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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
größern Schulen, wie in Stuttgart, getrennt für einzelne
Gewerbe, wie für Bauhandwerker, Schreiner, Schlosser,
Sattler ertheilt wird, hat schon unendlichen Segen
gestiftet. Mag der Unterricht einzelner norddeutscher
Musteranstalten, wie der des Berliner Handwerkervereins,
diesen Schulen kühn an die Seite treten, mögen da, wo
solche freiwillige Schulen sich dauernd erhalten haben, die-
selben noch größern Segen stiften, wie jede rein auf
Selbsthülfe basirte Einrichtung einen größern Werth hat,
-- für alle kleinern Verhältnisse reichen die freiwilligen
Lehrer, reichen zufällige Privatmittel und Anregungen
nicht aus.1 Der Unterricht bloßer Privatvereine ist zu
oft schlecht, ungenügend, geht zu häufig wieder ganz
ein. Eine systematische Ordnung durch den Staat, ein
systematisches Heranziehen der Gemeinden ist nothwendig,
um Bestand und Erfolg in dieses gewerbliche Fortbil-
dungswesen zu bringen, um es allgemeiner zu verbreiten.

Der große Vorzug der württembergischen Schulen ist
eben ihre große Verbreitung. Von den 101 im Jahre
1864 schon bestehenden gewerblichen Fortbildungsschulen

1 Es soll damit das gesammte norddeutsche Hand-
werker- und Arbeiterbildungsvereinswesen kein Vorwurf treffen.
Es hat dasselbe seine volle Berechtigung; es hat viel geleistet,
aber es reicht für den gewerblichen und künstlerischen Unterricht
nicht aus. Vergleiche über diese Vereine den Arbeiterfreund
1866: Die Handwerker-, Arbeiter- und ähnlichen Vereine in
Preußen, bearbeitet von Hermann Brämer, S. 48 ff., S. 222 ff.
und S. 293 ff.; daneben in dems. Jahrg. S. 338: Kletke, über
die wissenschaftliche Erziehung unserer Handwerker. Ferner über
diesen Punkt: Dr. Schwabe, Staatshülfe und Selbsthülfe auf
dem Gebiete der Kunstindustrie. Berlin 1868.

Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
größern Schulen, wie in Stuttgart, getrennt für einzelne
Gewerbe, wie für Bauhandwerker, Schreiner, Schloſſer,
Sattler ertheilt wird, hat ſchon unendlichen Segen
geſtiftet. Mag der Unterricht einzelner norddeutſcher
Muſteranſtalten, wie der des Berliner Handwerkervereins,
dieſen Schulen kühn an die Seite treten, mögen da, wo
ſolche freiwillige Schulen ſich dauernd erhalten haben, die-
ſelben noch größern Segen ſtiften, wie jede rein auf
Selbſthülfe baſirte Einrichtung einen größern Werth hat,
— für alle kleinern Verhältniſſe reichen die freiwilligen
Lehrer, reichen zufällige Privatmittel und Anregungen
nicht aus.1 Der Unterricht bloßer Privatvereine iſt zu
oft ſchlecht, ungenügend, geht zu häufig wieder ganz
ein. Eine ſyſtematiſche Ordnung durch den Staat, ein
ſyſtematiſches Heranziehen der Gemeinden iſt nothwendig,
um Beſtand und Erfolg in dieſes gewerbliche Fortbil-
dungsweſen zu bringen, um es allgemeiner zu verbreiten.

Der große Vorzug der württembergiſchen Schulen iſt
eben ihre große Verbreitung. Von den 101 im Jahre
1864 ſchon beſtehenden gewerblichen Fortbildungsſchulen

1 Es ſoll damit das geſammte norddeutſche Hand-
werker- und Arbeiterbildungsvereinsweſen kein Vorwurf treffen.
Es hat daſſelbe ſeine volle Berechtigung; es hat viel geleiſtet,
aber es reicht für den gewerblichen und künſtleriſchen Unterricht
nicht aus. Vergleiche über dieſe Vereine den Arbeiterfreund
1866: Die Handwerker-, Arbeiter- und ähnlichen Vereine in
Preußen, bearbeitet von Hermann Brämer, S. 48 ff., S. 222 ff.
und S. 293 ff.; daneben in demſ. Jahrg. S. 338: Kletke, über
die wiſſenſchaftliche Erziehung unſerer Handwerker. Ferner über
dieſen Punkt: Dr. Schwabe, Staatshülfe und Selbſthülfe auf
dem Gebiete der Kunſtinduſtrie. Berlin 1868.
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[324/0346] Die Vertheilung der Gewerbetreibenden. größern Schulen, wie in Stuttgart, getrennt für einzelne Gewerbe, wie für Bauhandwerker, Schreiner, Schloſſer, Sattler ertheilt wird, hat ſchon unendlichen Segen geſtiftet. Mag der Unterricht einzelner norddeutſcher Muſteranſtalten, wie der des Berliner Handwerkervereins, dieſen Schulen kühn an die Seite treten, mögen da, wo ſolche freiwillige Schulen ſich dauernd erhalten haben, die- ſelben noch größern Segen ſtiften, wie jede rein auf Selbſthülfe baſirte Einrichtung einen größern Werth hat, — für alle kleinern Verhältniſſe reichen die freiwilligen Lehrer, reichen zufällige Privatmittel und Anregungen nicht aus. 1 Der Unterricht bloßer Privatvereine iſt zu oft ſchlecht, ungenügend, geht zu häufig wieder ganz ein. Eine ſyſtematiſche Ordnung durch den Staat, ein ſyſtematiſches Heranziehen der Gemeinden iſt nothwendig, um Beſtand und Erfolg in dieſes gewerbliche Fortbil- dungsweſen zu bringen, um es allgemeiner zu verbreiten. Der große Vorzug der württembergiſchen Schulen iſt eben ihre große Verbreitung. Von den 101 im Jahre 1864 ſchon beſtehenden gewerblichen Fortbildungsſchulen 1 Es ſoll damit das geſammte norddeutſche Hand- werker- und Arbeiterbildungsvereinsweſen kein Vorwurf treffen. Es hat daſſelbe ſeine volle Berechtigung; es hat viel geleiſtet, aber es reicht für den gewerblichen und künſtleriſchen Unterricht nicht aus. Vergleiche über dieſe Vereine den Arbeiterfreund 1866: Die Handwerker-, Arbeiter- und ähnlichen Vereine in Preußen, bearbeitet von Hermann Brämer, S. 48 ff., S. 222 ff. und S. 293 ff.; daneben in demſ. Jahrg. S. 338: Kletke, über die wiſſenſchaftliche Erziehung unſerer Handwerker. Ferner über dieſen Punkt: Dr. Schwabe, Staatshülfe und Selbſthülfe auf dem Gebiete der Kunſtinduſtrie. Berlin 1868.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/346>, abgerufen am 29.04.2024.