Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
Zusammen ges. neubildungen; Ahd.
Anm. Im althochdeutschen und nordischen finden sich reste eines§. 307.
mit s gebildeten perfects, das also dem lateinischen und altiri-
schen perfectum zur seite steht, z. b. altn. wurzel sa (serere),
perf. se-ra (se-ri) für *se-sa (se-si); eben so wurz. gra (urspr.
ghra virescere); ra (urspr. ar, ra remigare) u. a.; ahd. 1. pl.
scri-ru-mes, grundform skri-s-masi (u ist auch hier, wie im
gotischen, hilfsvocal), wurzel scri (clamare); 1. plur. pi-ru-mes,
2. plur. pi-ru-t, grundform bhu-s-masi, bhu-s-tasi, wurz. pi für
*pu, urspr. bhu (fieri, vgl. pephuka, das auch praesensfunction
hat); 1. plur. *spi-ru-mes (nicht belegt, doch sicher zu er-
schließen), grundf. spiv-s-masi, wurz. spiv (spuere).

Nicht hierher gehört steroß für *ste-soß auß *stei-stoß, perf.
redupl. zu stoß-an; ple-ruß, durch dissimilation und falsche
analogie (wie solche bei schwindenden formen statt findet, vergl.
d. gotische medium) für *ple-luß auß *plei-ploß, perf. redupl.
zu infin. pluoß-an (immolare); ags. leort, dissim. auß *leo-lt,
einer entstellung eines perf. redupl. zu loet-an; reo-rd, desgl. zu
roed-an; leo-lc, desgl. zu lac an, sämtlich nach einer und der
selben analogie gebildet. Bei disen und den oben erklärten per-
fectformen an eine einschiebung von r zu denken, wozu man in-
terjectionen (also lautgebärden, nicht worte) verglich, konte nur
solchen in den sinn kommen, denen das wesen sprachlicher orga-
nismen und die gesetze ires lebens unbekant sind.


Zusammen ges. neubildungen; Ahd.
Anm. Im althochdeutschen und nordischen finden sich reste eines§. 307.
mit s gebildeten perfects, das also dem lateinischen und altiri-
schen perfectum zur seite steht, z. b. altn. wurzel sa (serere),
perf. sê-ra (sê-ri) für *sê-sa (sê-si); eben so wurz. gra (urspr.
ghra virescere); ra (urspr. ar, ra remigare) u. a.; ahd. 1. pl.
scri-ru-mês, grundform skri-s-masi (u ist auch hier, wie im
gotischen, hilfsvocal), wurzel scri (clamare); 1. plur. pi-ru-mês,
2. plur. pi-ru-t, grundform bhu-s-masi, bhu-s-tasi, wurz. pi für
*pu, urspr. bhu (fieri, vgl. πέφυϰα, das auch praesensfunction
hat); 1. plur. *spi-ru-mês (nicht belegt, doch sicher zu er-
schließen), grundf. spiv-s-masi, wurz. spiv (spuere).

