Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

führete, so beschlossen wir gleich, der See nicht
weiter zu trauen, und wenn auch das Schiff schon
ausgebessert würde, sondern viel lieber an diesem
schönen Orte von Kräutern, Wurtzeln und aller-
ley Baum-Früchten uns so lange zu ernähren, biß
der Himmel sich unserer erbarmte, und Gelegen-
heit zu einem bessern Zustande an die Hand gäbe.

Der Himmel hat uns nicht fallen lassen, denn
wir fanden unvermutheter Weise die Felsen-
Schlufft, durch welche wir alle 3. benebst dem Lö-
wen auf Händen und Füssen hinauf krochen, wei-
ter habe ich vorjetzo nichts zu sagen, denn die Herrn
Felsenburger wissen auser dem schon besser, wie?
wann? wo? und welcher Gestalt sie uns ange-
troffen haben.

Dieses eintzige aber will ich nur noch melden,
daß der ehrliche Jude Rabbi Moses, wie er sich
nennete, mit seinem silberfarbenen ansehnlichen
Barte, auch so wohl wie andere ohnbärtige zugleich
mit ersauffen muste. Es gieng so wohl Mirza-
man
den, als mir sein Unglück sehr nahe, weilen er
uns auf der Reise viele Gefälligkeiten erwiesen,
sonderlich aber auf der Jnsul Ceylon, denn er
führete uns, weil wir des Urbani Reden nach, eine
grosse Begierde bezeugten, des Adams-Grab zu
sehen, (welche Glückseeligkeit aber der gute Urba-
nus
nicht erleben können) an dem Fusse eines Ber-
ges, welcher in der Landschafft Matura liegt. Hie-
selbst fanden wir ein in einem Felsen gehauenes Be-
gräbniß, und in selbigem einen Leichen-Stein, auf
welchem diese Characters, oder unbekannten
Buchstaben, zu sehen, wie mir denn der Jude die-

selben

fuͤhrete, ſo beſchloſſen wir gleich, der See nicht
weiter zu trauen, und wenn auch das Schiff ſchon
ausgebeſſert wuͤrde, ſondern viel lieber an dieſem
ſchoͤnen Orte von Kraͤutern, Wurtzeln und aller-
ley Baum-Fruͤchten uns ſo lange zu ernaͤhren, biß
der Himmel ſich unſerer erbarmte, und Gelegen-
heit zu einem beſſern Zuſtande an die Hand gaͤbe.

Der Himmel hat uns nicht fallen laſſen, denn
wir fanden unvermutheter Weiſe die Felſen-
Schlufft, durch welche wir alle 3. benebſt dem Loͤ-
wen auf Haͤnden und Fuͤſſen hinauf krochen, wei-
ter habe ich vorjetzo nichts zu ſagen, denn die Herrn
Felſenburger wiſſen auſer dem ſchon beſſer, wie?
wann? wo? und welcher Geſtalt ſie uns ange-
troffen haben.

Dieſes eintzige aber will ich nur noch melden,
daß der ehrliche Jude Rabbi Moſes, wie er ſich
nennete, mit ſeinem ſilberfarbenen anſehnlichen
Barte, auch ſo wohl wie andere ohnbaͤrtige zugleich
mit erſauffen muſte. Es gieng ſo wohl Mirza-
man
den, als mir ſein Ungluͤck ſehr nahe, weilen er
uns auf der Reiſe viele Gefaͤlligkeiten erwieſen,
ſonderlich aber auf der Jnſul Ceylon, denn er
fuͤhrete uns, weil wir des Urbani Reden nach, eine
groſſe Begierde bezeugten, des Adams-Grab zu
ſehen, (welche Gluͤckſeeligkeit aber der gute Urba-
nus
nicht erleben koͤnnen) an dem Fuſſe eines Ber-
ges, welcher in der Landſchafft Matura liegt. Hie-
ſelbſt fanden wir ein in einem Felſen gehauenes Be-
graͤbniß, und in ſelbigem einen Leichen-Stein, auf
welchem dieſe Characters, oder unbekannten
Buchſtaben, zu ſehen, wie mir denn der Jude die-

