Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

sich die Frau Primarim ins Mittel, ließ erwehnten
Herrn ersuchen, ihr vor ihren Sohn, der Auditeur
unter der Soldatesque war, um Geld und gute
Worte ein paar Hirsch-Häute zum Collett und
Hosen zu überlassen, da nun solchergestalt der Herr
vermerckte, wo er Barthein müßte Most holen lassen,
gab er, dem im Kirchen-Bann sich befindlichen Die-
ner, zwey Hirsch-Häute, selbige der Frau Primariin
als ein Geschenck zu überbringen, die ihm denn gleich
augenblicklich völlige Abolition seines Verbrechens,
nebst der Erlaubniß zu wege brachte, noch selbigen
Tages in den Beicht-Stuhl und morgendes Tags
zum Tische des HErrn zu kommen. Dieses hieß
nun freylich seine Affecten mehr als zu starck ver-
rathen zu haben, allein der gute Mann mußte ja
wohl den Binde-und Löse-Schlüssel nach seiner
Frauen Anweisung gebrauchen. Zur andern Zeit
hatte abermahls ein im Ehestand lebender Mann
sich gelüsten lassen, eine ledige Dirne zu Falle zu
bringen, nachdem aber selbige die Zeichen ihrer
Schwangerschafft, und über dieses leichtlich merckt:
daß es am klügsten gehandelt sey, von ihrem Ehren-
Schänder ein Stücke Geld zu nehmen, und auf
einen andern zu bekennen, findet sie bald Gelegen-
heit, sich einem andern liederlichen Kerl zu un-
terwerffen, welchen sie auch hernach als Vater ih-
res Hur-Kindes angab. Beyde Schand-Schwä-
ger kommen hierauf mit einander zum Streite, so,
daß immer einer dem andern das Vater-Recht
an den Hals wirfft, bis die Sache endlich an die
Geistlichkeit gelanget. Der verehligte mag ohn-
fehlbar bessern Bescheid wissen als der andere,

über-

ſich die Frau Primarim ins Mittel, ließ erwehnten
Herrn erſuchen, ihr vor ihren Sohn, der Auditeur
unter der Soldateſque war, um Geld und gute
Worte ein paar Hirſch-Haͤute zum Collett und
Hoſen zu uͤberlaſſen, da nun ſolchergeſtalt der Herr
vermeꝛckte, wo er Barthein muͤßte Moſt holen laſſen,
gab er, dem im Kirchen-Bann ſich befindlichen Die-
ner, zwey Hirſch-Haͤute, ſelbige der Frau Primariin
als ein Geſchenck zu uͤberbringen, die ihm denn gleich
augenblicklich voͤllige Abolition ſeines Verbrechens,
nebſt der Erlaubniß zu wege brachte, noch ſelbigen
Tages in den Beicht-Stuhl und morgendes Tags
zum Tiſche des HErrn zu kommen. Dieſes hieß
nun freylich ſeine Affecten mehr als zu ſtarck ver-
rathen zu haben, allein der gute Mann mußte ja
wohl den Binde-und Loͤſe-Schluͤſſel nach ſeiner
Frauen Anweiſung gebrauchen. Zur andern Zeit
hatte abermahls ein im Eheſtand lebender Mann
ſich geluͤſten laſſen, eine ledige Dirne zu Falle zu
bringen, nachdem aber ſelbige die Zeichen ihrer
Schwangerſchafft, und uͤber dieſes leichtlich merckt:
daß es am kluͤgſten gehandelt ſey, von ihrem Ehren-
Schaͤnder ein Stuͤcke Geld zu nehmen, und auf
einen andern zu bekennen, findet ſie bald Gelegen-
heit, ſich einem andern liederlichen Kerl zu un-
terwerffen, welchen ſie auch hernach als Vater ih-
res Hur-Kindes angab. Beyde Schand-Schwaͤ-
ger kommen hierauf mit einander zum Streite, ſo,
daß immer einer dem andern das Vater-Recht
an den Hals wirfft, bis die Sache endlich an die
Geiſtlichkeit gelanget. Der verehligte mag ohn-
fehlbar beſſern Beſcheid wiſſen als der andere,

