Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Lu

Hat der Frühling einen stinkenden Athem?
Das sich gefallen ist nichts weniger, als ein Gal-
licismus.

Lyke.

Hier ist eine entsetzliche Lyke!

"welche graeßliche lyke mit eingestyrze-
tem rande,

"wie der gehnende schlund des pardels mit

Zaehnen umzaeunt. Jac. u. Jos. 84 S.

Eine feine lyke! ein feiner Rand! ein feiner
Schlund! ein feiner Zaun! Jst der Parder oder
der Schlund mit Zähnen umzäunet? Diese Zwey-
deutigkeit ist eine angenehme und nothwendige Fol-
ge der deutschen Mittelwörter, wie wir schon
oben erwähnet haben; und desto mehr nachzuah-
men, je doppelsinniger es einen Vers machet.

Lus war Stadtsyndicus in der Residenz Sr.

Nimrodischen Majestät; welches ich zur
Verheutigung zu zählen bitte. Es ist eine Fi-
gur, die der Herr Magister vollkommen in sei-
ner Gewalt hat. Nimrod, 153 S.

Einschaltung, oder Anhang zum Lächler.

Es war eben, wie Heinrich von Alkmar sa-
get, an einem Pfingsttage, als man Wälder und
Felder mit Laub und Gras gezieret sah; und man-
cher Vogel sich in Gebüschen und auf Bäumen
mit seinem Gesange fröhlich bezeugte. Die Kräu-
ter und Blumen sproßten überall hervor, und ga-
ben den lieblichsten Duft von sich. Der Tag war
heiter, und das Wetter schön: wir ergetzten uns
daran; wir hatten eben unser Fenster auf, und

dachten
S 4
Lu

Hat der Fruͤhling einen ſtinkenden Athem?
Das ſich gefallen iſt nichts weniger, als ein Gal-
liciſmus.

Lyke.

Hier iſt eine entſetzliche Lyke!

welche græßliche lyke mit eingeſtyrze-
tem rande,

“wie der gehnende ſchlund des pardels mit

Zæhnen umzæunt. Jac. u. Joſ. 84 S.

Eine feine lyke! ein feiner Rand! ein feiner
Schlund! ein feiner Zaun! Jſt der Parder oder
der Schlund mit Zaͤhnen umzaͤunet? Dieſe Zwey-
deutigkeit iſt eine angenehme und nothwendige Fol-
ge der deutſchen Mittelwoͤrter, wie wir ſchon
oben erwaͤhnet haben; und deſto mehr nachzuah-
men, je doppelſinniger es einen Vers machet.

Lus war Stadtſyndicus in der Reſidenz Sr.

Nimrodiſchen Majeſtaͤt; welches ich zur
Verheutigung zu zaͤhlen bitte. Es iſt eine Fi-
gur, die der Herr Magiſter vollkommen in ſei-
ner Gewalt hat. Nimrod, 153 S.

Einſchaltung, oder Anhang zum Laͤchler.

Es war eben, wie Heinrich von Alkmar ſa-
get, an einem Pfingſttage, als man Waͤlder und
Felder mit Laub und Gras gezieret ſah; und man-
cher Vogel ſich in Gebuͤſchen und auf Baͤumen
mit ſeinem Geſange froͤhlich bezeugte. Die Kraͤu-
ter und Blumen ſproßten uͤberall hervor, und ga-
ben den lieblichſten Duft von ſich. Der Tag war
heiter, und das Wetter ſchoͤn: wir ergetzten uns
daran; wir hatten eben unſer Fenſter auf, und

