Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

ein ewig buntes Fest der Himmelskinder und der Erdbewohner rauschte das Leben, wie ein Frühling, durch die Jahrhunderte hin -- Alle Geschlechter verehrten kindlich die zarte, tausendfältige Flamme, als das höchste der Welt. Ein Gedanke nur war es, Ein entsetzliches Traumbild,

Das furchtbar zu den frohen Tischen trat
Und das Gemüth in wilde Schrecken hüllte.
Hier wußten selbst die Götter keinen Rath
Der die beklommne Brust mit Trost erfüllte.
Geheimnißvoll war dieses Unholds Pfad
Des Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte;
Es war der Tod, der dieses Lustgelag
Mit Angst und Schmerz und Thränen unterbrach.
Auf ewig nun von allem abgeschieden,
Was hier das Herz in süßer Wollust regt,
Getrennt von den Geliebten, die hienieden
Vergebne Sehnsucht, langes Weh bewegt,
Schien matter Traum dem Todten nur beschieden,
Ohnmächtiges Ringen nur ihm auferlegt.
Zerbrochen war die Woge des Genusses
Am Felsen des unendlichen Verdrusses.
Mit kühnem Geist und hoher Sinnenglut
Verschönte sich der Mensch die grause Larve,
Ein sanfter Jüngling löscht das Licht und ruht --
Sanft wird das Ende, wie ein Wehn der Harfe.
Erinnerung schmilzt in kühler Schattenflut,
So sang das Lied dem traurigen Bedarfe.
Doch unenträthselt blieb die ewge Nacht,
Das ernste Zeichen einer fernen Macht.

ein ewig buntes Fest der Himmelskinder und der Erdbewohner rauschte das Leben, wie ein Fruͤhling, durch die Jahrhunderte hin — Alle Geschlechter verehrten kindlich die zarte, tausendfaͤltige Flamme, als das hoͤchste der Welt. Ein Gedanke nur war es, Ein entsetzliches Traumbild,

Das furchtbar zu den frohen Tischen trat
Und das Gemuͤth in wilde Schrecken huͤllte.
Hier wußten selbst die Goͤtter keinen Rath
Der die beklommne Brust mit Trost erfuͤllte.
Geheimnißvoll war dieses Unholds Pfad
Des Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte;
Es war der Tod, der dieses Lustgelag
Mit Angst und Schmerz und Thraͤnen unterbrach.
Auf ewig nun von allem abgeschieden,
Was hier das Herz in suͤßer Wollust regt,
Getrennt von den Geliebten, die hienieden
Vergebne Sehnsucht, langes Weh bewegt,
Schien matter Traum dem Todten nur beschieden,
Ohnmaͤchtiges Ringen nur ihm auferlegt.
Zerbrochen war die Woge des Genusses
Am Felsen des unendlichen Verdrusses.
Mit kuͤhnem Geist und hoher Sinnenglut
Verschoͤnte sich der Mensch die grause Larve,
Ein sanfter Juͤngling loͤscht das Licht und ruht —
Sanft wird das Ende, wie ein Wehn der Harfe.
Erinnerung schmilzt in kuͤhler Schattenflut,
So sang das Lied dem traurigen Bedarfe.
Doch unentraͤthselt blieb die ewge Nacht,
Das ernste Zeichen einer fernen Macht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0208" n="196"/>
ein ewig buntes Fest der Himmelskinder und der Erdbewohner rauschte das Leben, wie ein Fru&#x0364;hling, durch die Jahrhunderte hin &#x2014; Alle Geschlechter verehrten kindlich die zarte, tausendfa&#x0364;ltige Flamme, als das ho&#x0364;chste der Welt. Ein Gedanke nur war es, Ein entsetzliches Traumbild,</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Das furchtbar zu den frohen Tischen trat</l><lb/>
                <l>Und das Gemu&#x0364;th in wilde Schrecken hu&#x0364;llte.</l><lb/>
                <l>Hier wußten selbst die Go&#x0364;tter keinen Rath</l><lb/>
                <l>Der die beklommne Brust mit Trost erfu&#x0364;llte.</l><lb/>
                <l>Geheimnißvoll war dieses Unholds Pfad</l><lb/>
                <l>Des Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte;</l><lb/>
                <l>Es war der Tod, der dieses Lustgelag</l><lb/>
                <l>Mit Angst und Schmerz und Thra&#x0364;nen unterbrach.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Auf ewig nun von allem abgeschieden,</l><lb/>
                <l>Was hier das Herz in su&#x0364;ßer Wollust regt,</l><lb/>
                <l>Getrennt von den Geliebten, die hienieden</l><lb/>
                <l>Vergebne Sehnsucht, langes Weh bewegt,</l><lb/>
                <l>Schien matter Traum dem Todten nur beschieden,</l><lb/>
                <l>Ohnma&#x0364;chtiges Ringen nur ihm auferlegt.</l><lb/>
                <l>Zerbrochen war die Woge des Genusses</l><lb/>
                <l>Am Felsen des unendlichen Verdrusses.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Mit ku&#x0364;hnem Geist und hoher Sinnenglut</l><lb/>
                <l>Verscho&#x0364;nte sich der Mensch die grause Larve,</l><lb/>
                <l>Ein sanfter Ju&#x0364;ngling lo&#x0364;scht das Licht und ruht &#x2014;</l><lb/>
                <l>Sanft wird das Ende, wie ein Wehn der Harfe.</l><lb/>
                <l>Erinnerung schmilzt in ku&#x0364;hler Schattenflut,</l><lb/>
                <l>So sang das Lied dem traurigen Bedarfe.</l><lb/>
                <l>Doch unentra&#x0364;thselt blieb die ewge Nacht,</l><lb/>
                <l>Das ernste Zeichen einer fernen Macht.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0208] ein ewig buntes Fest der Himmelskinder und der Erdbewohner rauschte das Leben, wie ein Fruͤhling, durch die Jahrhunderte hin — Alle Geschlechter verehrten kindlich die zarte, tausendfaͤltige Flamme, als das hoͤchste der Welt. Ein Gedanke nur war es, Ein entsetzliches Traumbild, Das furchtbar zu den frohen Tischen trat Und das Gemuͤth in wilde Schrecken huͤllte. Hier wußten selbst die Goͤtter keinen Rath Der die beklommne Brust mit Trost erfuͤllte. Geheimnißvoll war dieses Unholds Pfad Des Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte; Es war der Tod, der dieses Lustgelag Mit Angst und Schmerz und Thraͤnen unterbrach. Auf ewig nun von allem abgeschieden, Was hier das Herz in suͤßer Wollust regt, Getrennt von den Geliebten, die hienieden Vergebne Sehnsucht, langes Weh bewegt, Schien matter Traum dem Todten nur beschieden, Ohnmaͤchtiges Ringen nur ihm auferlegt. Zerbrochen war die Woge des Genusses Am Felsen des unendlichen Verdrusses. Mit kuͤhnem Geist und hoher Sinnenglut Verschoͤnte sich der Mensch die grause Larve, Ein sanfter Juͤngling loͤscht das Licht und ruht — Sanft wird das Ende, wie ein Wehn der Harfe. Erinnerung schmilzt in kuͤhler Schattenflut, So sang das Lied dem traurigen Bedarfe. Doch unentraͤthselt blieb die ewge Nacht, Das ernste Zeichen einer fernen Macht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/208
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/208>, abgerufen am 15.05.2024.