schädlich wäre. Da nimmt der Apotheker Büchsen, da nimmt der Naturkündige Sy- stemen, da nimmt der Recensent (wie Hr. H. selbst) sein Erstlich und Zweitens zu Hülfe. Abbt nannte es eine deutsche Pro- fessor-Pedanterei, wenn man in §phen schrieb: Hr. Herder will gar eine Universalhistorie ohne Abteilungen haben.
Wer jemals Kinder oder Erwachsene in der Geschichte unterrichtet hat: ist vollends dieses Herderschen Einfalls nicht fähig, daß sich alles durch Continuitaet zwingen lasse. Man sage auch dem aufmerksamsten Zuhö- rer, und wäre er auch von Hrn. Herders Alter, und minder flüchtig und weghüpfend wie er, drei Monate lang in der schönsten ununterbrochnen Ordnung, die Begeben- heiten der Araber vor: noch hat er in der 6ten Lection den Faden nicht verloren, aber gewiß in der 16ten, und noch mer in der 60sten Lection, falls man ihm nicht durch Abteilungen die Wiederfindung des Fadens leicht und möglich macht. Wer kann einen dicken, ganz ordentlich geschriebenen, aber ohne alle Absätze in Einem fortlaufenden Quartanten, in Einem Zuge lesen, und den Jnhalt am Ende völlig überschauen?
§. 21.
ſchaͤdlich waͤre. Da nimmt der Apotheker Buͤchſen, da nimmt der Naturkuͤndige Sy- ſtemen, da nimmt der Recenſent (wie Hr. H. ſelbſt) ſein Erſtlich und Zweitens zu Huͤlfe. Abbt nannte es eine deutſche Pro- feſſor-Pedanterei, wenn man in §phen ſchrieb: Hr. Herder will gar eine Univerſalhiſtorie ohne Abteilungen haben.
Wer jemals Kinder oder Erwachſene in der Geſchichte unterrichtet hat: iſt vollends dieſes Herderſchen Einfalls nicht faͤhig, daß ſich alles durch Continuitæt zwingen laſſe. Man ſage auch dem aufmerkſamſten Zuhoͤ- rer, und waͤre er auch von Hrn. Herders Alter, und minder fluͤchtig und weghüpfend wie er, drei Monate lang in der ſchoͤnſten ununterbrochnen Ordnung, die Begeben- heiten der Araber vor: noch hat er in der 6ten Lection den Faden nicht verloren, aber gewiß in der 16ten, und noch mer in der 60ſten Lection, falls man ihm nicht durch Abteilungen die Wiederfindung des Fadens leicht und moͤglich macht. Wer kann einen dicken, ganz ordentlich geſchriebenen, aber ohne alle Abſaͤtze in Einem fortlaufenden Quartanten, in Einem Zuge leſen, und den Jnhalt am Ende voͤllig uͤberſchauen?
§. 21.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0098"n="302[78]"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw>ſchaͤdlich waͤre. Da nimmt der Apotheker<lb/>
Buͤchſen, da nimmt der Naturkuͤndige Sy-<lb/>ſtemen, da nimmt der Recenſent (wie Hr.<lb/>
H. ſelbſt) ſein <hirendition="#fr">Erſtlich</hi> und <hirendition="#fr">Zweitens</hi> zu<lb/>
Huͤlfe. <hirendition="#fr">Abbt</hi> nannte es eine deutſche Pro-<lb/>
feſſor-Pedanterei, wenn man in §phen ſchrieb:<lb/>
Hr. <hirendition="#fr">Herder</hi> will gar eine Univerſalhiſtorie<lb/>
ohne Abteilungen haben.</p><lb/><p>Wer jemals Kinder oder Erwachſene in<lb/>
der Geſchichte unterrichtet hat: iſt vollends<lb/>
dieſes Herderſchen Einfalls nicht faͤhig, daß<lb/>ſich alles durch <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Continuitæt</hi></hi> zwingen laſſe.<lb/>
Man ſage auch dem aufmerkſamſten Zuhoͤ-<lb/>
rer, und waͤre er auch von Hrn. Herders<lb/>
Alter, und minder fluͤchtig und <hirendition="#aq"><hirendition="#i">weghüpfend</hi></hi><lb/>
wie er, drei Monate lang in der ſchoͤnſten<lb/>
ununterbrochnen Ordnung, die Begeben-<lb/>
heiten der Araber vor: noch hat er in der<lb/>
6ten Lection den Faden nicht verloren, aber<lb/>
gewiß in der 16ten, und noch mer in der<lb/>
60ſten Lection, falls man ihm nicht durch<lb/>
Abteilungen die Wiederfindung des Fadens<lb/>
leicht und moͤglich macht. Wer kann einen<lb/>
dicken, ganz ordentlich geſchriebenen, aber<lb/>
ohne alle Abſaͤtze in Einem fortlaufenden<lb/>
Quartanten, in Einem Zuge leſen, und<lb/>
den Jnhalt am Ende voͤllig uͤberſchauen?</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 21.</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[302[78]/0098]
ſchaͤdlich waͤre. Da nimmt der Apotheker
Buͤchſen, da nimmt der Naturkuͤndige Sy-
ſtemen, da nimmt der Recenſent (wie Hr.
H. ſelbſt) ſein Erſtlich und Zweitens zu
Huͤlfe. Abbt nannte es eine deutſche Pro-
feſſor-Pedanterei, wenn man in §phen ſchrieb:
Hr. Herder will gar eine Univerſalhiſtorie
ohne Abteilungen haben.
Wer jemals Kinder oder Erwachſene in
der Geſchichte unterrichtet hat: iſt vollends
dieſes Herderſchen Einfalls nicht faͤhig, daß
ſich alles durch Continuitæt zwingen laſſe.
Man ſage auch dem aufmerkſamſten Zuhoͤ-
rer, und waͤre er auch von Hrn. Herders
Alter, und minder fluͤchtig und weghüpfend
wie er, drei Monate lang in der ſchoͤnſten
ununterbrochnen Ordnung, die Begeben-
heiten der Araber vor: noch hat er in der
6ten Lection den Faden nicht verloren, aber
gewiß in der 16ten, und noch mer in der
60ſten Lection, falls man ihm nicht durch
Abteilungen die Wiederfindung des Fadens
leicht und moͤglich macht. Wer kann einen
dicken, ganz ordentlich geſchriebenen, aber
ohne alle Abſaͤtze in Einem fortlaufenden
Quartanten, in Einem Zuge leſen, und
den Jnhalt am Ende voͤllig uͤberſchauen?
§. 21.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 302[78]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/98>, abgerufen am 25.03.2023.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2023. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.