Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
Lateinisch. Conson. lautgesetze. Außlaut. s, m.

Betrachten wir die für die grammatik wichtigsten außlauts-
consonanten urspr. s, m, t im einzelnen.

s findet sich auf den ältesten inschriften nicht geschriben
in fällen wie Tetio, Furio, nom. sg. für Tetio-s, Furio-s; Corneli,
Clodi
u. a. für Cornelis, Clodis = Cornelios, Clodios (Ritschl,
progr. zum XII. März 1861). Doch ist in der ältesten sprache
der schwund des auß lautenden s auf den nom. sg. beschränkt.
Es ist bekant, daß noch in späterer zeit die dichter das auß
lautende s vor folgendem consonantischen anlaute nicht zu rech-
nen brauchten und daß die schwache außsprache des auß lau-
tenden s vor consonanten auch außerdem bezeugt ist. Die
schriftsprache entschid sich in den meisten fällen für die bei-
behaltung des s. In die schriftsprache gedrungen ist jedoch
das schwanken zwischen bewarung und wegfall des auß lauten-
den s in der 2. pers. sg. des medium, wie amabaris und ama-
bare;
ferner in magis und mage, potis und pote.

Der wegfall des s ward in der schriftsprache zur regel ge-
macht z. b. im nom. plur. masc. der o-stämme, welche in der
älteren sprache noch das ursprüngliche s hier und da zeigen,
z. b. heis, magistreis u. a. neben hei, magistrei; leztere form,
als hi, magistri, ward nun die außschließlich fest gehaltene.
Das selbe fand statt im gen. sing. femin. der a-stämme, z. b.
suaes, dimidiaes, familias, später findet sich nur ae u. a.

Durch verflüchtigung des vocals der lezten silbe schwand
s nach r in fällen wie puer, vir, quatuor, acer (mit zu gesez-
tem vocale vor r) für *pueros, *viros (*puerus, *virus), *quatuo-
res
(vgl. tessares), acris; seltener fand das selbe nach l statt,
wie z. b. vigil für vigilis.

m, im außlaute ebenfals nur schwach hörbar, wird in älte-
ren sprachdenkmalen häufig durch die schrift nicht auß gedrükt,
z. b. oino, viro, duonoro, tit. Scip., neben pocolom, sacrom u. a.
Im volksmunde blib dise schwache außsprache des auß lau-
tenden m, wie spätere inschriften beweisen; die schriftsprache
hielt jedoch an der schreibung des selben durch greifend fest.
Eine wirkung der schwachen außsprache des auß lautenden m

Lateinisch. Conson. lautgesetze. Außlaut. s, m.

Betrachten wir die für die grammatik wichtigsten außlauts-
consonanten urspr. s, m, t im einzelnen.

s findet sich auf den ältesten inschriften nicht geschriben
in fällen wie Tetio, Furio, nom. sg. für Tetio-s, Furio-s; Corneli,
Clodi
u. a. für Cornelis, Clodis = Cornelios, Clodios (Ritschl,
progr. zum XII. März 1861). Doch ist in der ältesten sprache
der schwund des auß lautenden s auf den nom. sg. beschränkt.
Es ist bekant, daß noch in späterer zeit die dichter das auß
lautende s vor folgendem consonantischen anlaute nicht zu rech-
nen brauchten und daß die schwache außsprache des auß lau-
tenden s vor consonanten auch außerdem bezeugt ist. Die
schriftsprache entschid sich in den meisten fällen für die bei-
behaltung des s. In die schriftsprache gedrungen ist jedoch
das schwanken zwischen bewarung und wegfall des auß lauten-
den s in der 2. pers. sg. des medium, wie amabaris und ama-
bare;
ferner in magis und mage, potis und pote.

Der wegfall des s ward in der schriftsprache zur regel ge-
macht z. b. im nom. plur. masc. der o-stämme, welche in der
älteren sprache noch das ursprüngliche s hier und da zeigen,
z. b. heis, magistreis u. a. neben hei, magistrei; leztere form,
als hi, magistri, ward nun die außschließlich fest gehaltene.
Das selbe fand statt im gen. sing. femin. der a-stämme, z. b.
suaes, dimidiaes, familias, später findet sich nur ae u. a.

