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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade

Und schlug es um den Arm; nach grosser Redner Art,
10Bey welchen sich Verstand mit Geist und Weisheit paart!

"Man brauche mehr Geduld! das Friese zu gewinnen,
"Muß man die Frage nicht bey dem Entschluß beginnen"
So fieng ihr Vortrag an; "der Eifer ist zu groß,
"Mit welchem man bisher fast jeden Saz beschloß.
15"Wie wir versammlet seynd, so müssen wir bekennen,

"Daß keine sich allein im Kreiße därffe nennen,
"Als wär sie dieses Wercks besondre Meisterinn;
"Als flöß der Sachen Lauf nicht als von ihrem Sinn.
"Jch selbst verlange nicht mir dieses zuzusprechen,
20"Es wurde mir an Macht und an Beweis gebrechen.
"Was nüzte Muth und Geist? was Unerschrockenheit?
"Was eine tapfre Faust, auch die Gerechtigkeit?
"Die Zeiten wechseln so, noch mehr die Kriegs-Umstände,
"Daß niemand weiß wohin man Sorg' und Vorsicht wende.
25"Man blase zu dem Kampf; die Feinde rucken an;

"Da frag' ich, wer von euch entgegen gehen kann?
"Wo keine Krieger seynd; wo Krieger ohne Waffen,
"Was kann der Tugenden Ruhm, Ehr' und Ansehn schaffen?
"Wer streitet ohne Macht? wie trozet man das Drohn,
30"Wann es an Mitteln fehlt; wann Hilff und Freund entflohn?

"Fromm, standhafft, starck, gerecht, groß, tapfer und dergleichen,
"Das macht die Feinde nicht aus ihrem Lager weichen.
"Der

Thereſiade

Und ſchlug es um den Arm; nach groſſer Redner Art,
10Bey welchen ſich Verſtand mit Geiſt und Weisheit paart!

„Man brauche mehr Geduld! das Frieſe zu gewinnen,
„Muß man die Frage nicht bey dem Entſchluß beginnen„
So fieng ihr Vortrag an; „der Eifer iſt zu groß,
„Mit welchem man bisher faſt jeden Saz beſchloß.
15„Wie wir verſammlet ſeynd, ſo muͤſſen wir bekennen,

„Daß keine ſich allein im Kreiße daͤrffe nennen,
„Als waͤr ſie dieſes Wercks beſondre Meiſterinn;
„Als floͤß der Sachen Lauf nicht als von ihrem Sinn.
„Jch ſelbſt verlange nicht mir dieſes zuzuſprechen,
20„Es wurde mir an Macht und an Beweis gebrechen.
„Was nuͤzte Muth und Geiſt? was Unerſchrockenheit?
„Was eine tapfre Fauſt, auch die Gerechtigkeit?
„Die Zeiten wechſeln ſo, noch mehr die Kriegs-Umſtaͤnde,
„Daß niemand weiß wohin man Sorg’ und Vorſicht wende.
25„Man blaſe zu dem Kampf; die Feinde rucken an;

„Da frag’ ich, wer von euch entgegen gehen kann?
„Wo keine Krieger ſeynd; wo Krieger ohne Waffen,
„Was kann der Tugenden Ruhm, Ehr’ und Anſehn ſchaffen?
„Wer ſtreitet ohne Macht? wie trozet man das Drohn,
30„Wann es an Mitteln fehlt; wann Hilff und Freund entflohn?

„Fromm, ſtandhafft, ſtarck, gerecht, groß, tapfer und dergleichen,
„Das macht die Feinde nicht aus ihrem Lager weichen.
„Der
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[0117] Thereſiade Und ſchlug es um den Arm; nach groſſer Redner Art, Bey welchen ſich Verſtand mit Geiſt und Weisheit paart! „Man brauche mehr Geduld! das Frieſe zu gewinnen, „Muß man die Frage nicht bey dem Entſchluß beginnen„ So fieng ihr Vortrag an; „der Eifer iſt zu groß, „Mit welchem man bisher faſt jeden Saz beſchloß. „Wie wir verſammlet ſeynd, ſo muͤſſen wir bekennen, „Daß keine ſich allein im Kreiße daͤrffe nennen, „Als waͤr ſie dieſes Wercks beſondre Meiſterinn; „Als floͤß der Sachen Lauf nicht als von ihrem Sinn. „Jch ſelbſt verlange nicht mir dieſes zuzuſprechen, „Es wurde mir an Macht und an Beweis gebrechen. „Was nuͤzte Muth und Geiſt? was Unerſchrockenheit? „Was eine tapfre Fauſt, auch die Gerechtigkeit? „Die Zeiten wechſeln ſo, noch mehr die Kriegs-Umſtaͤnde, „Daß niemand weiß wohin man Sorg’ und Vorſicht wende. „Man blaſe zu dem Kampf; die Feinde rucken an; „Da frag’ ich, wer von euch entgegen gehen kann? „Wo keine Krieger ſeynd; wo Krieger ohne Waffen, „Was kann der Tugenden Ruhm, Ehr’ und Anſehn ſchaffen? „Wer ſtreitet ohne Macht? wie trozet man das Drohn, „Wann es an Mitteln fehlt; wann Hilff und Freund entflohn? „Fromm, ſtandhafft, ſtarck, gerecht, groß, tapfer und dergleichen, „Das macht die Feinde nicht aus ihrem Lager weichen. „Der

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/117>, abgerufen am 26.04.2024.