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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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nicht fzintilliren. Er hat indessen dadurch zu verstehen gegeben, daß er den Juwelenschmuck, womit Dante seinen Himmel ausstattet, nicht so kindisch finde, als er vielen in ihrer Weisheit vorkommen möchte. Das Höchste und Festlichste der himmlischen Freuden kann nur durch Licht und Farbenspiel versinnlicht werden, denn eben durch diese hängt unsre Erde mit den ätherischen Regionen zusammen, und deswegen geht das Symbolische darin ins Unendliche hinaus. Jede Organisazion hingegen, auch die edelste, ist an ihren Wohnort gebunden und Ausdruck der Beschränkung auf gewisse Zwecke. Wo aber keine organische Bildung ist, da muß mathematische Regelmäßigkeit eintreten, wenn die Erscheinung nicht formlos werden soll. Geometrische Figuren sind wiederum einer mystischen Beziehung fähig, weil bey ihnen die Anschauung mit dem Begriffe eins ist, und dieser jene ganz erschöpft; man hat noch kein besseres Sinnbild als das Dreieck für die Dreyeinigkeit finden können, und der Zirkel wird immer das Ewige und in sich Vollendete bedeuten. Dante's Visionen endigen mit einem Anschauen der unbegreiflichen Gottheit, welches er mit dem Nachsinnen über die Quadratur des Zirkels vergleicht. -- Er baut den Himmel, in den er sich aufschwingt, nach beschränkteren Begriffen vom Weltsystem, als die unsrigen sind, und eben darum geordneter und schöner. Zwar lag dabey Wissenschaft zum Grunde: nämlich theils die Weltlehre des Aristoteles, die aber razional seyn wollte, und folglich die Regelmäßigkeit des Ganzen umfaßte; theils die ältere Astronomie, die schon Mythologie, d. h. poetisches Kostum der Natur,

nicht fzintilliren. Er hat indessen dadurch zu verstehen gegeben, daß er den Juwelenschmuck, womit Dante seinen Himmel ausstattet, nicht so kindisch finde, als er vielen in ihrer Weisheit vorkommen moͤchte. Das Hoͤchste und Festlichste der himmlischen Freuden kann nur durch Licht und Farbenspiel versinnlicht werden, denn eben durch diese haͤngt unsre Erde mit den aͤtherischen Regionen zusammen, und deswegen geht das Symbolische darin ins Unendliche hinaus. Jede Organisazion hingegen, auch die edelste, ist an ihren Wohnort gebunden und Ausdruck der Beschraͤnkung auf gewisse Zwecke. Wo aber keine organische Bildung ist, da muß mathematische Regelmaͤßigkeit eintreten, wenn die Erscheinung nicht formlos werden soll. Geometrische Figuren sind wiederum einer mystischen Beziehung faͤhig, weil bey ihnen die Anschauung mit dem Begriffe eins ist, und dieser jene ganz erschoͤpft; man hat noch kein besseres Sinnbild als das Dreieck fuͤr die Dreyeinigkeit finden koͤnnen, und der Zirkel wird immer das Ewige und in sich Vollendete bedeuten. Dante's Visionen endigen mit einem Anschauen der unbegreiflichen Gottheit, welches er mit dem Nachsinnen uͤber die Quadratur des Zirkels vergleicht. — Er baut den Himmel, in den er sich aufschwingt, nach beschraͤnkteren Begriffen vom Weltsystem, als die unsrigen sind, und eben darum geordneter und schoͤner. Zwar lag dabey Wissenschaft zum Grunde: naͤmlich theils die Weltlehre des Aristoteles, die aber razional seyn wollte, und folglich die Regelmaͤßigkeit des Ganzen umfaßte; theils die aͤltere Astronomie, die schon Mythologie, d. h. poetisches Kostum der Natur,

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[221/0231] nicht fzintilliren. Er hat indessen dadurch zu verstehen gegeben, daß er den Juwelenschmuck, womit Dante seinen Himmel ausstattet, nicht so kindisch finde, als er vielen in ihrer Weisheit vorkommen moͤchte. Das Hoͤchste und Festlichste der himmlischen Freuden kann nur durch Licht und Farbenspiel versinnlicht werden, denn eben durch diese haͤngt unsre Erde mit den aͤtherischen Regionen zusammen, und deswegen geht das Symbolische darin ins Unendliche hinaus. Jede Organisazion hingegen, auch die edelste, ist an ihren Wohnort gebunden und Ausdruck der Beschraͤnkung auf gewisse Zwecke. Wo aber keine organische Bildung ist, da muß mathematische Regelmaͤßigkeit eintreten, wenn die Erscheinung nicht formlos werden soll. Geometrische Figuren sind wiederum einer mystischen Beziehung faͤhig, weil bey ihnen die Anschauung mit dem Begriffe eins ist, und dieser jene ganz erschoͤpft; man hat noch kein besseres Sinnbild als das Dreieck fuͤr die Dreyeinigkeit finden koͤnnen, und der Zirkel wird immer das Ewige und in sich Vollendete bedeuten. Dante's Visionen endigen mit einem Anschauen der unbegreiflichen Gottheit, welches er mit dem Nachsinnen uͤber die Quadratur des Zirkels vergleicht. — Er baut den Himmel, in den er sich aufschwingt, nach beschraͤnkteren Begriffen vom Weltsystem, als die unsrigen sind, und eben darum geordneter und schoͤner. Zwar lag dabey Wissenschaft zum Grunde: naͤmlich theils die Weltlehre des Aristoteles, die aber razional seyn wollte, und folglich die Regelmaͤßigkeit des Ganzen umfaßte; theils die aͤltere Astronomie, die schon Mythologie, d. h. poetisches Kostum der Natur,

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/231>, abgerufen am 19.05.2024.