Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

beständig von dem Zustande der Kinder unterrichtet
bleiben, und sie von Zeit zu Zeit einberufen oder in
dem Verpflegungs-Orte selbst sehen zu können, und
wenn je entferntere Orte gewählt werden müssten, so
sollte man zu Erleichterung der Aufsicht und Vermin-
derung der Kosten derselben wenigstens trachten, meh-
rere dergleichen Kinder in ebendemselben Orte unter-
zubringen. -- Was die Wahl der einzelnen
Pflege-Eltern
selbst betrifft, so sollte durchaus nur
auf verständige Leute von anerkannter Rechtschaffen-
heit und guten Vermögens-Umständen gesehen, und
denselben in besonders mit ihnen abzuschliessenden Ver-
pflegungs-Accorden
zur Bedingung gemacht
werden, das ihnen anvertraute Kind

a) in Beziehung auf Wohnung, Beleuchtung, Hei-
tzung, Liegerstatt, Bette und Kleidung zu behan-
deln, wie wenn es ihr eigenes Kind wäre,
b) ihm stets hinlängliche gesunde Nahrung zu rei-
chen, damit es nicht aus Hunger auf Betteleyen
und Naschereyen verfalle,
c) in kranken Tagen es demselben an Wart und
Pflege, und an ärztlicher Hülfe, und Medicamen-
ten, beydes leztere jedoch auf öffentliche Kosten,
nicht fehlen zu lassen,
d) dasselbe zu allen bey der Oekonomie des Kost-
reichers vorkommenden Haus- und Feldgeschäften,
so weit sie den Kräften und der künftigen Bestim-
mung des Kindes angemessen sind, jedoch nicht
übertrieben, anzuleiten und anzuhalten, und über-
haupt möglichst an Arbeitsamkeit zu gewöhnen,
e) dafür zu sorgen, daß das Kind Kirche und
Schule, für welch leztere jedoch das Schulgeld,

beſtaͤndig von dem Zuſtande der Kinder unterrichtet
bleiben, und ſie von Zeit zu Zeit einberufen oder in
dem Verpflegungs-Orte ſelbſt ſehen zu koͤnnen, und
wenn je entferntere Orte gewaͤhlt werden muͤſſten, ſo
ſollte man zu Erleichterung der Aufſicht und Vermin-
derung der Koſten derſelben wenigſtens trachten, meh-
rere dergleichen Kinder in ebendemſelben Orte unter-
zubringen. — Was die Wahl der einzelnen
Pflege-Eltern
ſelbſt betrifft, ſo ſollte durchaus nur
auf verſtaͤndige Leute von anerkannter Rechtſchaffen-
heit und guten Vermoͤgens-Umſtaͤnden geſehen, und
denſelben in beſonders mit ihnen abzuſchlieſſenden Ver-
pflegungs-Accorden
zur Bedingung gemacht
werden, das ihnen anvertraute Kind