Durch verflüchtigung des vocals der lezten silbe schwand
s nach r in fällen wie puer, vir, quatuor, acer (mit zu gesez-
tem vocale vor r) für *pueros, *viros (*puerus, *virus), *quatuo-
res
(vgl. τέσσαϱες), acris; seltener fand das selbe nach l statt,
wie z. b. vigil für vigilis.

m, im außlaute ebenfals nur schwach hörbar, wird in älte-
ren sprachdenkmalen häufig durch die schrift nicht auß gedrükt,
z. b. oino, viro, duonoro, tit. Scip., neben pocolom, sacrom u. a.
Im volksmunde blib dise schwache außsprache des auß lau-
tenden m, wie spätere inschriften beweisen; die schriftsprache
hielt jedoch an der schreibung des selben durch greifend fest.
Eine wirkung der schwachen außsprache des auß lautenden m

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0231" n="217"/>
                <fw place="top" type="header">Lateinisch. Conson. lautgesetze. Außlaut. <hi rendition="#i">s</hi>, <hi rendition="#i">m</hi>.</fw><lb/>
                <p>Betrachten wir die für die grammatik wichtigsten außlauts-<lb/>
consonanten urspr. <hi rendition="#i">s</hi>, <hi rendition="#i">m, t</hi> im einzelnen.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#i">s</hi> findet sich auf den ältesten inschriften nicht geschriben<lb/>
in fällen wie <hi rendition="#i">Tetio</hi>, <hi rendition="#i">Furio</hi>, nom. sg. für <hi rendition="#i">Tetio-s</hi>, <hi rendition="#i">Furio-s; Corneli,<lb/>
Clodi</hi> u. a. für <hi rendition="#i">Cornelis</hi>, <hi rendition="#i">Clodis</hi> = <hi rendition="#i">Cornelios</hi>, <hi rendition="#i">Clodios</hi> (<hi rendition="#g">Ritschl</hi>,<lb/>
progr. zum XII. März 1861). Doch ist in der ältesten sprache<lb/>
der schwund des auß lautenden <hi rendition="#i">s</hi> auf den nom. sg. beschränkt.<lb/>
Es ist bekant, daß noch in späterer zeit die dichter das auß<lb/>
lautende <hi rendition="#i">s</hi> vor folgendem consonantischen anlaute nicht zu rech-<lb/>
nen brauchten und daß die schwache außsprache des auß lau-<lb/>
tenden <hi rendition="#i">s</hi> vor consonanten auch außerdem bezeugt ist. Die<lb/>
schriftsprache entschid sich in den meisten fällen für die bei-<lb/>
behaltung des <hi rendition="#i">s</hi>. In die schriftsprache gedrungen ist jedoch<lb/>
das schwanken zwischen bewarung und wegfall des auß lauten-<lb/>
den <hi rendition="#i">s</hi> in der 2. pers. sg. des medium, wie <hi rendition="#i">amabaris</hi> und <hi rendition="#i">ama-<lb/>
bare;</hi> ferner in <hi rendition="#i">magis</hi> und <hi rendition="#i">mage, potis</hi> und <hi rendition="#i">pote</hi>.</p><lb/>
                <p>Der wegfall des <hi rendition="#i">s</hi> ward in der schriftsprache zur regel ge-<lb/>
macht z. b. im nom. plur. masc. der <hi rendition="#i">o</hi>-stämme, welche in der<lb/>
älteren sprache noch das ursprüngliche <hi rendition="#i">s</hi> hier und da zeigen,<lb/>
z. b. <hi rendition="#i">heis</hi>, <hi rendition="#i">magistreis</hi> u. a. neben <hi rendition="#i">hei</hi>, <hi rendition="#i">magistrei;</hi> leztere form,<lb/>
als <hi rendition="#i">hi</hi>, <hi rendition="#i">magistri</hi>, ward nun die außschließlich fest gehaltene.<lb/>
Das selbe fand statt im gen. sing. femin. der <hi rendition="#i">a</hi>-stämme, z. b.<lb/><hi rendition="#i">suaes, dimidiaes, familias,</hi> später findet sich nur <hi rendition="#i">ae</hi> u. a.</p><lb/>
                <p>Durch verflüchtigung des vocals der lezten silbe schwand<lb/><hi rendition="#i">s</hi> nach <hi rendition="#i">r</hi> in fällen wie <hi rendition="#i">puer, vir</hi>, <hi rendition="#i">quatuor, acer</hi> (mit zu gesez-<lb/>