dachten
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0305" n="279"/>
            <fw place="top" type="header">Lu</fw><lb/>
            <p>Hat der <hi rendition="#fr">Fru&#x0364;hling einen &#x017F;tinkenden Athem?</hi><lb/>
Das <hi rendition="#fr">&#x017F;ich gefallen</hi> i&#x017F;t nichts weniger, als ein <hi rendition="#fr">Gal-<lb/>
lici&#x017F;mus.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Lyke.</hi> </hi> </head>
            <p>Hier i&#x017F;t eine ent&#x017F;etzliche <hi rendition="#fr">Lyke!</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201C;<hi rendition="#aq">welche <hi rendition="#i">græßliche lyke</hi> mit <hi rendition="#i">einge&#x017F;tyrze-<lb/><hi rendition="#et">tem rande,</hi></hi><lb/>
&#x201C;wie der <hi rendition="#i">gehnende &#x017F;chlund</hi> des <hi rendition="#i">pardels</hi> mit</hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Zæhnen umzæunt.</hi></hi><hi rendition="#fr">Jac. u. Jo&#x017F;. 84 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Eine feine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">lyke!</hi></hi> ein feiner <hi rendition="#fr">Rand!</hi> ein feiner<lb/><hi rendition="#fr">Schlund!</hi> ein feiner <hi rendition="#fr">Zaun!</hi> J&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Parder</hi> oder<lb/>
der <hi rendition="#fr">Schlund</hi> mit <hi rendition="#fr">Za&#x0364;hnen umza&#x0364;unet?</hi> Die&#x017F;e Zwey-<lb/>
deutigkeit i&#x017F;t eine angenehme und nothwendige Fol-<lb/>
ge der <hi rendition="#fr">deut&#x017F;chen Mittelwo&#x0364;rter,</hi> wie wir &#x017F;chon<lb/>
oben erwa&#x0364;hnet haben; und de&#x017F;to mehr nachzuah-<lb/>
men, je doppel&#x017F;inniger es einen Vers machet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Lus war Stadt&#x017F;yndicus in der Re&#x017F;idenz Sr.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Nimrodi&#x017F;chen Maje&#x017F;ta&#x0364;t;</hi> welches ich zur<lb/><hi rendition="#fr">Verheutigung</hi> zu za&#x0364;hlen bitte. Es i&#x017F;t eine Fi-<lb/>
gur, die der <hi rendition="#fr">Herr Magi&#x017F;ter</hi> vollkommen in &#x017F;ei-<lb/>
ner Gewalt hat. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Nimrod, 153 S.</hi></hi></p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Ein&#x017F;chaltung,</hi> oder <hi rendition="#fr">Anhang zum La&#x0364;chler.</hi></p><lb/>
            <p>Es war eben, wie <hi rendition="#fr">Heinrich von Alkmar</hi> &#x017F;a-<lb/>
get, an einem Pfing&#x017F;ttage, als man Wa&#x0364;lder und<lb/>
Felder mit Laub und Gras gezieret &#x017F;ah; und man-<lb/>
cher Vogel &#x017F;ich in Gebu&#x0364;&#x017F;chen und auf Ba&#x0364;umen<lb/>
mit &#x017F;einem Ge&#x017F;ange fro&#x0364;hlich bezeugte. Die Kra&#x0364;u-<lb/>
ter und Blumen &#x017F;proßten u&#x0364;berall hervor, und ga-<lb/>
ben den lieblich&#x017F;ten Duft von &#x017F;ich. Der Tag war<lb/>
heiter, und das Wetter &#x017F;cho&#x0364;n: wir ergetzten uns<lb/>
daran; wir hatten eben un&#x017F;er Fen&#x017F;ter auf, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 4</fw><fw place="bottom" type="catch">dachten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0305] Lu Hat der Fruͤhling einen ſtinkenden Athem? Das ſich gefallen iſt nichts weniger, als ein Gal- liciſmus. Lyke. Hier iſt eine entſetzliche Lyke! “welche græßliche lyke mit eingeſtyrze- tem rande, “wie der gehnende ſchlund des pardels mit Zæhnen umzæunt. Jac. u. Joſ. 84 S. Eine feine lyke! ein feiner Rand! ein feiner Schlund! ein feiner Zaun! Jſt der Parder oder der Schlund mit Zaͤhnen umzaͤunet? Dieſe Zwey- deutigkeit iſt eine angenehme und nothwendige Fol- ge der deutſchen Mittelwoͤrter, wie wir ſchon oben erwaͤhnet haben; und deſto mehr nachzuah- men, je doppelſinniger es einen Vers machet. Lus war Stadtſyndicus in der Reſidenz Sr. Nimrodiſchen Majeſtaͤt; welches ich zur Verheutigung zu zaͤhlen bitte. Es iſt eine Fi- gur, die der Herr Magiſter vollkommen in ſei- ner Gewalt hat. Nimrod, 153 S. Einſchaltung, oder Anhang zum Laͤchler. Es war eben, wie Heinrich von Alkmar ſa- get, an einem Pfingſttage, als man Waͤlder und Felder mit Laub und Gras gezieret ſah; und man- cher Vogel ſich in Gebuͤſchen und auf Baͤumen mit ſeinem Geſange froͤhlich bezeugte. Die Kraͤu- ter und Blumen ſproßten uͤberall hervor, und ga- ben den lieblichſten Duft von ſich. Der Tag war heiter, und das Wetter ſchoͤn: wir ergetzten uns daran; wir hatten eben unſer Fenſter auf, und dachten S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/305
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/305>, abgerufen am 30.04.2024.