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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Drittes Buch.
"Will aber er den Streit, die Schlacht, das Kämpfen meiden;
"So pflegt er nicht mit Furcht vom Waffen-Platz zu scheiden:
"Er reißt sich der Gefahr nicht niederträchtig loß;
"Sein Hertz ist viel zu starck; die Starckmuth viel zu groß;
35"Die Großmuth viel zu klug: er geht nur diese Weege;
"Nur diese machen ihn zum unternehmen rege.

"Der Eigenschaften Werth ist der, so mich erhebt;
"Durch eines Löwens Hertz wird meine Brust belebt.
"Es heißt nicht Eigenlieb, aus was mein Ruhm entspringet;
40"Die Grösse meines Geists ist, die mir Ehre bringet.
"Mich quälet kein Verdruß, kein Eigensinn, kein Wahn;
"Nichts ist, was meinem Muth die Gleichheit nehmen kann.
"Spricht jemand von dem Lob Verwundrungs-werther Seelen,
"So pflegt man ihnen mich, die Großmuth, beyzuzählen.
45"Wer in dem Glücke Muth, in Widrigkeiten Gram;
"Wer nach der Sachen Lauf, Zorn, Traurigkeit und Scham
"Freud[|] und Verwunderung, nichts anders weiß zu zeigen,
"Dem ist kein grosser Geist, nur schwache Menschheit eigen:
"Der aber hier und dort der Sinnen Gleichheit weist;
50"Desselben Brust belebt ein grosser Helden-Geist.
"Dergleichen Trefflichkeit ist, welche mich begeistert:
"Jch habe Freund' und Feind', und mich dadurch bemeistert.
"Was man vortrefflich, groß und edel nennt, ist mein;
"Wer kann von euch so viel, als ich, sein eigen seyn?
"Wie
K 2

Drittes Buch.
„Will aber er den Streit, die Schlacht, das Kaͤmpfen meiden;
„So pflegt er nicht mit Furcht vom Waffen-Platz zu ſcheiden:
„Er reißt ſich der Gefahr nicht niedertraͤchtig loß;
„Sein Hertz iſt viel zu ſtarck; die Starckmuth viel zu groß;
35„Die Großmuth viel zu klug: er geht nur dieſe Weege;
„Nur dieſe machen ihn zum unternehmen rege.

„Der Eigenſchaften Werth iſt der, ſo mich erhebt;
„Durch eines Loͤwens Hertz wird meine Bruſt belebt.
„Es heißt nicht Eigenlieb, aus was mein Ruhm entſpringet;
40„Die Groͤſſe meines Geiſts iſt, die mir Ehre bringet.
„Mich quaͤlet kein Verdruß, kein Eigenſinn, kein Wahn;
„Nichts iſt, was meinem Muth die Gleichheit nehmen kann.
„Spricht jemand von dem Lob Verwundrungs-werther Seelen,
„So pflegt man ihnen mich, die Großmuth, beyzuzaͤhlen.
45„Wer in dem Gluͤcke Muth, in Widrigkeiten Gram;
„Wer nach der Sachen Lauf, Zorn, Traurigkeit und Scham
„Freud[|] und Verwunderung, nichts anders weiß zu zeigen,
„Dem iſt kein groſſer Geiſt, nur ſchwache Menſchheit eigen:
„Der aber hier und dort der Sinnen Gleichheit weiſt;
50„Deſſelben Bruſt belebt ein groſſer Helden-Geiſt.
„Dergleichen Trefflichkeit iſt, welche mich begeiſtert:
„Jch habe Freund’ und Feind’, und mich dadurch bemeiſtert.
„Was man vortrefflich, groß und edel nennt, iſt mein;
„Wer kann von euch ſo viel, als ich, ſein eigen ſeyn?
„Wie
K 2
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[0082] Drittes Buch. „Will aber er den Streit, die Schlacht, das Kaͤmpfen meiden; „So pflegt er nicht mit Furcht vom Waffen-Platz zu ſcheiden: „Er reißt ſich der Gefahr nicht niedertraͤchtig loß; „Sein Hertz iſt viel zu ſtarck; die Starckmuth viel zu groß; „Die Großmuth viel zu klug: er geht nur dieſe Weege; „Nur dieſe machen ihn zum unternehmen rege. „Der Eigenſchaften Werth iſt der, ſo mich erhebt; „Durch eines Loͤwens Hertz wird meine Bruſt belebt. „Es heißt nicht Eigenlieb, aus was mein Ruhm entſpringet; „Die Groͤſſe meines Geiſts iſt, die mir Ehre bringet. „Mich quaͤlet kein Verdruß, kein Eigenſinn, kein Wahn; „Nichts iſt, was meinem Muth die Gleichheit nehmen kann. „Spricht jemand von dem Lob Verwundrungs-werther Seelen, „So pflegt man ihnen mich, die Großmuth, beyzuzaͤhlen. „Wer in dem Gluͤcke Muth, in Widrigkeiten Gram; „Wer nach der Sachen Lauf, Zorn, Traurigkeit und Scham „Freud| und Verwunderung, nichts anders weiß zu zeigen, „Dem iſt kein groſſer Geiſt, nur ſchwache Menſchheit eigen: „Der aber hier und dort der Sinnen Gleichheit weiſt; „Deſſelben Bruſt belebt ein groſſer Helden-Geiſt. „Dergleichen Trefflichkeit iſt, welche mich begeiſtert: „Jch habe Freund’ und Feind’, und mich dadurch bemeiſtert. „Was man vortrefflich, groß und edel nennt, iſt mein; „Wer kann von euch ſo viel, als ich, ſein eigen ſeyn? „Wie K 2

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/82>, abgerufen am 03.05.2024.