Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

uraltes gebäude auf d. westlichen terrasse.
oder arm sein, Alles bei ihnen ist und Himmel und
Erde nur von secundärem Interesse für sie sind.

Auf der neu angelegten westlichen Terrasse, un-
mittelbar neben meiner vorjährigen Ausgrabung, haben
wir einen Theil eines grossen Gebäudes blossgelegt,
dessen Wände eine Dicke von 1 Meter 90 Centimeter
oder 61/4 Fuss haben und aus mit Lehm verbundenen,
grösstentheils behauenen Muschelsteinen bestehen, von
denen keiner mehr als 1/2 Meter lang zu sein scheint
und die so geschickt zusammengelegt sind, dass die
Wand eine glatte Fläche bildet. Dies Haus ist in 6 Me-
ter Tiefe auf einer Schicht gelber und brauner Asche
und Trümmer gebaut, und der erhaltene Theil der
Wände reicht bis 3 Meter unter des Berges Oberfläche.
In dem Hause, soweit wir bis jetzt gegraben haben,
fanden wir nur eine Vase mit zwei Brüsten nach vorne
und einer Brust auf der Seite und eine Menge jener
vielbesprochenen runden Terracottas in der Form des
Vulkans und des Carrousels, welche sämmtlich fünf oder
sechs vierfache aufgehende Sonnen im Kreis um die Central-
sonne haben. Diese Gegenstände, die Tiefe von 6 Me-
ter, sowie die beschriebene Bauart der Wände lassen
keinen Zweifel darüber, dass das Haus Jahrhunderte vor
der Gründung der griechischen Colonie gebaut wurde,
deren Trümmer ja nur eine Tiefe von 2 Meter er-
reichen. Ein grosses Interesse gewährt es mir, von
der grossen Plateforme aus, also in einer senk-
rechten Höhe von 331/2 bis 431/2 Fuss, dies uralte Ge-
bäude, welches 1000 Jahre vor Christo errichtet sein mag,
gleichsam in der Luft schweben zu sehen. Aber zu
meinem Leidwesen muss es auf jeden Fall wegge-

uraltes gebäude auf d. westlichen terrasse.
oder arm sein, Alles bei ihnen ist und Himmel und
Erde nur von secundärem Interesse für sie sind.

