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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Latein. Consonanten. h, f = urspr. gh.

Das h schwindet leicht völlig, wie z. b. in anser für *han-
ser,
vgl. altind. hamsa-s, ahd. gans stamm gansi, slaw. gasi,
lit. zasi-s; olus für älteres holus, vgl. khlo-e, deutsch gruo-ni,
wurz. ghar, ghra; via wol auß *vehia von wurz. veh, vgl. das
völlig entsprechende litauische veze (orbita), d. i. *vezja, grundf.
des litauischen und lateinischen wortes ist also vagh-ja (vgl.
Curtius, gr. etym. I, nr. 169, pg. 161).

Anm. Nicht selten findet sich schon frühe auch h da, wo es nicht
stehen solte, z. b. humerus für umerus, vgl. griech. omo-s, alt-
ind. amsa s und amsa-m, got. amsa (stamm amsan); später
ward h bekantlich vilfach an lautenden vocalen vor gesezt, so
wie überhaupt im gebrauche des h sich vilfaches schwanken schon
frühe zeigt.

Lat. f = urspr. gh, z. b. fel stamm fell, warscheinlich auß
*felti, vgl. khol-os, khol-e, ahd. galla, slaw. zlu-ci; fer-vor, vgl.
altind. ghar-ma-s (calor), slaw. gre-ti (calefacere), gor-eti (ardere),
deutsch warm für *gwarm auß *gar-m, welche sämtlich auf eine
wurzel urspr. ghar hin weisen (das griechische ther-mos, ther-o
hat, wenn es wirklich hierher gehört, eine ursprünglich vil-
leicht dialectische veränderung der an lautenden aspirata kh zu
th erfaren); fu-tis (vas aquarium), fau-tilis (siehe Curtius, gr.
etym. I, nr. 203, pg. 172), wurz. fu-d (fundo), vgl. griech. wurz.
khu in khew-o, deutsch gu-t in got. giut-an (fundere).

Da f und h einem urspr. gh entsprechen und da h leicht
völlig hinweg fält, so erklären sich formen wie foedus neben
hoedus, haedus und oedus, aedus, edus (vgl. geiß); folus neben
holus und olus (wurz. ghar); fostis neben hostis (gotisch gasts
weist bestimt auf das ursprünglich an lautendes gh hin; die be-
deutung stimt in dem tertium 'fremder, fremdling'), fordeum
neben hordeum (ahd. gersta, dessen s ein geschoben oder im
lateinischen auß gefallen sein kann, zeugt von ursprünglich an
lautendem gh; wenn krithe hierher gehört, so müste man wol
annemen, daß es in folge von dissimilation für *khrithe auß
*khriste stehe, th wäre dann auß st, sth entstanden, und i zum
ersatze gedent worden) u. a. dergl.

Anm. Ein beispil für b = urspr. gh scheint sich nicht zu finden.
Latein. Consonanten. h, f = urspr. gh.

Das h schwindet leicht völlig, wie z. b. in anser für *han-
ser,
vgl. altind. haṁsá-s, ahd. gans stamm gansi, slaw. gąsĭ,
lit. żąsì-s; olus für älteres holus, vgl. χλο-ή, deutsch gruo-ni,
wurz. ghar, ghra; via wol auß *vehia von wurz. veh, vgl. das
völlig entsprechende litauische vėżė́ (orbita), d. i. *veżja, grundf.
des litauischen und lateinischen wortes ist also vagh-jâ (vgl.
Curtius, gr. etym. I, nr. 169, pg. 161).

Anm. Nicht selten findet sich schon frühe auch h da, wo es nicht
stehen solte, z. b. humerus für umerus, vgl. griech. ὦμο-ς, alt-
ind. áṁsa s und áṁsa-m, got. amsa (stamm amsan); später
ward h bekantlich vilfach an lautenden vocalen vor gesezt, so
wie überhaupt im gebrauche des h sich vilfaches schwanken schon
frühe zeigt.

Lat. f = urspr. gh, z. b. fel stamm fell, warscheinlich auß
*felti, vgl. χόλ-ος, χολ-ή, ahd. galla, slaw. żlŭ-čĭ; fer-vor, vgl.
altind. ghar-má-s (calor), slaw. grě-ti (calefacere), gor-ěti (ardere),
deutsch warm für *gwarm auß *gar-m, welche sämtlich auf eine
wurzel urspr. ghar hin weisen (das griechische ϑεϱ-μός, ϑέϱ-ω
hat, wenn es wirklich hierher gehört, eine ursprünglich vil-
leicht dialectische veränderung der an lautenden aspirata χ zu
ϑ erfaren); fu-tis (vas aquarium), fû-tilis (siehe Curtius, gr.
etym. I, nr. 203, pg. 172), wurz. fu-d (fundo), vgl. griech. wurz.
χυ in χέϝ-ω, deutsch gu-t in got. giut-an (fundere).

