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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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vase mit eulengesicht u. a.
einem Bauchnabel, zwei Armen und auf der Rückseite
lang herunterhängendem Haupthaar, es ist aber so
kunstlos gemacht, dass z. B. die Augen der Göttin
oberhalb der Augenbrauen stehen. Auch fand ich im
Schutt des Tempels eine Vase mit Eulengesicht, zwei
Frauenbrüsten und einem grossen Bauchnabel; vom
Gesicht ist aber nur ein Auge und ein Ohr erhalten.
Ich mache ganz besonders darauf aufmerksam, dass so-
wol auf allen Vasen mit Eulenköpfen, zwei Frauen-
brüsten und Bauchnabel, als auch auf allen andern, die
ohne Eulengesicht und nur mit zwei Frauenbrüsten und
Bauchnabel verziert sind, letzterer immer zehnmal
grösser ist als die Brüste. Ich vermuthe daher, dass
der Bauchnabel irgend eine wichtige Bedeutung hatte,
um so mehr als derselbe manchmal mit einem Kreuze
und einmal sogar mit einem solchen und den Marken
eines Nagels an jedem der vier Enden des Kreuzes ver-
ziert ist. Es fanden sich ferner in den Trümmern des
kleinen uralten Gebäudes einige hübsche Keile und
eine Menge sehr grober klotziger Hämmer von Diorit;
ferner eine Menge jener kleinen rothen und schwarzen
runden Terracottas in der Form des Vulkans oder des
Carrousels mit den gewöhnlichen Verzierungen von
vier oder fünf [Abbildung] oder drei, vier oder fünf dreifachen
aufgehenden Sonnen im Kreise um die Centralsonne,
oder mit andern höchst sonderbaren Verzierungen.

Es wurde auch in 7 und 8 Meter Tiefe eine Menge
Vasen mit eingravirten Verzierungen und mit drei Füssen
oder ohne Füsse, aber meistentheils mit Röhren an den
Seiten und Löchern im Munde zum Aufhängen an
Schnüren, gefunden; wiederum Trinkbecher, die aus

vase mit eulengesicht u. a.
einem Bauchnabel, zwei Armen und auf der Rückseite
lang herunterhängendem Haupthaar, es ist aber so
kunstlos gemacht, dass z. B. die Augen der Göttin
oberhalb der Augenbrauen stehen. Auch fand ich im
Schutt des Tempels eine Vase mit Eulengesicht, zwei
Frauenbrüsten und einem grossen Bauchnabel; vom
Gesicht ist aber nur ein Auge und ein Ohr erhalten.
Ich mache ganz besonders darauf aufmerksam, dass so-
wol auf allen Vasen mit Eulenköpfen, zwei Frauen-
brüsten und Bauchnabel, als auch auf allen andern, die
ohne Eulengesicht und nur mit zwei Frauenbrüsten und
Bauchnabel verziert sind, letzterer immer zehnmal
grösser ist als die Brüste. Ich vermuthe daher, dass
der Bauchnabel irgend eine wichtige Bedeutung hatte,
um so mehr als derselbe manchmal mit einem Kreuze
und einmal sogar mit einem solchen und den Marken
eines Nagels an jedem der vier Enden des Kreuzes ver-
ziert ist. Es fanden sich ferner in den Trümmern des
kleinen uralten Gebäudes einige hübsche Keile und
eine Menge sehr grober klotziger Hämmer von Diorit;
ferner eine Menge jener kleinen rothen und schwarzen
runden Terracottas in der Form des Vulkans oder des
Carrousels mit den gewöhnlichen Verzierungen von
vier oder fünf [Abbildung] oder drei, vier oder fünf dreifachen
aufgehenden Sonnen im Kreise um die Centralsonne,
oder mit andern höchst sonderbaren Verzierungen.

Es wurde auch in 7 und 8 Meter Tiefe eine Menge
Vasen mit eingravirten Verzierungen und mit drei Füssen
oder ohne Füsse, aber meistentheils mit Röhren an den
Seiten und Löchern im Munde zum Aufhängen an
Schnüren, gefunden; wiederum Trinkbecher, die aus

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[196/0262] vase mit eulengesicht u. a. einem Bauchnabel, zwei Armen und auf der Rückseite lang herunterhängendem Haupthaar, es ist aber so kunstlos gemacht, dass z. B. die Augen der Göttin oberhalb der Augenbrauen stehen. Auch fand ich im Schutt des Tempels eine Vase mit Eulengesicht, zwei Frauenbrüsten und einem grossen Bauchnabel; vom Gesicht ist aber nur ein Auge und ein Ohr erhalten. Ich mache ganz besonders darauf aufmerksam, dass so- wol auf allen Vasen mit Eulenköpfen, zwei Frauen- brüsten und Bauchnabel, als auch auf allen andern, die ohne Eulengesicht und nur mit zwei Frauenbrüsten und Bauchnabel verziert sind, letzterer immer zehnmal grösser ist als die Brüste. Ich vermuthe daher, dass der Bauchnabel irgend eine wichtige Bedeutung hatte, um so mehr als derselbe manchmal mit einem Kreuze und einmal sogar mit einem solchen und den Marken eines Nagels an jedem der vier Enden des Kreuzes ver- ziert ist. Es fanden sich ferner in den Trümmern des kleinen uralten Gebäudes einige hübsche Keile und eine Menge sehr grober klotziger Hämmer von Diorit; ferner eine Menge jener kleinen rothen und schwarzen runden Terracottas in der Form des Vulkans oder des Carrousels mit den gewöhnlichen Verzierungen von vier oder fünf [Abbildung] oder drei, vier oder fünf dreifachen aufgehenden Sonnen im Kreise um die Centralsonne, oder mit andern höchst sonderbaren Verzierungen. Es wurde auch in 7 und 8 Meter Tiefe eine Menge Vasen mit eingravirten Verzierungen und mit drei Füssen oder ohne Füsse, aber meistentheils mit Röhren an den Seiten und Löchern im Munde zum Aufhängen an Schnüren, gefunden; wiederum Trinkbecher, die aus

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/262>, abgerufen am 27.04.2024.