ſelben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0518" n="508"/>
fu&#x0364;hrete, &#x017F;o be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wir gleich, der See nicht<lb/>
weiter zu trauen, und wenn auch das Schiff &#x017F;chon<lb/>
ausgebe&#x017F;&#x017F;ert wu&#x0364;rde, &#x017F;ondern viel lieber an die&#x017F;em<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Orte von Kra&#x0364;utern, Wurtzeln und aller-<lb/>
ley Baum-Fru&#x0364;chten uns &#x017F;o lange zu erna&#x0364;hren, biß<lb/>
der Himmel &#x017F;ich un&#x017F;erer erbarmte, und Gelegen-<lb/>
heit zu einem be&#x017F;&#x017F;ern Zu&#x017F;tande an die Hand ga&#x0364;be.</p><lb/>
              <p>Der Himmel hat uns nicht fallen la&#x017F;&#x017F;en, denn<lb/>
wir fanden unvermutheter Wei&#x017F;e die Fel&#x017F;en-<lb/>
Schlufft, durch welche wir alle 3. beneb&#x017F;t dem Lo&#x0364;-<lb/>
wen auf Ha&#x0364;nden und Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en hinauf krochen, wei-<lb/>
ter habe ich vorjetzo nichts zu &#x017F;agen, denn die Herrn<lb/>
Fel&#x017F;enburger wi&#x017F;&#x017F;en au&#x017F;er dem &#x017F;chon be&#x017F;&#x017F;er, wie?<lb/>
wann? wo? und welcher Ge&#x017F;talt &#x017F;ie uns ange-<lb/>
troffen haben.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;es eintzige aber will ich nur noch melden,<lb/>
daß der ehrliche Jude <hi rendition="#aq">Rabbi Mo&#x017F;es,</hi> wie er &#x017F;ich<lb/>
nennete, mit &#x017F;einem &#x017F;ilberfarbenen an&#x017F;ehnlichen<lb/>
Barte, auch &#x017F;o wohl wie andere ohnba&#x0364;rtige zugleich<lb/>
mit er&#x017F;auffen mu&#x017F;te. Es gieng &#x017F;o wohl <hi rendition="#aq">Mirza-<lb/>
man</hi>den, als mir &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck &#x017F;ehr nahe, weilen er<lb/>
uns auf der Rei&#x017F;e viele Gefa&#x0364;lligkeiten erwie&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;onderlich aber auf der Jn&#x017F;ul <hi rendition="#aq">Ceylon,</hi> denn er<lb/>
fu&#x0364;hrete uns, weil wir des <hi rendition="#aq">Urbani</hi> Reden nach, eine<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Begierde bezeugten, des <hi rendition="#aq">Adams-</hi>Grab zu<lb/>
&#x017F;ehen, (welche Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit aber der gute <hi rendition="#aq">Urba-<lb/>
nus</hi> nicht erleben ko&#x0364;nnen) an dem Fu&#x017F;&#x017F;e eines Ber-<lb/>
ges, welcher in der Land&#x017F;chafft <hi rendition="#aq">Matura</hi> liegt. Hie-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t fanden wir ein in einem Fel&#x017F;en gehauenes Be-<lb/>
gra&#x0364;bniß, und in &#x017F;elbigem einen Leichen-Stein, auf<lb/>
welchem die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Charact</hi>ers, oder unbekannten<lb/>
Buch&#x017F;taben, zu &#x017F;ehen, wie mir denn der Jude die-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elben</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[508/0518] fuͤhrete, ſo beſchloſſen wir gleich, der See nicht weiter zu trauen, und wenn auch das Schiff ſchon ausgebeſſert wuͤrde, ſondern viel lieber an dieſem ſchoͤnen Orte von Kraͤutern, Wurtzeln und aller- ley Baum-Fruͤchten uns ſo lange zu ernaͤhren, biß der Himmel ſich unſerer erbarmte, und Gelegen- heit zu einem beſſern Zuſtande an die Hand gaͤbe. Der Himmel hat uns nicht fallen laſſen, denn wir fanden unvermutheter Weiſe die Felſen- Schlufft, durch welche wir alle 3. benebſt dem Loͤ- wen auf Haͤnden und Fuͤſſen hinauf krochen, wei- ter habe ich vorjetzo nichts zu ſagen, denn die Herrn Felſenburger wiſſen auſer dem ſchon beſſer, wie? wann? wo? und welcher Geſtalt ſie uns ange- troffen haben. Dieſes eintzige aber will ich nur noch melden, daß der ehrliche Jude Rabbi Moſes, wie er ſich nennete, mit ſeinem ſilberfarbenen anſehnlichen Barte, auch ſo wohl wie andere ohnbaͤrtige zugleich mit erſauffen muſte. Es gieng ſo wohl Mirza- manden, als mir ſein Ungluͤck ſehr nahe, weilen er uns auf der Reiſe viele Gefaͤlligkeiten erwieſen, ſonderlich aber auf der Jnſul Ceylon, denn er fuͤhrete uns, weil wir des Urbani Reden nach, eine groſſe Begierde bezeugten, des Adams-Grab zu ſehen, (welche Gluͤckſeeligkeit aber der gute Urba- nus nicht erleben koͤnnen) an dem Fuſſe eines Ber- ges, welcher in der Landſchafft Matura liegt. Hie- ſelbſt fanden wir ein in einem Felſen gehauenes Be- graͤbniß, und in ſelbigem einen Leichen-Stein, auf welchem dieſe Characters, oder unbekannten Buchſtaben, zu ſehen, wie mir denn der Jude die- ſelben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/518
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/518>, abgerufen am 06.06.2024.