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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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gangen war. Nach Verfluß einer kleinen halben
Stunde kam er wieder in einen Mantel gehüllt,
und stellte sich hinter den Stuhl des Franzosen.
"Sie haben vorhin die Bravour geäussert, es mit
allen Geistern aufzunehmen -- wollen Sie es mit
einem versuchen?"

"Topp!" sagte der Abbe -- "wenn Sie es
auf sich nehmen wollen, mir einen herbey zu
schaffen."

"Das will ich," antwortete der Sicilianer (in¬
dem er sich gegen uns kehrte) wenn diese Herren
und Damen uns werden verlassen haben."

"Warum das?" rief der Engländer. "Ein
herzhafter Geist fürchtet sich vor keiner lustigen Ge¬
sellschaft."

"Ich stehe nicht für den Ausgang," sagte der
Sicilianer.

"Um des Himmels willen! Nein!" schrieen die
Frauenzimmer an dem Tische, und fuhren erschro¬
cken von ihren Stühlen.

"Lassen Sie Ihren Geist kommen," sagte der
Abbe' trotzig, "aber warnen Sie ihn vorher, daß
es hier spitzige Klingen giebt," (indem er einen
von den Gästen um seinen Degen bat).

"Das mögen Sie alsdann halten, wie Sie
wollen," antwortete der Sicilianer kalt, "wenn
Sie nachher noch Lust dazu haben" Hier kehrte
er sich zum Prinzen. "Gnädigster Herr," sagte er

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gangen war. Nach Verfluß einer kleinen halben
Stunde kam er wieder in einen Mantel gehüllt,
und ſtellte ſich hinter den Stuhl des Franzoſen.
„Sie haben vorhin die Bravour geäuſſert, es mit
allen Geiſtern aufzunehmen — wollen Sie es mit
einem verſuchen?“

„Topp!“ ſagte der Abbé — „wenn Sie es
auf ſich nehmen wollen, mir einen herbey zu
ſchaffen.“

„Das will ich,“ antwortete der Sicilianer (in¬
dem er ſich gegen uns kehrte) wenn dieſe Herren
und Damen uns werden verlaſſen haben.“

„Warum das?“ rief der Engländer. „Ein
herzhafter Geiſt fürchtet ſich vor keiner luſtigen Ge¬
ſellſchaft.“

„Ich ſtehe nicht für den Ausgang,“ ſagte der
Sicilianer.

„Um des Himmels willen! Nein!“ ſchrieen die
Frauenzimmer an dem Tiſche, und fuhren erſchro¬
cken von ihren Stühlen.

„Laſſen Sie Ihren Geiſt kommen,“ ſagte der
Abbe' trotzig, „aber warnen Sie ihn vorher, daß
es hier ſpitzige Klingen giebt,“ (indem er einen
von den Gäſten um ſeinen Degen bat).

„Das mögen Sie alsdann halten, wie Sie
wollen,“ antwortete der Sicilianer kalt, „wenn
Sie nachher noch Luſt dazu haben“ Hier kehrte
er ſich zum Prinzen. „Gnädigſter Herr,“ ſagte er

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[19/0027] gangen war. Nach Verfluß einer kleinen halben Stunde kam er wieder in einen Mantel gehüllt, und ſtellte ſich hinter den Stuhl des Franzoſen. „Sie haben vorhin die Bravour geäuſſert, es mit allen Geiſtern aufzunehmen — wollen Sie es mit einem verſuchen?“ „Topp!“ ſagte der Abbé — „wenn Sie es auf ſich nehmen wollen, mir einen herbey zu ſchaffen.“ „Das will ich,“ antwortete der Sicilianer (in¬ dem er ſich gegen uns kehrte) wenn dieſe Herren und Damen uns werden verlaſſen haben.“ „Warum das?“ rief der Engländer. „Ein herzhafter Geiſt fürchtet ſich vor keiner luſtigen Ge¬ ſellſchaft.“ „Ich ſtehe nicht für den Ausgang,“ ſagte der Sicilianer. „Um des Himmels willen! Nein!“ ſchrieen die Frauenzimmer an dem Tiſche, und fuhren erſchro¬ cken von ihren Stühlen. „Laſſen Sie Ihren Geiſt kommen,“ ſagte der Abbe' trotzig, „aber warnen Sie ihn vorher, daß es hier ſpitzige Klingen giebt,“ (indem er einen von den Gäſten um ſeinen Degen bat). „Das mögen Sie alsdann halten, wie Sie wollen,“ antwortete der Sicilianer kalt, „wenn Sie nachher noch Luſt dazu haben“ Hier kehrte er ſich zum Prinzen. „Gnädigſter Herr,“ ſagte er zu B 2

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/27>, abgerufen am 28.04.2024.