hin getrieben/ wir folglich von
vielen Beschwerden/ die daher trwachsen könten/ erlediget werden. Es weißt
aber auch der gerechte Gott eben disere Heilmittel zuverwandlen in Straff-
gerichte/ und uns nach unserem verdienen heimzusuchen bald mit ungewohn-
ter/ und schädlicher Hitz/ bald mit empfindlichem frost/ bald mit allzunasser/
oder trukener witterung/ und danahen auf die früchte des Felds/ Weinstoks/
Menschen und Viehe kommendem Schaden. Ein Exempel der Barmherzig-
keit Gottes ist diß lauffende Jahr/ zu dessen anfang hin und wider in unsern
Eidgnössischen Landen geregiert/ bey kalt-feuchter Witterung/ allerhand hi-
zige Fluß-fieber und andere böse Krankheiten/ welche aber durch die güte
Gottes bald wider nachgelassen; Der Frühling liesse sich also an/ daß man
auß allerhand/ theils oben beschriebenen Wunderzeichen abnemmen könte/
daß wir vor uns haben werden ein rechtes Wunder-Jahr: Der Sommer
war absonderlich durch den Augstmonat ein Wunder-Sommer/ zumalen
nicht leicht erlebt worden ein so lang anhaltendes schönes Wetter/ und star-
ke Wärme/ welche auch gespürt worden auf denen Gebirgen/ da sonsten der
Winter regiert/ und mehr Schnee und Eis/ als in anderen Jahren hat
schmelzen mögen: Die Baumfrüchte haben wegen mangel des Safts nicht
zu follkommener Grösse gereichen mögen. Der Menschen und Thieren
Leiber haben außstehen müssen eine ungewohnt starke Außdämpfung/ deren
Wirkung sich bereits erzeiget hat durch die Rohte Ruhr/ Durchbrüche/ und
andere Krankheiten/ welche hier und da grassiert/ besorglich aber sich noch
weiters eröffnen wird bey einbrechendem Herbst/ und Winter/ absonderlich/
weilen unmittelbar auf die grosse Hitz erfolget ein zimlich strenge feuchte/ und
kalt-windichte Witterung.

Bey disem anlas habe thunlich erachtet/ dem geehrten Leser vorzustel-
len eine Historische Erzehlung aller derjenigen seltsamen Jahrzeiten/ welche
unsere Eidgnössische Lande außgehalten/ und hier und da in getrukten/ oder
geschriebenen Geschicht-Bücheren verzeichnet stehen.

A. 709. 762. 860. 913. 945. müssen sehr harbe/ und lang anhaltende
Winter gewesen seyn/ nach der Zeugnuß Hepidani Annal. bey Goldast.
Alamann. Rer. p. 6-10.

A. 1135. war ein solcher heisser Sommer und Herbst/ das alle Pfütze und

Graben

koͤnnen wir uns leicht vorſtellen/ daß durch vil und oͤftere windichte Bewe-
gungen der Schweizeriſchen Luft auch diejenige boͤſe duͤnſte/ welche etwan
anderſt woher uns zugefuͤhrt worden/ oder auß unſeren eigenen Landen auf-
geſtiegen/ von uns hinweg/ und anderwerts hin getrieben/ wir folglich von
vielen Beſchwerden/ die daher trwachſen koͤnten/ erlediget werden. Es weißt
aber auch der gerechte Gott eben diſere Heilmittel zuverwandlen in Straff-
gerichte/ und uns nach unſerem verdienen heimzuſuchen bald mit ungewohn-
ter/ und ſchaͤdlicher Hitz/ bald mit empfindlichem froſt/ bald mit allzunaſſer/
oder trukener witterung/ und danahen auf die fruͤchte des Felds/ Weinſtoks/
Menſchen und Viehe kom̃endem Schaden. Ein Exempel der Barmherzig-
keit Gottes iſt diß lauffende Jahr/ zu deſſen anfang hin und wider in unſern
Eidgnoͤſſiſchen Landen geregiert/ bey kalt-feuchter Witterung/ allerhand hi-
zige Fluß-fieber und andere boͤſe Krankheiten/ welche aber durch die guͤte
Gottes bald wider nachgelaſſen; Der Fruͤhling lieſſe ſich alſo an/ daß man
auß allerhand/ theils oben beſchriebenen Wunderzeichen abnemmen koͤnte/
daß wir vor uns haben werden ein rechtes Wunder-Jahr: Der Sommer
war abſonderlich durch den Augſtmonat ein Wunder-Sommer/ zumalen
nicht leicht erlebt worden ein ſo lang anhaltendes ſchoͤnes Wetter/ und ſtar-
ke Waͤrme/ welche auch geſpuͤrt worden auf denen Gebirgen/ da ſonſten der
Winter regiert/ und mehr Schnee und Eis/ als in anderen Jahren hat
ſchmelzen moͤgen: Die Baumfruͤchte haben wegen mangel des Safts nicht
zu follkommener Groͤſſe gereichen moͤgen. Der Menſchen und Thieren
Leiber haben außſtehen muͤſſen eine ungewohnt ſtarke Außdaͤmpfung/ deren
Wirkung ſich bereits erzeiget hat durch die Rohte Ruhr/ Durchbruͤche/ und
andere Krankheiten/ welche hier und da graſſiert/ beſorglich aber ſich noch
weiters eroͤffnen wird bey einbrechendem Herbſt/ und Winter/ abſonderlich/
weilen unmittelbar auf die groſſe Hitz erfolget ein zimlich ſtrenge feuchte/ und
kalt-windichte Witterung.