tem vocale vor <hi rendition="#i">r)</hi> für *<hi rendition="#i">pueros</hi>, *<hi rendition="#i">viros (</hi>*<hi rendition="#i">puerus</hi>, *<hi rendition="#i">virus)</hi>, *<hi rendition="#i">quatuo-<lb/>
res</hi> (vgl. <hi rendition="#i">&#x03C4;&#x03AD;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B1;&#x03F1;&#x03B5;&#x03C2;)</hi>, <hi rendition="#i">acris;</hi> seltener fand das selbe nach <hi rendition="#i">l</hi> statt,<lb/>
wie z. b. <hi rendition="#i">vigil</hi> für <hi rendition="#i">vigilis</hi>.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#i">m</hi>, im außlaute ebenfals nur schwach hörbar, wird in älte-<lb/>
ren sprachdenkmalen häufig durch die schrift nicht auß gedrükt,<lb/>
z. b. <hi rendition="#i">oino, viro</hi>, <hi rendition="#i">duonoro</hi>, tit. Scip., neben <hi rendition="#i">pocolom, sacrom</hi> u. a.<lb/>
Im volksmunde blib dise schwache außsprache des auß lau-<lb/>
tenden <hi rendition="#i">m</hi>, wie spätere inschriften beweisen; die schriftsprache<lb/>
hielt jedoch an der schreibung des selben durch greifend fest.<lb/>
Eine wirkung der schwachen außsprache des auß lautenden <hi rendition="#i">m</hi><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0231] Lateinisch. Conson. lautgesetze. Außlaut. s, m. Betrachten wir die für die grammatik wichtigsten außlauts- consonanten urspr. s, m, t im einzelnen. s findet sich auf den ältesten inschriften nicht geschriben in fällen wie Tetio, Furio, nom. sg. für Tetio-s, Furio-s; Corneli, Clodi u. a. für Cornelis, Clodis = Cornelios, Clodios (Ritschl, progr. zum XII. März 1861). Doch ist in der ältesten sprache der schwund des auß lautenden s auf den nom. sg. beschränkt. Es ist bekant, daß noch in späterer zeit die dichter das auß lautende s vor folgendem consonantischen anlaute nicht zu rech- nen brauchten und daß die schwache außsprache des auß lau- tenden s vor consonanten auch außerdem bezeugt ist. Die schriftsprache entschid sich in den meisten fällen für die bei- behaltung des s. In die schriftsprache gedrungen ist jedoch das schwanken zwischen bewarung und wegfall des auß lauten- den s in der 2. pers. sg. des medium, wie amabaris und ama- bare; ferner in magis und mage, potis und pote. Der wegfall des s ward in der schriftsprache zur regel ge- macht z. b. im nom. plur. masc. der o-stämme, welche in der älteren sprache noch das ursprüngliche s hier und da zeigen, z. b. heis, magistreis u. a. neben hei, magistrei; leztere form, als hi, magistri, ward nun die außschließlich fest gehaltene. Das selbe fand statt im gen. sing. femin. der a-stämme, z. b. suaes, dimidiaes, familias, später findet sich nur ae u. a. Durch verflüchtigung des vocals der lezten silbe schwand s nach r in fällen wie puer, vir, quatuor, acer (mit zu gesez- tem vocale vor r) für *pueros, *viros (*puerus, *virus), *quatuo- res (vgl. τέσσαϱες), acris; seltener fand das selbe nach l statt, wie z. b. vigil für vigilis. m, im außlaute ebenfals nur schwach hörbar, wird in älte- ren sprachdenkmalen häufig durch die schrift nicht auß gedrükt, z. b. oino, viro, duonoro, tit. Scip., neben pocolom, sacrom u. a. Im volksmunde blib dise schwache außsprache des auß lau- tenden m, wie spätere inschriften beweisen; die schriftsprache hielt jedoch an der schreibung des selben durch greifend fest. Eine wirkung der schwachen außsprache des auß lautenden m

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/231
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/231>, abgerufen am 29.04.2024.