Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

nen und Schrecken setzte, und der die gefährlichsten
Folgen haben kann. Ueber die Familienverhält¬
nisse am *** Hofe sind wir bisher in einem großen
Irrthum gewesen.

Der Prinz beantwortete den Brief auf der
Stelle, so sehr ich mich dagegen setzte und die Art,
wie er es gethan hat, läßt keine gütliche Beyle¬
gung mehr hoffen.

Sie werden nun auch begierig seyn, liebster
O***, von der Griechin endlich etwas positives
zu erfahren, aber eben dieß ist es, worüber ich
Ihnen noch immer keinen befriedigenden Aufschluß
geben kann. Aus dem Prinzen ist nichts heraus
zu bringen, weil er in das Geheimniß gezogen ist,
und sich, wie ich vermuthe hat verpflichten müs¬
sen, es zu bewahren. Daß sie aber die Griechin
nicht ist, für die wir sie hielten, ist heraus.
Sie ist eine Deutsche, und von der edelsten Ab¬
kunft. Ein gewisses Gerücht, dem ich auf die
Spur gekommen bin, giebt ihr eine sehr hohe
Mutter, und macht sie zu der Frucht einer un¬
glücklichen Liebe, wovon in Europa viel gesprochen
worden ist. Heimliche Nachstellungen von mächti¬
ger Hand haben sie, laut dieser Sage, gezwun¬
gen, in Venedig Schutz zu suchen, und eben diese
sind auch die Ursache ihrer Verborgenheit, die es
dem Prinzen unmöglich gemacht hat, ihren Aufent¬
halt zu erforschen. Die Ehrerbietung, womit der
Prinz von ihr spricht, und gewisse Rücksichten,
die er gegen sie beobachtet, scheinen dieser Ver¬
muthung Kraft zu geben.

Er

nen und Schrecken ſetzte, und der die gefährlichſten
Folgen haben kann. Ueber die Familienverhält¬
niſſe am *** Hofe ſind wir bisher in einem großen
Irrthum geweſen.

Der Prinz beantwortete den Brief auf der
Stelle, ſo ſehr ich mich dagegen ſetzte und die Art,
wie er es gethan hat, läßt keine gütliche Beyle¬
gung mehr hoffen.

Sie werden nun auch begierig ſeyn, liebſter
O***, von der Griechin endlich etwas poſitives
zu erfahren, aber eben dieß iſt es, worüber ich
Ihnen noch immer keinen befriedigenden Aufſchluß
geben kann. Aus dem Prinzen iſt nichts heraus
zu bringen, weil er in das Geheimniß gezogen iſt,
und ſich, wie ich vermuthe hat verpflichten müſ¬
ſen, es zu bewahren. Daß ſie aber die Griechin
nicht iſt, für die wir ſie hielten, iſt heraus.
Sie iſt eine Deutſche, und von der edelſten Ab¬
kunft. Ein gewiſſes Gerücht, dem ich auf die
Spur gekommen bin, giebt ihr eine ſehr hohe
Mutter, und macht ſie zu der Frucht einer un¬
glücklichen Liebe, wovon in Europa viel geſprochen
worden iſt. Heimliche Nachſtellungen von mächti¬
ger Hand haben ſie, laut dieſer Sage, gezwun¬
gen, in Venedig Schutz zu ſuchen, und eben dieſe
ſind auch die Urſache ihrer Verborgenheit, die es
dem Prinzen unmöglich gemacht hat, ihren Aufent¬
halt zu erforſchen. Die Ehrerbietung, womit der
Prinz von ihr ſpricht, und gewiſſe Rückſichten,
die er gegen ſie beobachtet, ſcheinen dieſer Ver¬
muthung Kraft zu geben.

Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0210" n="202"/>
nen und Schrecken &#x017F;etzte, und der die gefährlich&#x017F;ten<lb/>
Folgen haben kann. Ueber die Familienverhält¬<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e am *** Hofe &#x017F;ind wir bisher in einem großen<lb/>
Irrthum gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Der Prinz beantwortete den Brief auf der<lb/>
Stelle, &#x017F;o &#x017F;ehr ich mich dagegen &#x017F;etzte und die Art,<lb/>
wie er es gethan hat, läßt keine gütliche Beyle¬<lb/>
gung mehr hoffen.</p><lb/>
            <p>Sie werden nun auch begierig &#x017F;eyn, lieb&#x017F;ter<lb/>
O***, von der Griechin endlich etwas po&#x017F;itives<lb/>
zu erfahren, aber eben dieß i&#x017F;t es, worüber ich<lb/>
Ihnen noch immer keinen befriedigenden Auf&#x017F;chluß<lb/>
geben kann. Aus dem Prinzen i&#x017F;t nichts heraus<lb/>
zu bringen, weil er in das Geheimniß gezogen i&#x017F;t,<lb/>
und &#x017F;ich, wie ich vermuthe hat verpflichten mü&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en, es zu bewahren. Daß &#x017F;ie aber die Griechin<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> i&#x017F;t, für die wir &#x017F;ie hielten, i&#x017F;t heraus.<lb/>
Sie i&#x017F;t eine Deut&#x017F;che, und von der edel&#x017F;ten Ab¬<lb/>
kunft. Ein gewi&#x017F;&#x017F;es Gerücht, dem ich auf die<lb/>
Spur gekommen bin, giebt ihr eine &#x017F;ehr hohe<lb/>
Mutter, und macht &#x017F;ie zu der Frucht einer un¬<lb/>
glücklichen Liebe, wovon in Europa viel ge&#x017F;prochen<lb/>
worden i&#x017F;t. Heimliche Nach&#x017F;tellungen von mächti¬<lb/>
ger Hand haben &#x017F;ie, laut die&#x017F;er Sage, gezwun¬<lb/>
gen, in Venedig Schutz zu &#x017F;uchen, und eben die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ind auch die Ur&#x017F;ache ihrer Verborgenheit, die es<lb/>
dem Prinzen unmöglich gemacht hat, ihren Aufent¬<lb/>
halt zu erfor&#x017F;chen. Die Ehrerbietung, womit der<lb/>
Prinz von ihr &#x017F;pricht, und gewi&#x017F;&#x017F;e Rück&#x017F;ichten,<lb/>
die er gegen &#x017F;ie beobachtet, &#x017F;cheinen die&#x017F;er Ver¬<lb/>
muthung Kraft zu geben.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Er<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] nen und Schrecken ſetzte, und der die gefährlichſten Folgen haben kann. Ueber die Familienverhält¬ niſſe am *** Hofe ſind wir bisher in einem großen Irrthum geweſen. Der Prinz beantwortete den Brief auf der Stelle, ſo ſehr ich mich dagegen ſetzte und die Art, wie er es gethan hat, läßt keine gütliche Beyle¬ gung mehr hoffen. Sie werden nun auch begierig ſeyn, liebſter O***, von der Griechin endlich etwas poſitives zu erfahren, aber eben dieß iſt es, worüber ich Ihnen noch immer keinen befriedigenden Aufſchluß geben kann. Aus dem Prinzen iſt nichts heraus zu bringen, weil er in das Geheimniß gezogen iſt, und ſich, wie ich vermuthe hat verpflichten müſ¬ ſen, es zu bewahren. Daß ſie aber die Griechin nicht iſt, für die wir ſie hielten, iſt heraus. Sie iſt eine Deutſche, und von der edelſten Ab¬ kunft. Ein gewiſſes Gerücht, dem ich auf die Spur gekommen bin, giebt ihr eine ſehr hohe Mutter, und macht ſie zu der Frucht einer un¬ glücklichen Liebe, wovon in Europa viel geſprochen worden iſt. Heimliche Nachſtellungen von mächti¬ ger Hand haben ſie, laut dieſer Sage, gezwun¬ gen, in Venedig Schutz zu ſuchen, und eben dieſe ſind auch die Urſache ihrer Verborgenheit, die es dem Prinzen unmöglich gemacht hat, ihren Aufent¬ halt zu erforſchen. Die Ehrerbietung, womit der Prinz von ihr ſpricht, und gewiſſe Rückſichten, die er gegen ſie beobachtet, ſcheinen dieſer Ver¬ muthung Kraft zu geben. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/210
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/210>, abgerufen am 03.05.2024.