Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Ferdinand. (grimmiger) Hat seine Tochter an
Dich verkuppelt? Und wie weit kamst du mit ihr?
Ich ermorde dich, oder bekenne!

Hofmarschall. Sie rasen. Sie hören nicht.
Ich sah sie nie. Ich kenne sie nicht. Ich weiß gar
nichts von ihr.

Ferdinand. (zurüktretend) Du sahst sie nie?
Kennst sie nicht? Weist gar nichts von ihr? -- Die
Millerin ist verloren um deinetwillen, du läugnest
sie dreimal in Einem Athem hinweg? -- Fort schlech-
ter Kerl. (er gibt ihm mit der Pistole einen Streich, und
stößt ihn aus dem Zimmer)
Für Deinesgleichen ist kein
Pulver erfunden!
Vierte Szene.
Ferdinand
(nach einem langen Stillschweigen, worinn seine Züge
einen schreklichen Gedanken entwikeln.)

Verloren! Ja Unglükseelige! -- Ich bin es.
Du bist es auch. Ja bei dem großen Gott! Wenn
ich verloren bin, bist du es auch! -- Richter der
Welt! Fodre Sie mir nicht ab Das Mädchen ist
mein. Ich trat dir deine ganze Welt für das Mädchen
ab, habe Verzicht gethan auf deine ganze herrliche
Schöpfung. Laß mir das Mädchen. -- Richter der
Welt! Dort winseln Millionen Seelen nach dir --
Dorthin kehre das Aug deines Erbarmens -- Mich
laß allein machen, Richter der Welt!

(indem er schrek-
lich die Hände faltet)
Solte der reiche vermögende

Schöpfer
Ferdinand. (grimmiger) Hat ſeine Tochter an
Dich verkuppelt? Und wie weit kamſt du mit ihr?
Ich ermorde dich, oder bekenne!

Hofmarſchall. Sie raſen. Sie hoͤren nicht.
Ich ſah ſie nie. Ich kenne ſie nicht. Ich weiß gar
nichts von ihr.

Ferdinand. (zuruͤktretend) Du ſahſt ſie nie?
Kennſt ſie nicht? Weiſt gar nichts von ihr? — Die
Millerin iſt verloren um deinetwillen, du laͤugneſt
ſie dreimal in Einem Athem hinweg? — Fort ſchlech-
ter Kerl. (er gibt ihm mit der Piſtole einen Streich, und
ſtoͤßt ihn aus dem Zimmer)
Fuͤr Deinesgleichen iſt kein
Pulver erfunden!
Vierte Szene.
Ferdinand
(nach einem langen Stillſchweigen, worinn ſeine Zuͤge
einen ſchreklichen Gedanken entwikeln.)

Verloren! Ja Ungluͤkſeelige! — Ich bin es.
Du biſt es auch. Ja bei dem großen Gott! Wenn
ich verloren bin, biſt du es auch! — Richter der
Welt! Fodre Sie mir nicht ab Das Maͤdchen iſt
mein. Ich trat dir deine ganze Welt fuͤr das Maͤdchen
ab, habe Verzicht gethan auf deine ganze herrliche
Schoͤpfung. Laß mir das Maͤdchen. — Richter der
Welt! Dort winſeln Millionen Seelen nach dir —
Dorthin kehre das Aug deines Erbarmens — Mich
laß allein machen, Richter der Welt!

