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Schoch, Johann Georg: Comoedia Vom Studenten-Leben. Leipzig, 1658.

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meynen (ich sage) ich wil nicht vermeynen/ daß er
das Feuer/ welches mein Herr allhier vor langer
Zeit angezündets in ihm so bald werde haben erle-
schen lassen? Mein Herr vergebe mir/ daß ich also
rede/ die Liebe macht mich also zu reden. Er wähne
nicht/ daß eintzige Abwesenheit meine Liebe vertil-
gen könte/ sie ist ein wenig zu feste gegründet. We-
re seine vergnügliche Gegenwart mir nicht so er-
freulich gewesen/ so were mir dessen Abwesenheit
nicht so unerträglich worden. Wie lieb es mir
demnach gewesen/ nach dem es sich bey Anwesen-
heit seiner angelassen/ als hette das wiederwertige
Glück nun noch einmahl Stillestand mit mir ge-
troffen/ kan ich nicht sagen/ und wiewol es uns
noch inständig anfeindet/ so wird doch die Lieblig-
keit der Liebe/ dessen Grausamkeit über winden
und dahin zwingen/ daß es uns endlichen noch die
Zufriedenheit vergünstigen müsse. Wie? zweifelt
mein Hertzallerliebster/ als ob ich umb desto we-
niger beständig liebe? ob gleich das Feuer brün-
stiger Begierden eine Zeitlang von nichts anders
als den Winden gäntzlicher Verzweifelung ange-
blasen worden/ so wird es doch noch auff gutem
Grund gewündschter Glückseeligkeit zu anckern
kommen. So vergewissere mich denn nun/ mein
Besitzer/ seiner völligen Gunst umb meine Be-
friedenheit zu befriedigen. Er soll erfahren/ daß
seine Liebe nicht schlechtlich angewendet/ viel we-
niger meine Hoffnung übel gegründet gewesen.
Er
H
meynen (ich ſage) ich wil nicht vermeynen/ daß er
das Feuer/ welches mein Herr allhier vor langer
Zeit angezuͤndets in ihm ſo bald werde haben erle-
ſchen laſſen? Mein Herr vergebe mir/ daß ich alſo
rede/ die Liebe macht mich alſo zu reden. Er waͤhne
nicht/ daß eintzige Abweſenheit meine Liebe vertil-
gen koͤnte/ ſie iſt ein wenig zu feſte gegruͤndet. We-
re ſeine vergnuͤgliche Gegenwart mir nicht ſo er-
freulich geweſen/ ſo were mir deſſen Abweſenheit
nicht ſo unertraͤglich worden. Wie lieb es mir
demnach geweſen/ nach dem es ſich bey Anweſen-
heit ſeiner angelaſſen/ als hette das wiederwertige
Gluͤck nun noch einmahl Stilleſtand mit mir ge-
troffen/ kan ich nicht ſagen/ und wiewol es uns
noch inſtaͤndig anfeindet/ ſo wird doch die Lieblig-
keit der Liebe/ deſſen Grauſamkeit uͤber winden
und dahin zwingen/ daß es uns endlichen noch die
Zufriedenheit verguͤnſtigen muͤſſe. Wie? zweifelt
mein Hertzallerliebſter/ als ob ich umb deſto we-
niger beſtaͤndig liebe? ob gleich das Feuer bruͤn-
ſtiger Begierden eine Zeitlang von nichts anders
als den Winden gaͤntzlicher Verzweifelung ange-
blaſen worden/ ſo wird es doch noch auff gutem
Grund gewuͤndſchter Gluͤckſeeligkeit zu anckern
kommen. So vergewiſſere mich denn nun/ mein
Beſitzer/ ſeiner voͤlligen Gunſt umb meine Be-
friedenheit zu befriedigen. Er ſoll erfahren/ daß
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niger meine Hoffnung uͤbel gegruͤndet geweſen.
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[0115] meynen (ich ſage) ich wil nicht vermeynen/ daß er das Feuer/ welches mein Herr allhier vor langer Zeit angezuͤndets in ihm ſo bald werde haben erle- ſchen laſſen? Mein Herr vergebe mir/ daß ich alſo rede/ die Liebe macht mich alſo zu reden. Er waͤhne nicht/ daß eintzige Abweſenheit meine Liebe vertil- gen koͤnte/ ſie iſt ein wenig zu feſte gegruͤndet. We- re ſeine vergnuͤgliche Gegenwart mir nicht ſo er- freulich geweſen/ ſo were mir deſſen Abweſenheit nicht ſo unertraͤglich worden. Wie lieb es mir demnach geweſen/ nach dem es ſich bey Anweſen- heit ſeiner angelaſſen/ als hette das wiederwertige Gluͤck nun noch einmahl Stilleſtand mit mir ge- troffen/ kan ich nicht ſagen/ und wiewol es uns noch inſtaͤndig anfeindet/ ſo wird doch die Lieblig- keit der Liebe/ deſſen Grauſamkeit uͤber winden und dahin zwingen/ daß es uns endlichen noch die Zufriedenheit verguͤnſtigen muͤſſe. Wie? zweifelt mein Hertzallerliebſter/ als ob ich umb deſto we- niger beſtaͤndig liebe? ob gleich das Feuer bruͤn- ſtiger Begierden eine Zeitlang von nichts anders als den Winden gaͤntzlicher Verzweifelung ange- blaſen worden/ ſo wird es doch noch auff gutem Grund gewuͤndſchter Gluͤckſeeligkeit zu anckern kommen. So vergewiſſere mich denn nun/ mein Beſitzer/ ſeiner voͤlligen Gunſt umb meine Be- friedenheit zu befriedigen. Er ſoll erfahren/ daß ſeine Liebe nicht ſchlechtlich angewendet/ viel we- niger meine Hoffnung uͤbel gegruͤndet geweſen. Er H

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Zitationshilfe: Schoch, Johann Georg: Comoedia Vom Studenten-Leben. Leipzig, 1658, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoch_comoedia_1658/115>, abgerufen am 02.05.2024.