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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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Gehe ich ausser das Schweizerland/ so finde bey Cardano de Rer. va-
riet. L. 15. c. 85.
das eine solche eigenschaft an sich habe der Eupi-
ler-
See/ als welcher in dem Monat April einen Thon von sich hören lasse/
als rüfte man laut/ aber mit gebrochner Stimme/ oh, oh, oh, oh, oh, und
zwaren seye dise Stimme/ wann sie gehört werde/ ein gewisser Vorbott ei-
nes reichen Geraht Jahrs an Wein/ und Getreid. Es hat auch bemeldter
Cardanus seinen subtilen Geist in so weit bemühet/ daß er in ganzer domals
blühender Schulweißheit sich erspaziert/ um die wahren ursachen so seltsamer
begebenheit zuerforschen/ aber endlich weiter nicht kommen können/ als zu der
wärme/ welche bey guten Jahrgängen sich zeitlich im Frühling in denen Ein-
geweiden der Erde einfinde/ und alles in bewegung bringe/ welche bewegung
auch mitgetheilet werde der Luft/ und also einen Thon erwecke. Der gelehr-
te Morhof gedenket diser Geschicht auch in Hyaloclaste pag. 183. kan sie
aber kaum glauben/ e[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]kläret sich aber/ im fall etwas an der sach solte seyn/ da-
hin/ daß ein solcher Thon entstehen könne von vilen Schwefelicht-Salpet-
rischen in eine Jäsung gerathenen/ und mit gewalt auß der Erden außgetrie-
benen Theilen/ deren gegenwart/ und Bewegung/ nohtwendig eine frucht-
barkeit anzeige/ und leicht/ wann sie verstärkt wurden/ einen Erdbidem erwek-
ken könte; wie man dann gewahre/ daß dergleichen oft gleichsam donneren-
de Gethöne mehrmalen die Erdbeben begleiten/ worvor zusehen Plin. Lib.
II. c. 80. Arist. Lib. II. Meteor. c. 46. Varen. Geog Lib. I. c. 10. Prop.
5. Kirch. Mund. Subterr. Praefat.
Wie nun hierüber ein jeder die Frey-
heit hat seinen Geist zuüben/ also gestehe ich meines ohrts/ das sothane gewalt-
same/ von wirklicher entzündung unterirrdischer Schwefelicht-Salpetri-
scher Dünsten/ herzu leitende bewegung hieher nicht diene/ weilen in unseren
Helvetischen Landen auf sothanes Gebrül niemalen die geringste Erdzitte-
rung/ oder einiche andere anzeige einer geschehenen entzündung gespürt wor-
den. Meines bedunkens ist in disem Natur-Spiel der vornehmste actor,
nicht die Wärme des Aristotelis, noch das Feuer der neuen Naturweisen/
sondern der AEolus, deutlicher zureden/ ist die ursach diser begebenheit herzu-
leiten von ungleichen Kräften der Ober- und Unterirrdischen Luft.

Wie ich die Sach fasse/ wird nächst kommendes Blatt in mehrerem
zeigen.

Gehe ich auſſer das Schweizerland/ ſo finde bey Cardano de Rer. va-
riet. L. 15. c. 85.
das eine ſolche eigenſchaft an ſich habe der Eupi-
ler-
See/ als welcher in dem Monat April einen Thon von ſich hoͤren laſſe/
als ruͤfte man laut/ aber mit gebrochner Stim̃e/ ôh, ôh, ôh, ôh, ôh, und
zwaren ſeye diſe Stimme/ wann ſie gehoͤrt werde/ ein gewiſſer Vorbott ei-
nes reichen Geraht Jahrs an Wein/ und Getreid. Es hat auch bemeldter
Cardanus ſeinen ſubtilen Geiſt in ſo weit bemuͤhet/ daß er in ganzer domals
bluͤhender Schulweißheit ſich erſpaziert/ um die wahren urſachen ſo ſeltſamer
begebenheit zuerforſchen/ aber endlich weiter nicht kommen koͤnnen/ als zu der
waͤrme/ welche bey guten Jahrgaͤngen ſich zeitlich im Fruͤhling in denen Ein-
geweiden der Erde einfinde/ und alles in bewegung bringe/ welche bewegung
auch mitgetheilet werde der Luft/ und alſo einen Thon erwecke. Der gelehr-
te Morhof gedenket diſer Geſchicht auch in Hyaloclaſte pag. 183. kan ſie
aber kaum glauben/ e[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]klaͤret ſich aber/ im fall etwas an der ſach ſolte ſeyn/ da-
hin/ daß ein ſolcher Thon entſtehen koͤnne von vilen Schwefelicht-Salpet-
riſchen in eine Jaͤſung gerathenen/ und mit gewalt auß der Erden außgetrie-
benen Theilen/ deren gegenwart/ und Bewegung/ nohtwendig eine frucht-
barkeit anzeige/ und leicht/ wann ſie verſtaͤrkt wurden/ einen Erdbidem erwek-
ken koͤnte; wie man dann gewahre/ daß dergleichen oft gleichſam donneren-
de Gethoͤne mehrmalen die Erdbeben begleiten/ worvor zuſehen Plin. Lib.
II. c. 80. Ariſt. Lib. II. Meteor. c. 46. Varen. Geog Lib. I. c. 10. Prop.
5. Kirch. Mund. Subterr. Præfat.
Wie nun hieruͤber ein jeder die Frey-
heit hat ſeinen Geiſt zuuͤben/ alſo geſtehe ich meines ohrts/ das ſothane gewalt-
ſame/ von wirklicher entzuͤndung unterirꝛdiſcher Schwefelicht-Salpetri-
ſcher Duͤnſten/ herzu leitende bewegung hieher nicht diene/ weilen in unſeren
Helvetiſchen Landen auf ſothanes Gebruͤl niemalen die geringſte Erdzitte-
rung/ oder einiche andere anzeige einer geſchehenen entzuͤndung geſpuͤrt wor-
den. Meines bedunkens iſt in diſem Natur-Spiel der vornehmſte actor,
nicht die Waͤrme des Ariſtotelis, noch das Feuer der neuen Naturweiſen/
ſondern der Æolus, deutlicher zureden/ iſt die urſach diſer begebenheit herzu-
leiten von ungleichen Kraͤften der Ober- und Unterirꝛdiſchen Luft.