Nicht hierher gehört steroƷ für *ste-soƷ auß *stei-stôƷ, perf.
redupl. zu stôƷ-an; ple-ruƷ, durch dissimilation und falsche
analogie (wie solche bei schwindenden formen statt findet, vergl.
d. gotische medium) für *ple-luƷ auß *plei-plôƷ, perf. redupl.
zu infin. pluoƷ-an (immolare); ags. leórt, dissim. auß *leo-lt,
einer entstellung eines perf. redupl. zu lœt-an; reó-rd, desgl. zu
rœd-an; leó-lc, desgl. zu lâc an, sämtlich nach einer und der
selben analogie gebildet. Bei disen und den oben erklärten per-
fectformen an eine einschiebung von r zu denken, wozu man in-
terjectionen (also lautgebärden, nicht worte) verglich, konte nur
solchen in den sinn kommen, denen das wesen sprachlicher orga-
nismen und die gesetze ires lebens unbekant sind.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0361" n="635"/>
                  <fw place="top" type="header">Zusammen ges. neubildungen; Ahd.</fw><lb/>
                  <list>
                    <item><hi rendition="#g">Anm</hi>. Im althochdeutschen und nordischen finden sich reste eines<note place="right">§. 307.</note><lb/>
mit <hi rendition="#i">s</hi> gebildeten perfects, das also dem lateinischen und altiri-<lb/>
schen perfectum zur seite steht, z. b. altn. wurzel <hi rendition="#i">sa</hi> (serere),<lb/>
perf. <hi rendition="#i">sê-ra (sê-ri)</hi> für *<hi rendition="#i">sê-sa (sê-si);</hi> eben so wurz. <hi rendition="#i">gra</hi> (urspr.<lb/><hi rendition="#i">ghra</hi> virescere); <hi rendition="#i">ra</hi> (urspr. <hi rendition="#i">ar</hi>, <hi rendition="#i">ra</hi> remigare) u. a.; ahd. 1. pl.<lb/><hi rendition="#i">scri-ru-mês</hi>, grundform <hi rendition="#i">skri-s-masi (u</hi> ist auch hier, wie im<lb/>
gotischen, hilfsvocal), wurzel <hi rendition="#i">scri</hi> (clamare); 1. plur. <hi rendition="#i">pi-ru-mês</hi>,<lb/>
2. plur. <hi rendition="#i">pi-ru-t,</hi> grundform <hi rendition="#i">bhu-s-masi, bhu-s-tasi,</hi> wurz. <hi rendition="#i">pi</hi> für<lb/>
*<hi rendition="#i">pu,</hi> urspr. <hi rendition="#i">bhu</hi> (fieri, vgl. <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x03AD;&#x03C6;&#x03C5;&#x03F0;&#x03B1;</hi>, das auch praesensfunction<lb/>
hat); 1. plur. *<hi rendition="#i">spi-ru-mês</hi> (nicht belegt, doch sicher zu er-<lb/>
schließen), grundf. <hi rendition="#i">spiv-s-masi,</hi> wurz. <hi rendition="#i">spiv</hi> (spuere).</item>
                  </list><lb/>
                  <p>Nicht hierher gehört <hi rendition="#i">stero&#x01B7;</hi> für *<hi rendition="#i">ste-so&#x01B7;</hi> auß *<hi rendition="#i">stei-stô&#x01B7;</hi>, perf.<lb/>
redupl. zu <hi rendition="#i">stô&#x01B7;-an; ple-ru&#x01B7;,</hi> durch dissimilation und falsche<lb/>
analogie (wie solche bei schwindenden formen statt findet, vergl.<lb/>
d. gotische medium) für *<hi rendition="#i">ple-lu&#x01B7;</hi> auß *<hi rendition="#i">plei-plô&#x01B7;,</hi> perf. redupl.<lb/>
zu infin. <hi rendition="#i">pluo&#x01B7;-an</hi> (immolare); ags. <hi rendition="#i">leórt,</hi> dissim. auß *<hi rendition="#i">leo-lt,</hi><lb/>
einer entstellung eines perf. redupl. zu <hi rendition="#i">l&#x0153;t-an; reó-rd</hi>, desgl. zu<lb/><hi rendition="#i">r&#x0153;d-an; leó-lc,</hi> desgl. zu <hi rendition="#i">lâc an</hi>, sämtlich nach einer und der<lb/>
selben analogie gebildet. Bei disen und den oben erklärten per-<lb/>
fectformen an eine einschiebung von <hi rendition="#i">r</hi> zu denken, wozu man in-<lb/>
terjectionen (also lautgebärden, nicht worte) verglich, konte nur<lb/>
solchen in den sinn kommen, denen das wesen sprachlicher orga-<lb/>
nismen und die gesetze ires lebens unbekant sind.</p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[635/0361] Zusammen ges. neubildungen; Ahd. Anm. Im althochdeutschen und nordischen finden sich reste eines mit s gebildeten perfects, das also dem lateinischen und altiri- schen perfectum zur seite steht, z. b. altn. wurzel sa (serere), perf. sê-ra (sê-ri) für *sê-sa (sê-si); eben so wurz. gra (urspr. ghra virescere); ra (urspr. ar, ra remigare) u. a.; ahd. 1. pl. scri-ru-mês, grundform skri-s-masi (u ist auch hier, wie im gotischen, hilfsvocal), wurzel scri (clamare); 1. plur. pi-ru-mês, 2. plur. pi-ru-t, grundform bhu-s-masi, bhu-s-tasi, wurz. pi für *pu, urspr. bhu (fieri, vgl. πέφυϰα, das auch praesensfunction hat); 1. plur. *spi-ru-mês (nicht belegt, doch sicher zu er- schließen), grundf. spiv-s-masi, wurz. spiv (spuere). Nicht hierher gehört steroƷ für *ste-soƷ auß *stei-stôƷ, perf. redupl. zu stôƷ-an; ple-ruƷ, durch dissimilation und falsche analogie (wie solche bei schwindenden formen statt findet, vergl. d. gotische medium) für *ple-luƷ auß *plei-plôƷ, perf. redupl. zu infin. pluoƷ-an (immolare); ags. leórt, dissim. auß *leo-lt, einer entstellung eines perf. redupl. zu lœt-an; reó-rd, desgl. zu rœd-an; leó-lc, desgl. zu lâc an, sämtlich nach einer und der selben analogie gebildet. Bei disen und den oben erklärten per- fectformen an eine einschiebung von r zu denken, wozu man in- terjectionen (also lautgebärden, nicht worte) verglich, konte nur solchen in den sinn kommen, denen das wesen sprachlicher orga- nismen und die gesetze ires lebens unbekant sind.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/361
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/361>, abgerufen am 28.04.2024.