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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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das uralte bett des skamander.
Homer vielfältig den Zusammenfluss dieser beiden Ströme
vor Ilium erwähnt, und die meisten Schlachten auf
dem Felde zwischen Troja, dem Skamander und dem
Simois stattfanden. Bei seinem Zusammenfluss mit dem
Kalifatli-Asmak, dessen ungeheures Bett jedenfalls einst
dem Skamander gehört haben muss, hat der Simois ein
besonders grosses und tiefes Bett, welches ohne Zweifel
noch genau dasselbe ist, welches dieser Strom zur Zeit
des Trojanischen Krieges hatte.

Der Kalifatli-Asmak wendet sich zwar jetzt nach
seinem Zusammenfluss mit dem Simois, beim Dorfe
Kumköi, nach Nordwesten und fliesst unweit des jetzigen
Bettes des Skamander in drei kleinen Armen ins Meer;
er hat aber von diesem Dorfe ab ein ganz enges Bett,
welches augenscheinlich neuer Bildung ist. Sein altes
Bett dagegen, welches das uralte Bett des Skamander
ist und eine ungeheure Breite hat, geht von Kumköi
direct nach Norden; es hat jetzt nur das Wasser des
kleinen, Intepe-Asmak genannten Flüsschens, über das
ich später ausführlich berichte, und mündet, wie gesagt,
nahe beim Cap von Rhöteum in den Hellespont.

Der Skamander ist nicht plötzlich, sondern ganz
allmählich, wahrscheinlich in Zwischenräumen von
vielen Jahrhunderten, in sein jetziges Bett getreten,
denn zwischen diesem und seinem uralten Bett sieht man
noch drei ungeheure Flussbetten, die ebenfalls in den
Hellespont münden, kein Wasser haben und nothwen-
digerweise das eine nach dem andern vom Skamander
gebildet sein müssen, denn es ist hier kein anderer
Strom, der sie hätte bilden können.

Nach Nordnordost übersehe ich eine zweite, über

2*

das uralte bett des skamander.
Homer vielfältig den Zusammenfluss dieser beiden Ströme
vor Ilium erwähnt, und die meisten Schlachten auf
dem Felde zwischen Troja, dem Skamander und dem
Simoïs stattfanden. Bei seinem Zusammenfluss mit dem
Kalifatli-Asmak, dessen ungeheures Bett jedenfalls einst
dem Skamander gehört haben muss, hat der Simoïs ein
besonders grosses und tiefes Bett, welches ohne Zweifel
noch genau dasselbe ist, welches dieser Strom zur Zeit
des Trojanischen Krieges hatte.

Der Kalifatli-Asmak wendet sich zwar jetzt nach
seinem Zusammenfluss mit dem Simoïs, beim Dorfe
Kumköi, nach Nordwesten und fliesst unweit des jetzigen
Bettes des Skamander in drei kleinen Armen ins Meer;
er hat aber von diesem Dorfe ab ein ganz enges Bett,
welches augenscheinlich neuer Bildung ist. Sein altes
Bett dagegen, welches das uralte Bett des Skamander
ist und eine ungeheure Breite hat, geht von Kumköi
direct nach Norden; es hat jetzt nur das Wasser des
kleinen, Intépé-Asmak genannten Flüsschens, über das
ich später ausführlich berichte, und mündet, wie gesagt,
nahe beim Cap von Rhöteum in den Hellespont.

Der Skamander ist nicht plötzlich, sondern ganz
allmählich, wahrscheinlich in Zwischenräumen von
vielen Jahrhunderten, in sein jetziges Bett getreten,
denn zwischen diesem und seinem uralten Bett sieht man
noch drei ungeheure Flussbetten, die ebenfalls in den
Hellespont münden, kein Wasser haben und nothwen-
digerweise das eine nach dem andern vom Skamander
gebildet sein müssen, denn es ist hier kein anderer
Strom, der sie hätte bilden können.

Nach Nordnordost übersehe ich eine zweite, über

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[19/0085] das uralte bett des skamander. Homer vielfältig den Zusammenfluss dieser beiden Ströme vor Ilium erwähnt, und die meisten Schlachten auf dem Felde zwischen Troja, dem Skamander und dem Simoïs stattfanden. Bei seinem Zusammenfluss mit dem Kalifatli-Asmak, dessen ungeheures Bett jedenfalls einst dem Skamander gehört haben muss, hat der Simoïs ein besonders grosses und tiefes Bett, welches ohne Zweifel noch genau dasselbe ist, welches dieser Strom zur Zeit des Trojanischen Krieges hatte. Der Kalifatli-Asmak wendet sich zwar jetzt nach seinem Zusammenfluss mit dem Simoïs, beim Dorfe Kumköi, nach Nordwesten und fliesst unweit des jetzigen Bettes des Skamander in drei kleinen Armen ins Meer; er hat aber von diesem Dorfe ab ein ganz enges Bett, welches augenscheinlich neuer Bildung ist. Sein altes Bett dagegen, welches das uralte Bett des Skamander ist und eine ungeheure Breite hat, geht von Kumköi direct nach Norden; es hat jetzt nur das Wasser des kleinen, Intépé-Asmak genannten Flüsschens, über das ich später ausführlich berichte, und mündet, wie gesagt, nahe beim Cap von Rhöteum in den Hellespont. Der Skamander ist nicht plötzlich, sondern ganz allmählich, wahrscheinlich in Zwischenräumen von vielen Jahrhunderten, in sein jetziges Bett getreten, denn zwischen diesem und seinem uralten Bett sieht man noch drei ungeheure Flussbetten, die ebenfalls in den Hellespont münden, kein Wasser haben und nothwen- digerweise das eine nach dem andern vom Skamander gebildet sein müssen, denn es ist hier kein anderer Strom, der sie hätte bilden können. Nach Nordnordost übersehe ich eine zweite, über 2*

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/85>, abgerufen am 28.04.2024.