Bey diſem anlas habe thunlich erachtet/ dem geehrten Leſer vorzuſtel-
len eine Hiſtoriſche Erzehlung aller derjenigen ſeltſamen Jahrzeiten/ welche
unſere Eidgnoͤſſiſche Lande außgehalten/ und hier und da in getrukten/ oder
geſchriebenen Geſchicht-Buͤcheren verzeichnet ſtehen.

A. 709. 762. 860. 913. 945. muͤſſen ſehr harbe/ und lang anhaltende
Winter geweſen ſeyn/ nach der Zeugnuß Hepidani Annal. bey Goldaſt.
Alamañ. Rer. p. 6-10.

A. 1135. war ein ſolcher heiſſer Som̃er und Herbſt/ das alle Pfuͤtze und

Graben
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[(130)[130]/0167] koͤnnen wir uns leicht vorſtellen/ daß durch vil und oͤftere windichte Bewe- gungen der Schweizeriſchen Luft auch diejenige boͤſe duͤnſte/ welche etwan anderſt woher uns zugefuͤhrt worden/ oder auß unſeren eigenen Landen auf- geſtiegen/ von uns hinweg/ und anderwerts hin getrieben/ wir folglich von vielen Beſchwerden/ die daher trwachſen koͤnten/ erlediget werden. Es weißt aber auch der gerechte Gott eben diſere Heilmittel zuverwandlen in Straff- gerichte/ und uns nach unſerem verdienen heimzuſuchen bald mit ungewohn- ter/ und ſchaͤdlicher Hitz/ bald mit empfindlichem froſt/ bald mit allzunaſſer/ oder trukener witterung/ und danahen auf die fruͤchte des Felds/ Weinſtoks/ Menſchen und Viehe kom̃endem Schaden. Ein Exempel der Barmherzig- keit Gottes iſt diß lauffende Jahr/ zu deſſen anfang hin und wider in unſern Eidgnoͤſſiſchen Landen geregiert/ bey kalt-feuchter Witterung/ allerhand hi- zige Fluß-fieber und andere boͤſe Krankheiten/ welche aber durch die guͤte Gottes bald wider nachgelaſſen; Der Fruͤhling lieſſe ſich alſo an/ daß man auß allerhand/ theils oben beſchriebenen Wunderzeichen abnemmen koͤnte/ daß wir vor uns haben werden ein rechtes Wunder-Jahr: Der Sommer war abſonderlich durch den Augſtmonat ein Wunder-Sommer/ zumalen nicht leicht erlebt worden ein ſo lang anhaltendes ſchoͤnes Wetter/ und ſtar- ke Waͤrme/ welche auch geſpuͤrt worden auf denen Gebirgen/ da ſonſten der Winter regiert/ und mehr Schnee und Eis/ als in anderen Jahren hat ſchmelzen moͤgen: Die Baumfruͤchte haben wegen mangel des Safts nicht zu follkommener Groͤſſe gereichen moͤgen. Der Menſchen und Thieren Leiber haben außſtehen muͤſſen eine ungewohnt ſtarke Außdaͤmpfung/ deren Wirkung ſich bereits erzeiget hat durch die Rohte Ruhr/ Durchbruͤche/ und andere Krankheiten/ welche hier und da graſſiert/ beſorglich aber ſich noch weiters eroͤffnen wird bey einbrechendem Herbſt/ und Winter/ abſonderlich/ weilen unmittelbar auf die groſſe Hitz erfolget ein zimlich ſtrenge feuchte/ und kalt-windichte Witterung. Bey diſem anlas habe thunlich erachtet/ dem geehrten Leſer vorzuſtel- len eine Hiſtoriſche Erzehlung aller derjenigen ſeltſamen Jahrzeiten/ welche unſere Eidgnoͤſſiſche Lande außgehalten/ und hier und da in getrukten/ oder geſchriebenen Geſchicht-Buͤcheren verzeichnet ſtehen. A. 709. 762. 860. 913. 945. muͤſſen ſehr harbe/ und lang anhaltende Winter geweſen ſeyn/ nach der Zeugnuß Hepidani Annal. bey Goldaſt. Alamañ. Rer. p. 6-10. A. 1135. war ein ſolcher heiſſer Som̃er und Herbſt/ das alle Pfuͤtze und Graben

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (130)[130]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/167>, abgerufen am 28.04.2024.