Wie ich die Sach faſſe/ wird naͤchſt kommendes Blatt in mehrerem
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[(172)[172]/0209] Gehe ich auſſer das Schweizerland/ ſo finde bey Cardano de Rer. va- riet. L. 15. c. 85. das eine ſolche eigenſchaft an ſich habe der Eupi- ler-See/ als welcher in dem Monat April einen Thon von ſich hoͤren laſſe/ als ruͤfte man laut/ aber mit gebrochner Stim̃e/ ôh, ôh, ôh, ôh, ôh, und zwaren ſeye diſe Stimme/ wann ſie gehoͤrt werde/ ein gewiſſer Vorbott ei- nes reichen Geraht Jahrs an Wein/ und Getreid. Es hat auch bemeldter Cardanus ſeinen ſubtilen Geiſt in ſo weit bemuͤhet/ daß er in ganzer domals bluͤhender Schulweißheit ſich erſpaziert/ um die wahren urſachen ſo ſeltſamer begebenheit zuerforſchen/ aber endlich weiter nicht kommen koͤnnen/ als zu der waͤrme/ welche bey guten Jahrgaͤngen ſich zeitlich im Fruͤhling in denen Ein- geweiden der Erde einfinde/ und alles in bewegung bringe/ welche bewegung auch mitgetheilet werde der Luft/ und alſo einen Thon erwecke. Der gelehr- te Morhof gedenket diſer Geſchicht auch in Hyaloclaſte pag. 183. kan ſie aber kaum glauben/ e_klaͤret ſich aber/ im fall etwas an der ſach ſolte ſeyn/ da- hin/ daß ein ſolcher Thon entſtehen koͤnne von vilen Schwefelicht-Salpet- riſchen in eine Jaͤſung gerathenen/ und mit gewalt auß der Erden außgetrie- benen Theilen/ deren gegenwart/ und Bewegung/ nohtwendig eine frucht- barkeit anzeige/ und leicht/ wann ſie verſtaͤrkt wurden/ einen Erdbidem erwek- ken koͤnte; wie man dann gewahre/ daß dergleichen oft gleichſam donneren- de Gethoͤne mehrmalen die Erdbeben begleiten/ worvor zuſehen Plin. Lib. II. c. 80. Ariſt. Lib. II. Meteor. c. 46. Varen. Geog Lib. I. c. 10. Prop. 5. Kirch. Mund. Subterr. Præfat. Wie nun hieruͤber ein jeder die Frey- heit hat ſeinen Geiſt zuuͤben/ alſo geſtehe ich meines ohrts/ das ſothane gewalt- ſame/ von wirklicher entzuͤndung unterirꝛdiſcher Schwefelicht-Salpetri- ſcher Duͤnſten/ herzu leitende bewegung hieher nicht diene/ weilen in unſeren Helvetiſchen Landen auf ſothanes Gebruͤl niemalen die geringſte Erdzitte- rung/ oder einiche andere anzeige einer geſchehenen entzuͤndung geſpuͤrt wor- den. Meines bedunkens iſt in diſem Natur-Spiel der vornehmſte actor, nicht die Waͤrme des Ariſtotelis, noch das Feuer der neuen Naturweiſen/ ſondern der Æolus, deutlicher zureden/ iſt die urſach diſer begebenheit herzu- leiten von ungleichen Kraͤften der Ober- und Unterirꝛdiſchen Luft. Wie ich die Sach faſſe/ wird naͤchſt kommendes Blatt in mehrerem zeigen.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (172)[172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/209>, abgerufen am 27.04.2024.