a) in Beziehung auf Wohnung, Beleuchtung, Hei-
tzung, Liegerſtatt, Bette und Kleidung zu behan-
deln, wie wenn es ihr eigenes Kind waͤre,
b) ihm ſtets hinlaͤngliche geſunde Nahrung zu rei-
chen, damit es nicht aus Hunger auf Betteleyen
und Naſchereyen verfalle,
c) in kranken Tagen es demſelben an Wart und
Pflege, und an aͤrztlicher Huͤlfe, und Medicamen-
ten, beydes leztere jedoch auf oͤffentliche Koſten,
nicht fehlen zu laſſen,
d) daſſelbe zu allen bey der Oekonomie des Koſt-
reichers vorkommenden Haus- und Feldgeſchaͤften,
ſo weit ſie den Kraͤften und der kuͤnftigen Beſtim-
mung des Kindes angemeſſen ſind, jedoch nicht
uͤbertrieben, anzuleiten und anzuhalten, und uͤber-
haupt moͤglichſt an Arbeitſamkeit zu gewoͤhnen,
e) dafuͤr zu ſorgen, daß das Kind Kirche und
Schule, fuͤr welch leztere jedoch das Schulgeld,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="102"/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig von dem Zu&#x017F;tande der Kinder unterrichtet<lb/>
bleiben, und &#x017F;ie von Zeit zu Zeit einberufen oder in<lb/>
dem Verpflegungs-Orte &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ehen zu ko&#x0364;nnen, und<lb/>
wenn je entferntere Orte gewa&#x0364;hlt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ten, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ollte man zu Erleichterung der Auf&#x017F;icht und Vermin-<lb/>
derung der Ko&#x017F;ten der&#x017F;elben wenig&#x017F;tens trachten, meh-<lb/>
rere dergleichen Kinder in ebendem&#x017F;elben Orte unter-<lb/>
zubringen. &#x2014; Was die <hi rendition="#g">Wahl der einzelnen<lb/>
Pflege-Eltern</hi> &#x017F;elb&#x017F;t betrifft, &#x017F;o &#x017F;ollte durchaus nur<lb/>
auf ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Leute von anerkannter Recht&#x017F;chaffen-<lb/>
heit und guten Vermo&#x0364;gens-Um&#x017F;ta&#x0364;nden ge&#x017F;ehen, und<lb/>
den&#x017F;elben in be&#x017F;onders mit ihnen abzu&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;enden <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
pflegungs-Accorden</hi> zur Bedingung gemacht<lb/>
werden, das ihnen anvertraute Kind</p><lb/>
        <list>
          <item><hi rendition="#aq">a</hi>) in Beziehung auf Wohnung, Beleuchtung, Hei-<lb/><hi rendition="#et">tzung, Lieger&#x017F;tatt, Bette und Kleidung zu behan-<lb/>
deln, wie wenn es ihr eigenes Kind wa&#x0364;re,</hi></item><lb/>
          <item><hi rendition="#aq">b</hi>) ihm &#x017F;tets hinla&#x0364;ngliche ge&#x017F;unde Nahrung zu rei-<lb/><hi rendition="#et">chen, damit es nicht aus Hunger auf Betteleyen<lb/>
und Na&#x017F;chereyen verfalle,</hi></item><lb/>
          <item><hi rendition="#aq">c</hi>) in kranken Tagen es dem&#x017F;elben an Wart und<lb/><hi rendition="#et">Pflege, und an a&#x0364;rztlicher Hu&#x0364;lfe, und Medicamen-<lb/>
ten, beydes leztere jedoch auf o&#x0364;ffentliche Ko&#x017F;ten,<lb/>
nicht fehlen zu la&#x017F;&#x017F;en,</hi></item><lb/>
          <item><hi rendition="#aq">d</hi>) da&#x017F;&#x017F;elbe zu allen bey der Oekonomie des Ko&#x017F;t-<lb/><hi rendition="#et">reichers vorkommenden Haus- und Feldge&#x017F;cha&#x0364;ften,<lb/>
&#x017F;o weit &#x017F;ie den Kra&#x0364;ften und der ku&#x0364;nftigen Be&#x017F;tim-<lb/>
mung des Kindes angeme&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind, jedoch nicht<lb/>
u&#x0364;bertrieben, anzuleiten und anzuhalten, und u&#x0364;ber-<lb/>
haupt mo&#x0364;glich&#x017F;t an Arbeit&#x017F;amkeit zu gewo&#x0364;hnen,</hi></item><lb/>
          <item><hi rendition="#aq">e</hi>) dafu&#x0364;r zu &#x017F;orgen, daß das Kind Kirche und<lb/><hi rendition="#et">Schule, fu&#x0364;r welch leztere jedoch das Schulgeld,<lb/></hi></item>
        </list>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0112] beſtaͤndig von dem Zuſtande der Kinder unterrichtet bleiben, und ſie von Zeit zu Zeit einberufen oder in dem Verpflegungs-Orte ſelbſt ſehen zu koͤnnen, und wenn je entferntere Orte gewaͤhlt werden muͤſſten, ſo ſollte man zu Erleichterung der Aufſicht und Vermin- derung der Koſten derſelben wenigſtens trachten, meh- rere dergleichen Kinder in ebendemſelben Orte unter- zubringen. — Was die Wahl der einzelnen Pflege-Eltern ſelbſt betrifft, ſo ſollte durchaus nur auf verſtaͤndige Leute von anerkannter Rechtſchaffen- heit und guten Vermoͤgens-Umſtaͤnden geſehen, und denſelben in beſonders mit ihnen abzuſchlieſſenden Ver- pflegungs-Accorden zur Bedingung gemacht werden, das ihnen anvertraute Kind a) in Beziehung auf Wohnung, Beleuchtung, Hei- tzung, Liegerſtatt, Bette und Kleidung zu behan- deln, wie wenn es ihr eigenes Kind waͤre, b) ihm ſtets hinlaͤngliche geſunde Nahrung zu rei- chen, damit es nicht aus Hunger auf Betteleyen und Naſchereyen verfalle, c) in kranken Tagen es demſelben an Wart und Pflege, und an aͤrztlicher Huͤlfe, und Medicamen- ten, beydes leztere jedoch auf oͤffentliche Koſten, nicht fehlen zu laſſen, d) daſſelbe zu allen bey der Oekonomie des Koſt- reichers vorkommenden Haus- und Feldgeſchaͤften, ſo weit ſie den Kraͤften und der kuͤnftigen Beſtim- mung des Kindes angemeſſen ſind, jedoch nicht uͤbertrieben, anzuleiten und anzuhalten, und uͤber- haupt moͤglichſt an Arbeitſamkeit zu gewoͤhnen, e) dafuͤr zu ſorgen, daß das Kind Kirche und Schule, fuͤr welch leztere jedoch das Schulgeld,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/112
Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/112>, abgerufen am 12.05.2024.