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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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erstaunete aber ziemlich darüber, daß sich in dieser
Stadt, welche doch keine von den allergrößten war,
eine Compagnie von 17. wohl exercirten Haupt-
Dieben aufhielt, die theils in Cavaliers-Kleidern,
theils in ehrbarer Bürger-und anderer Tracht,
bald in diesem, bald in jenem Wirths-Hause mei-
nem Herrn ihre Aufwartung machten, ihren Bericht
abstatteten, und fernerweitige Ordre hohleten.

So lange man mich nicht anstrengete, mit auf
die Rauberey auszugehen, ließ ich alles gehen wie es
ging, bemerckte jedoch inzwischen, daß mein Herr
starcke Einkünffte von seinen Untergebenen zu genies-
sen hatte, welche ihn nicht eher zu beunruhigen pfleg-
ten, als wenn ein schweres und gantz sehr profitables
Werck obhanden war.

Jndem sie aber einem gewissen Einnehmer des
Orts, der ohngefehr 16. bis 18. tausend Thlr. baar
Geld im Vorrathe liegen hatte, nicht allein selbi-
ges hinweg nehmen, sondern auch allenfalls Mord
und Todschlag auszuüben, alle Anstalten mach-
ten, und mich so wohl bey dem ersten Angriffe, als
vornehmlich die Schlösser und Thüren hurtig auf-
zumachen, gebrauchen wolten, fiel mir auf ein-
mahl aller Muth, zumahlen da dieser Haupt-Dieb-
stahl in kurtzen, nemlich gleich in der zweyten
Nacht, vor sich gehen solte. Jch wußte gewiß, daß
mein Leben an einem seidenen Faden hinge, wenn
ich von meiner Bangigkeit etwas mercken liesse,
oder die geringste Mine machte, mich den Vor-
schlägen meines Herrn zu widersetzen, derowegen
stellete ich mich als ein begieriger Löwe, und brachte
in meines Herrn Stube einen gantzen Tag mit

nichts

erſtaunete aber ziemlich daruͤber, daß ſich in dieſer
Stadt, welche doch keine von den allergroͤßten war,
eine Compagnie von 17. wohl exercirten Haupt-
Dieben aufhielt, die theils in Cavaliers-Kleidern,
theils in ehrbarer Buͤrger-und anderer Tracht,
bald in dieſem, bald in jenem Wirths-Hauſe mei-
nem Herrn ihre Aufwartung machten, ihren Bericht
abſtatteten, und fernerweitige Ordre hohleten.

So lange man mich nicht anſtrengete, mit auf
die Rauberey auszugehen, ließ ich alles gehen wie es
ging, bemerckte jedoch inzwiſchen, daß mein Herr
ſtarcke Einkuͤnffte von ſeinen Untergebenen zu genieſ-
ſen hatte, welche ihn nicht eher zu beunruhigen pfleg-
ten, als wenn ein ſchweres und gantz ſehr profitables
Werck obhanden war.

Jndem ſie aber einem gewiſſen Einnehmer des
Orts, der ohngefehr 16. bis 18. tauſend Thlr. baar
Geld im Vorrathe liegen hatte, nicht allein ſelbi-
ges hinweg nehmen, ſondern auch allenfalls Mord
und Todſchlag auszuuͤben, alle Anſtalten mach-
ten, und mich ſo wohl bey dem erſten Angriffe, als
vornehmlich die Schloͤſſer und Thuͤren hurtig auf-
zumachen, gebrauchen wolten, fiel mir auf ein-
mahl aller Muth, zumahlen da dieſer Haupt-Dieb-
ſtahl in kurtzen, nemlich gleich in der zweyten
Nacht, vor ſich gehen ſolte. Jch wußte gewiß, daß
mein Leben an einem ſeidenen Faden hinge, wenn
ich von meiner Bangigkeit etwas mercken lieſſe,
oder die geringſte Mine machte, mich den Vor-
ſchlaͤgen meines Herrn zu widerſetzen, derowegen
ſtellete ich mich als ein begieriger Loͤwe, und brachte
in meines Herrn Stube einen gantzen Tag mit

nichts
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[498/0514] erſtaunete aber ziemlich daruͤber, daß ſich in dieſer Stadt, welche doch keine von den allergroͤßten war, eine Compagnie von 17. wohl exercirten Haupt- Dieben aufhielt, die theils in Cavaliers-Kleidern, theils in ehrbarer Buͤrger-und anderer Tracht, bald in dieſem, bald in jenem Wirths-Hauſe mei- nem Herrn ihre Aufwartung machten, ihren Bericht abſtatteten, und fernerweitige Ordre hohleten. So lange man mich nicht anſtrengete, mit auf die Rauberey auszugehen, ließ ich alles gehen wie es ging, bemerckte jedoch inzwiſchen, daß mein Herr ſtarcke Einkuͤnffte von ſeinen Untergebenen zu genieſ- ſen hatte, welche ihn nicht eher zu beunruhigen pfleg- ten, als wenn ein ſchweres und gantz ſehr profitables Werck obhanden war. Jndem ſie aber einem gewiſſen Einnehmer des Orts, der ohngefehr 16. bis 18. tauſend Thlr. baar Geld im Vorrathe liegen hatte, nicht allein ſelbi- ges hinweg nehmen, ſondern auch allenfalls Mord und Todſchlag auszuuͤben, alle Anſtalten mach- ten, und mich ſo wohl bey dem erſten Angriffe, als vornehmlich die Schloͤſſer und Thuͤren hurtig auf- zumachen, gebrauchen wolten, fiel mir auf ein- mahl aller Muth, zumahlen da dieſer Haupt-Dieb- ſtahl in kurtzen, nemlich gleich in der zweyten Nacht, vor ſich gehen ſolte. Jch wußte gewiß, daß mein Leben an einem ſeidenen Faden hinge, wenn ich von meiner Bangigkeit etwas mercken lieſſe, oder die geringſte Mine machte, mich den Vor- ſchlaͤgen meines Herrn zu widerſetzen, derowegen ſtellete ich mich als ein begieriger Loͤwe, und brachte in meines Herrn Stube einen gantzen Tag mit nichts

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/514>, abgerufen am 25.05.2024.