uͤber-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="56"/>
&#x017F;ich die Frau <hi rendition="#aq">Primarim</hi> ins Mittel, ließ erwehnten<lb/>
Herrn er&#x017F;uchen, ihr vor ihren Sohn, der <hi rendition="#aq">Auditeur</hi><lb/>
unter der <hi rendition="#aq">Soldate&#x017F;que</hi> war, um Geld und gute<lb/>
Worte ein paar Hir&#x017F;ch-Ha&#x0364;ute zum <hi rendition="#aq">Collett</hi> und<lb/>
Ho&#x017F;en zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, da nun &#x017F;olcherge&#x017F;talt der Herr<lb/>
verme&#xA75B;ckte, wo er Barthein mu&#x0364;ßte Mo&#x017F;t holen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
gab er, dem im Kirchen-Bann &#x017F;ich befindlichen Die-<lb/>
ner, zwey Hir&#x017F;ch-Ha&#x0364;ute, &#x017F;elbige der Frau <hi rendition="#aq">Primariin</hi><lb/>
als ein Ge&#x017F;chenck zu u&#x0364;berbringen, die ihm denn gleich<lb/>
augenblicklich vo&#x0364;llige <hi rendition="#aq">Abolition</hi> &#x017F;eines Verbrechens,<lb/>
neb&#x017F;t der Erlaubniß zu wege brachte, noch &#x017F;elbigen<lb/>
Tages in den Beicht-Stuhl und morgendes Tags<lb/>
zum Ti&#x017F;che des HErrn zu kommen. Die&#x017F;es hieß<lb/>
nun freylich &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Affecten</hi> mehr als zu &#x017F;tarck ver-<lb/>
rathen zu haben, allein der gute Mann mußte ja<lb/>
wohl den Binde-und Lo&#x0364;&#x017F;e-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el nach &#x017F;einer<lb/>
Frauen Anwei&#x017F;ung gebrauchen. Zur andern Zeit<lb/>
hatte abermahls ein im Ehe&#x017F;tand lebender Mann<lb/>
&#x017F;ich gelu&#x0364;&#x017F;ten la&#x017F;&#x017F;en, eine ledige Dirne zu Falle zu<lb/>
bringen, nachdem aber &#x017F;elbige die Zeichen ihrer<lb/>
Schwanger&#x017F;chafft, und u&#x0364;ber die&#x017F;es leichtlich merckt:<lb/>
daß es am klu&#x0364;g&#x017F;ten gehandelt &#x017F;ey, von ihrem Ehren-<lb/>
Scha&#x0364;nder ein Stu&#x0364;cke Geld zu nehmen, und auf<lb/>
einen andern zu bekennen, findet &#x017F;ie bald Gelegen-<lb/>
heit, &#x017F;ich einem andern liederlichen Kerl zu un-<lb/>
terwerffen, welchen &#x017F;ie auch hernach als Vater ih-<lb/>
res Hur-Kindes angab. Beyde Schand-Schwa&#x0364;-<lb/>
ger kommen hierauf mit einander zum Streite, &#x017F;o,<lb/>
daß immer einer dem andern das Vater-Recht<lb/>
an den Hals wirfft, bis die Sache endlich an die<lb/>
Gei&#x017F;tlichkeit gelanget. Der verehligte mag ohn-<lb/>
fehlbar be&#x017F;&#x017F;ern Be&#x017F;cheid wi&#x017F;&#x017F;en als der andere,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;ber-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0070] ſich die Frau Primarim ins Mittel, ließ erwehnten Herrn erſuchen, ihr vor ihren Sohn, der Auditeur unter der Soldateſque war, um Geld und gute Worte ein paar Hirſch-Haͤute zum Collett und Hoſen zu uͤberlaſſen, da nun ſolchergeſtalt der Herr vermeꝛckte, wo er Barthein muͤßte Moſt holen laſſen, gab er, dem im Kirchen-Bann ſich befindlichen Die- ner, zwey Hirſch-Haͤute, ſelbige der Frau Primariin als ein Geſchenck zu uͤberbringen, die ihm denn gleich augenblicklich voͤllige Abolition ſeines Verbrechens, nebſt der Erlaubniß zu wege brachte, noch ſelbigen Tages in den Beicht-Stuhl und morgendes Tags zum Tiſche des HErrn zu kommen. Dieſes hieß nun freylich ſeine Affecten mehr als zu ſtarck ver- rathen zu haben, allein der gute Mann mußte ja wohl den Binde-und Loͤſe-Schluͤſſel nach ſeiner Frauen Anweiſung gebrauchen. Zur andern Zeit hatte abermahls ein im Eheſtand lebender Mann ſich geluͤſten laſſen, eine ledige Dirne zu Falle zu bringen, nachdem aber ſelbige die Zeichen ihrer Schwangerſchafft, und uͤber dieſes leichtlich merckt: daß es am kluͤgſten gehandelt ſey, von ihrem Ehren- Schaͤnder ein Stuͤcke Geld zu nehmen, und auf einen andern zu bekennen, findet ſie bald Gelegen- heit, ſich einem andern liederlichen Kerl zu un- terwerffen, welchen ſie auch hernach als Vater ih- res Hur-Kindes angab. Beyde Schand-Schwaͤ- ger kommen hierauf mit einander zum Streite, ſo, daß immer einer dem andern das Vater-Recht an den Hals wirfft, bis die Sache endlich an die Geiſtlichkeit gelanget. Der verehligte mag ohn- fehlbar beſſern Beſcheid wiſſen als der andere, uͤber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/70
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/70>, abgerufen am 02.05.2024.