Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

mit diesem Russischen Offizier, oder diesem Fran¬
ziskanermönch, oder diesem Armenier gründet.
Urtheilen Sie jezt, ob ich Ursache gehabt habe, vor
einem Wesen zu zittern, das sich mir zweymal auf
eine so schreckliche Art in den Weg warf."

"Beantworten Sie mir noch eine einzige Fra¬
ge," sagte der Prinz, und stund auf. "Sind Sie
in Ihrer Erzählung über alles, was den Ritter
betraf, immer aufrichtig gewesen?"

""Ich weiß nicht anders," versezte der Sici¬
lianer.

"Sie haben ihn also wirklich für einen recht¬
schaffenen Mann gehalten?"

"Das hab' ich, bey Gott, das hab' ich," ant¬
wortete jener.

"Auch da noch, als er Ihnen den bewußten
Ring gab?"

"Wie? -- Er gab mir keinen Ring -- Ich
habe ja nicht gesagt, daß er mir den Ring ge¬
geben."

"Gut," sagte der Prinz, an der Glocke, zie¬
hend, und im Begriff wegzugehen. "Und den
Geist des Marquis von Lanoy, (fragte er, indem
er noch einmal zurück kam) den dieser Russe gestern
auf den Ihrigen folgen ließ, halten Sie also für
einen wahren und wirklichen Geist?"

-- -- -- "Ich kann ihn für nichts anders
halten," antwortete jener.

"Kommen Sie," sagte der Prinz zu uns. Der
Schließer trat herein. "Wir sind fertig," sagte

er

mit dieſem Ruſſiſchen Offizier, oder dieſem Fran¬
ziskanermönch, oder dieſem Armenier gründet.
Urtheilen Sie jezt, ob ich Urſache gehabt habe, vor
einem Weſen zu zittern, das ſich mir zweymal auf
eine ſo ſchreckliche Art in den Weg warf.“

„Beantworten Sie mir noch eine einzige Fra¬
ge,“ ſagte der Prinz, und ſtund auf. „Sind Sie
in Ihrer Erzählung über alles, was den Ritter
betraf, immer aufrichtig geweſen?“

„„Ich weiß nicht anders,“ verſezte der Sici¬
lianer.

„Sie haben ihn alſo wirklich für einen recht¬
ſchaffenen Mann gehalten?“

„Das hab' ich, bey Gott, das hab' ich,“ ant¬
wortete jener.

„Auch da noch, als er Ihnen den bewußten
Ring gab?“

„Wie? — Er gab mir keinen Ring — Ich
habe ja nicht geſagt, daß er mir den Ring ge¬
geben.“

„Gut,“ ſagte der Prinz, an der Glocke, zie¬
hend, und im Begriff wegzugehen. „Und den
Geiſt des Marquis von Lanoy, (fragte er, indem
er noch einmal zurück kam) den dieſer Ruſſe geſtern
auf den Ihrigen folgen ließ, halten Sie alſo für
einen wahren und wirklichen Geiſt?“

— — — „Ich kann ihn für nichts anders
halten,“ antwortete jener.

„Kommen Sie,“ ſagte der Prinz zu uns. Der
Schließer trat herein. „Wir ſind fertig,“ ſagte

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0083" n="75"/>
mit die&#x017F;em Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Offizier, oder die&#x017F;em Fran¬<lb/>
ziskanermönch, oder die&#x017F;em Armenier gründet.<lb/>
Urtheilen Sie jezt, ob ich Ur&#x017F;ache gehabt habe, vor<lb/>
einem We&#x017F;en zu zittern, das &#x017F;ich mir zweymal auf<lb/>
eine &#x017F;o &#x017F;chreckliche Art in den Weg warf.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Beantworten Sie mir noch eine einzige Fra¬<lb/>
ge,&#x201C; &#x017F;agte der Prinz, und &#x017F;tund auf. &#x201E;Sind Sie<lb/>
in Ihrer Erzählung über alles, was den Ritter<lb/>
betraf, immer aufrichtig gewe&#x017F;en?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;&#x201E;Ich weiß nicht anders,&#x201C; ver&#x017F;ezte der Sici¬<lb/>
lianer.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie haben ihn al&#x017F;o wirklich für einen recht¬<lb/>
&#x017F;chaffenen Mann gehalten?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das hab' ich, bey Gott, das hab' ich,&#x201C; ant¬<lb/>
wortete jener.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Auch da noch, als er Ihnen den bewußten<lb/>
Ring gab?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wie? &#x2014; Er gab mir keinen Ring &#x2014; Ich<lb/>
habe ja nicht ge&#x017F;agt, daß <hi rendition="#g">er</hi> mir den Ring ge¬<lb/>
geben.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Gut,&#x201C; &#x017F;agte der Prinz, an der Glocke, zie¬<lb/>
hend, und im Begriff wegzugehen. &#x201E;Und den<lb/>
Gei&#x017F;t des Marquis von Lanoy, (fragte er, indem<lb/>
er noch einmal zurück kam) den die&#x017F;er Ru&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;tern<lb/>
auf den Ihrigen folgen ließ, halten Sie al&#x017F;o für<lb/>
einen wahren und wirklichen Gei&#x017F;t?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x201E;Ich kann ihn für nichts anders<lb/>
halten,&#x201C; antwortete jener.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Kommen Sie,&#x201C; &#x017F;agte der Prinz zu uns. Der<lb/>
Schließer trat herein. &#x201E;Wir &#x017F;ind fertig,&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0083] mit dieſem Ruſſiſchen Offizier, oder dieſem Fran¬ ziskanermönch, oder dieſem Armenier gründet. Urtheilen Sie jezt, ob ich Urſache gehabt habe, vor einem Weſen zu zittern, das ſich mir zweymal auf eine ſo ſchreckliche Art in den Weg warf.“ „Beantworten Sie mir noch eine einzige Fra¬ ge,“ ſagte der Prinz, und ſtund auf. „Sind Sie in Ihrer Erzählung über alles, was den Ritter betraf, immer aufrichtig geweſen?“ „„Ich weiß nicht anders,“ verſezte der Sici¬ lianer. „Sie haben ihn alſo wirklich für einen recht¬ ſchaffenen Mann gehalten?“ „Das hab' ich, bey Gott, das hab' ich,“ ant¬ wortete jener. „Auch da noch, als er Ihnen den bewußten Ring gab?“ „Wie? — Er gab mir keinen Ring — Ich habe ja nicht geſagt, daß er mir den Ring ge¬ geben.“ „Gut,“ ſagte der Prinz, an der Glocke, zie¬ hend, und im Begriff wegzugehen. „Und den Geiſt des Marquis von Lanoy, (fragte er, indem er noch einmal zurück kam) den dieſer Ruſſe geſtern auf den Ihrigen folgen ließ, halten Sie alſo für einen wahren und wirklichen Geiſt?“ — — — „Ich kann ihn für nichts anders halten,“ antwortete jener. „Kommen Sie,“ ſagte der Prinz zu uns. Der Schließer trat herein. „Wir ſind fertig,“ ſagte er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/83
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/83>, abgerufen am 08.05.2024.