Da f und h einem urspr. gh entsprechen und da h leicht
völlig hinweg fält, so erklären sich formen wie foedus neben
hoedus, haedus und oedus, aedus, edus (vgl. geiƷ); folus neben
holus und olus (wurz. ghar); fostis neben hostis (gotisch gasts
weist bestimt auf das ursprünglich an lautendes gh hin; die be-
deutung stimt in dem tertium ‘fremder, fremdling’), fordeum
neben hordeum (ahd. gersta, dessen s ein geschoben oder im
lateinischen auß gefallen sein kann, zeugt von ursprünglich an
lautendem gh; wenn ϰϱῑϑή hierher gehört, so müste man wol
annemen, daß es in folge von dissimilation für *χϱῑϑη auß
*χϱῐστη stehe, ϑ wäre dann auß στ, σϑ entstanden, und ι zum
ersatze gedent worden) u. a. dergl.

Anm. Ein beispil für b = urspr. gh scheint sich nicht zu finden.
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[200/0214] Latein. Consonanten. h, f = urspr. gh. Das h schwindet leicht völlig, wie z. b. in anser für *han- ser, vgl. altind. haṁsá-s, ahd. gans stamm gansi, slaw. gąsĭ, lit. żąsì-s; olus für älteres holus, vgl. χλο-ή, deutsch gruo-ni, wurz. ghar, ghra; via wol auß *vehia von wurz. veh, vgl. das völlig entsprechende litauische vėżė́ (orbita), d. i. *veżja, grundf. des litauischen und lateinischen wortes ist also vagh-jâ (vgl. Curtius, gr. etym. I, nr. 169, pg. 161). Anm. Nicht selten findet sich schon frühe auch h da, wo es nicht stehen solte, z. b. humerus für umerus, vgl. griech. ὦμο-ς, alt- ind. áṁsa s und áṁsa-m, got. amsa (stamm amsan); später ward h bekantlich vilfach an lautenden vocalen vor gesezt, so wie überhaupt im gebrauche des h sich vilfaches schwanken schon frühe zeigt. Lat. f = urspr. gh, z. b. fel stamm fell, warscheinlich auß *felti, vgl. χόλ-ος, χολ-ή, ahd. galla, slaw. żlŭ-čĭ; fer-vor, vgl. altind. ghar-má-s (calor), slaw. grě-ti (calefacere), gor-ěti (ardere), deutsch warm für *gwarm auß *gar-m, welche sämtlich auf eine wurzel urspr. ghar hin weisen (das griechische ϑεϱ-μός, ϑέϱ-ω hat, wenn es wirklich hierher gehört, eine ursprünglich vil- leicht dialectische veränderung der an lautenden aspirata χ zu ϑ erfaren); fu-tis (vas aquarium), fû-tilis (siehe Curtius, gr. etym. I, nr. 203, pg. 172), wurz. fu-d (fundo), vgl. griech. wurz. χυ in χέϝ-ω, deutsch gu-t in got. giut-an (fundere). Da f und h einem urspr. gh entsprechen und da h leicht völlig hinweg fält, so erklären sich formen wie foedus neben hoedus, haedus und oedus, aedus, edus (vgl. geiƷ); folus neben holus und olus (wurz. ghar); fostis neben hostis (gotisch gasts weist bestimt auf das ursprünglich an lautendes gh hin; die be- deutung stimt in dem tertium ‘fremder, fremdling’), fordeum neben hordeum (ahd. gersta, dessen s ein geschoben oder im lateinischen auß gefallen sein kann, zeugt von ursprünglich an lautendem gh; wenn ϰϱῑϑή hierher gehört, so müste man wol annemen, daß es in folge von dissimilation für *χϱῑϑη auß *χϱῐστη stehe, ϑ wäre dann auß στ, σϑ entstanden, und ι zum ersatze gedent worden) u. a. dergl. Anm. Ein beispil für b = urspr. gh scheint sich nicht zu finden.

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/214>, abgerufen am 29.04.2024.