(indem er ſchrek-
lich die Haͤnde faltet)
Solte der reiche vermoͤgende

Schoͤpfer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0111" n="107"/>
          <sp who="#FER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ferdinand.</hi> </speaker>
            <p><stage>(grimmiger)</stage> Hat &#x017F;eine Tochter an<lb/>
Dich verkuppelt? Und wie weit kam&#x017F;t du mit ihr?<lb/>
Ich ermorde dich, oder bekenne!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#KAL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Hofmar&#x017F;chall.</hi> </speaker>
            <p>Sie ra&#x017F;en. Sie ho&#x0364;ren nicht.<lb/>
Ich &#x017F;ah &#x017F;ie nie. Ich kenne &#x017F;ie nicht. Ich weiß gar<lb/>
nichts von ihr.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#FER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ferdinand.</hi> </speaker>
            <p><stage>(zuru&#x0364;ktretend)</stage> Du &#x017F;ah&#x017F;t &#x017F;ie nie?<lb/>
Kenn&#x017F;t &#x017F;ie nicht? Wei&#x017F;t gar nichts von ihr? &#x2014; Die<lb/>
Millerin i&#x017F;t <hi rendition="#fr">verloren</hi> um deinetwillen, du la&#x0364;ugne&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie dreimal in Einem Athem hinweg? &#x2014; Fort &#x017F;chlech-<lb/>
ter Kerl. <stage>(er gibt ihm mit der Pi&#x017F;tole einen Streich, und<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ßt ihn aus dem Zimmer)</stage> Fu&#x0364;r Deinesgleichen i&#x017F;t kein<lb/>
Pulver erfunden!</p>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Vierte Szene.</head><lb/>
          <stage>Ferdinand</stage><lb/>
          <stage>(nach einem langen Still&#x017F;chweigen, worinn &#x017F;eine Zu&#x0364;ge<lb/>
einen &#x017F;chreklichen Gedanken entwikeln.)</stage><lb/>
          <p>Verloren! Ja Unglu&#x0364;k&#x017F;eelige! &#x2014; Ich bin es.<lb/><hi rendition="#fr">Du</hi> bi&#x017F;t es auch. Ja bei dem großen Gott! Wenn<lb/>
ich verloren bin, bi&#x017F;t du es auch! &#x2014; Richter der<lb/>
Welt! Fodre Sie mir nicht ab Das Ma&#x0364;dchen i&#x017F;t<lb/>
mein. Ich trat dir deine ganze Welt fu&#x0364;r das Ma&#x0364;dchen<lb/>
ab, habe Verzicht gethan auf deine ganze herrliche<lb/>
Scho&#x0364;pfung. Laß mir das Ma&#x0364;dchen. &#x2014; Richter der<lb/>
Welt! Dort win&#x017F;eln Millionen Seelen nach dir &#x2014;<lb/>
Dorthin kehre das Aug deines Erbarmens &#x2014; Mich<lb/>
laß allein machen, Richter der Welt! <stage>(indem er &#x017F;chrek-<lb/>
lich die Ha&#x0364;nde faltet)</stage> Solte der reiche vermo&#x0364;gende<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Scho&#x0364;pfer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0111] Ferdinand. (grimmiger) Hat ſeine Tochter an Dich verkuppelt? Und wie weit kamſt du mit ihr? Ich ermorde dich, oder bekenne! Hofmarſchall. Sie raſen. Sie hoͤren nicht. Ich ſah ſie nie. Ich kenne ſie nicht. Ich weiß gar nichts von ihr. Ferdinand. (zuruͤktretend) Du ſahſt ſie nie? Kennſt ſie nicht? Weiſt gar nichts von ihr? — Die Millerin iſt verloren um deinetwillen, du laͤugneſt ſie dreimal in Einem Athem hinweg? — Fort ſchlech- ter Kerl. (er gibt ihm mit der Piſtole einen Streich, und ſtoͤßt ihn aus dem Zimmer) Fuͤr Deinesgleichen iſt kein Pulver erfunden! Vierte Szene. Ferdinand (nach einem langen Stillſchweigen, worinn ſeine Zuͤge einen ſchreklichen Gedanken entwikeln.) Verloren! Ja Ungluͤkſeelige! — Ich bin es. Du biſt es auch. Ja bei dem großen Gott! Wenn ich verloren bin, biſt du es auch! — Richter der Welt! Fodre Sie mir nicht ab Das Maͤdchen iſt mein. Ich trat dir deine ganze Welt fuͤr das Maͤdchen ab, habe Verzicht gethan auf deine ganze herrliche Schoͤpfung. Laß mir das Maͤdchen. — Richter der Welt! Dort winſeln Millionen Seelen nach dir — Dorthin kehre das Aug deines Erbarmens — Mich laß allein machen, Richter der Welt! (indem er ſchrek- lich die Haͤnde faltet) Solte der reiche vermoͤgende Schoͤpfer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/111
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/111>, abgerufen am 12.10.2024.