Auf der neu angelegten westlichen Terrasse, un-
mittelbar neben meiner vorjährigen Ausgrabung, haben
wir einen Theil eines grossen Gebäudes blossgelegt,
dessen Wände eine Dicke von 1 Meter 90 Centimeter
oder 6¼ Fuss haben und aus mit Lehm verbundenen,
grösstentheils behauenen Muschelsteinen bestehen, von
denen keiner mehr als ½ Meter lang zu sein scheint
und die so geschickt zusammengelegt sind, dass die
Wand eine glatte Fläche bildet. Dies Haus ist in 6 Me-
ter Tiefe auf einer Schicht gelber und brauner Asche
und Trümmer gebaut, und der erhaltene Theil der
Wände reicht bis 3 Meter unter des Berges Oberfläche.
In dem Hause, soweit wir bis jetzt gegraben haben,
fanden wir nur eine Vase mit zwei Brüsten nach vorne
und einer Brust auf der Seite und eine Menge jener
vielbesprochenen runden Terracottas in der Form des
Vulkans und des Carrousels, welche sämmtlich fünf oder
sechs vierfache aufgehende Sonnen im Kreis um die Central-
sonne haben. Diese Gegenstände, die Tiefe von 6 Me-
ter, sowie die beschriebene Bauart der Wände lassen
keinen Zweifel darüber, dass das Haus Jahrhunderte vor
der Gründung der griechischen Colonie gebaut wurde,
deren Trümmer ja nur eine Tiefe von 2 Meter er-
reichen. Ein grosses Interesse gewährt es mir, von
der grossen Plateforme aus, also in einer senk-
rechten Höhe von 33½ bis 43½ Fuss, dies uralte Ge-
bäude, welches 1000 Jahre vor Christo errichtet sein mag,
gleichsam in der Luft schweben zu sehen. Aber zu
meinem Leidwesen muss es auf jeden Fall wegge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">uraltes gebäude auf d. westlichen terrasse.</hi></fw><lb/>
oder arm sein, Alles bei ihnen ist und Himmel und<lb/>
Erde nur von secundärem Interesse für sie sind.</p><lb/>
        <p>Auf der neu angelegten westlichen Terrasse, un-<lb/>
mittelbar neben meiner vorjährigen Ausgrabung, haben<lb/>
wir einen Theil eines grossen Gebäudes blossgelegt,<lb/>
dessen Wände eine Dicke von 1 Meter 90 Centimeter<lb/>
oder 6¼ Fuss haben und aus mit Lehm verbundenen,<lb/>
grösstentheils behauenen Muschelsteinen bestehen, von<lb/>
denen keiner mehr als ½ Meter lang zu sein scheint<lb/>
und die so geschickt zusammengelegt sind, dass die<lb/>
Wand eine glatte Fläche bildet. Dies Haus ist in 6 Me-<lb/>
ter Tiefe auf einer Schicht gelber und brauner Asche<lb/>
und Trümmer gebaut, und der erhaltene Theil der<lb/>
Wände reicht bis 3 Meter unter des Berges Oberfläche.<lb/>
In dem Hause, soweit wir bis jetzt gegraben haben,<lb/>
fanden wir nur eine Vase mit zwei Brüsten nach vorne<lb/>
und einer Brust auf der Seite und eine Menge jener<lb/>
vielbesprochenen runden Terracottas in der Form des<lb/>
Vulkans und des Carrousels, welche sämmtlich fünf oder<lb/>
sechs vierfache aufgehende Sonnen im Kreis um die Central-<lb/>
sonne haben. Diese Gegenstände, die Tiefe von 6 Me-<lb/>
ter, sowie die beschriebene Bauart der Wände lassen<lb/>
keinen Zweifel darüber, dass das Haus Jahrhunderte vor<lb/>
der Gründung der griechischen Colonie gebaut wurde,<lb/>
deren Trümmer ja nur eine Tiefe von 2 Meter er-<lb/>
reichen. Ein grosses Interesse gewährt es mir, von<lb/>
der grossen Plateforme aus, also in einer senk-<lb/>
rechten Höhe von 33½ bis 43½ Fuss, dies uralte Ge-<lb/>
bäude, welches 1000 Jahre vor Christo errichtet sein mag,<lb/>
gleichsam in der Luft schweben zu sehen. Aber zu<lb/>
meinem Leidwesen muss es auf jeden Fall wegge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0154] uraltes gebäude auf d. westlichen terrasse. oder arm sein, Alles bei ihnen ist und Himmel und Erde nur von secundärem Interesse für sie sind. Auf der neu angelegten westlichen Terrasse, un- mittelbar neben meiner vorjährigen Ausgrabung, haben wir einen Theil eines grossen Gebäudes blossgelegt, dessen Wände eine Dicke von 1 Meter 90 Centimeter oder 6¼ Fuss haben und aus mit Lehm verbundenen, grösstentheils behauenen Muschelsteinen bestehen, von denen keiner mehr als ½ Meter lang zu sein scheint und die so geschickt zusammengelegt sind, dass die Wand eine glatte Fläche bildet. Dies Haus ist in 6 Me- ter Tiefe auf einer Schicht gelber und brauner Asche und Trümmer gebaut, und der erhaltene Theil der Wände reicht bis 3 Meter unter des Berges Oberfläche. In dem Hause, soweit wir bis jetzt gegraben haben, fanden wir nur eine Vase mit zwei Brüsten nach vorne und einer Brust auf der Seite und eine Menge jener vielbesprochenen runden Terracottas in der Form des Vulkans und des Carrousels, welche sämmtlich fünf oder sechs vierfache aufgehende Sonnen im Kreis um die Central- sonne haben. Diese Gegenstände, die Tiefe von 6 Me- ter, sowie die beschriebene Bauart der Wände lassen keinen Zweifel darüber, dass das Haus Jahrhunderte vor der Gründung der griechischen Colonie gebaut wurde, deren Trümmer ja nur eine Tiefe von 2 Meter er- reichen. Ein grosses Interesse gewährt es mir, von der grossen Plateforme aus, also in einer senk- rechten Höhe von 33½ bis 43½ Fuss, dies uralte Ge- bäude, welches 1000 Jahre vor Christo errichtet sein mag, gleichsam in der Luft schweben zu sehen. Aber zu meinem Leidwesen muss es auf jeden Fall wegge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/154
Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/154>, abgerufen am 02.05.2024.