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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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allein schon an zehn Tausend Bewohner und die dop-
pelte, ja wohl gar die dreifache Anzahl von Mor-
mons lebte in der Umgegend und in den angrenzen-
den Staaten zerstreut umher, denn selten hat sich
wohl je eine andere Religionssecte so schnell ausge-
breitet, als der Mormonismus.

Nach zwei Jahren, als eben der große Tempel
vollendet war, trat Joe Smith bereits als eine Macht
auf und der damalige Gouverneur von Jllinois, Car-
lin,
ein etwas schwacher Mann, sah sich gezwungen,
Notiz von ihm zu nehmen und ihn sich durch Ver-
leihung von Aemtern und Würden zum Freunde zu
machen. Joe Smith wurde zum Generallieutenant
der Miliz des Staates Jllinois ernannt und Carlin,
der Gouverneur, drückte selbst die Augen zu, als er
wahrnahm, daß der Mormon-Prophet außerdem noch
ein stehendes Heer organisirte und Männer von Ruf
und Talent an sich zog, um es unter seinem Ober-
befehl auszubilden. Diese sogenannte Nauvoo-Legion
zählte bald funfzehn Hundert Köpfe und außerdem gab
es noch eine Art von Leibgarde, die den seltsamen
Namen der Danites führte und der die Bewachung
des Tempels und der geheiligten Person des Prophe-
ten anvertraut war.

Es dürfte an der Zeit seyn, einige Worte über
den neuerbauten großen Tempel der Mormons, der

allein ſchon an zehn Tauſend Bewohner und die dop-
pelte, ja wohl gar die dreifache Anzahl von Mor-
mons lebte in der Umgegend und in den angrenzen-
den Staaten zerſtreut umher, denn ſelten hat ſich
wohl je eine andere Religionsſecte ſo ſchnell ausge-
breitet, als der Mormonismus.

Nach zwei Jahren, als eben der große Tempel
vollendet war, trat Joe Smith bereits als eine Macht
auf und der damalige Gouverneur von Jllinois, Car-
lin,
ein etwas ſchwacher Mann, ſah ſich gezwungen,
Notiz von ihm zu nehmen und ihn ſich durch Ver-
leihung von Aemtern und Würden zum Freunde zu
machen. Joe Smith wurde zum Generallieutenant
der Miliz des Staates Jllinois ernannt und Carlin,
der Gouverneur, drückte ſelbſt die Augen zu, als er
wahrnahm, daß der Mormon-Prophet außerdem noch
ein ſtehendes Heer organiſirte und Männer von Ruf
und Talent an ſich zog, um es unter ſeinem Ober-
befehl auszubilden. Dieſe ſogenannte Nauvoo-Legion
zählte bald funfzehn Hundert Köpfe und außerdem gab
es noch eine Art von Leibgarde, die den ſeltſamen
Namen der Danites führte und der die Bewachung
des Tempels und der geheiligten Perſon des Prophe-
ten anvertraut war.

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[70/0078] allein ſchon an zehn Tauſend Bewohner und die dop- pelte, ja wohl gar die dreifache Anzahl von Mor- mons lebte in der Umgegend und in den angrenzen- den Staaten zerſtreut umher, denn ſelten hat ſich wohl je eine andere Religionsſecte ſo ſchnell ausge- breitet, als der Mormonismus. Nach zwei Jahren, als eben der große Tempel vollendet war, trat Joe Smith bereits als eine Macht auf und der damalige Gouverneur von Jllinois, Car- lin, ein etwas ſchwacher Mann, ſah ſich gezwungen, Notiz von ihm zu nehmen und ihn ſich durch Ver- leihung von Aemtern und Würden zum Freunde zu machen. Joe Smith wurde zum Generallieutenant der Miliz des Staates Jllinois ernannt und Carlin, der Gouverneur, drückte ſelbſt die Augen zu, als er wahrnahm, daß der Mormon-Prophet außerdem noch ein ſtehendes Heer organiſirte und Männer von Ruf und Talent an ſich zog, um es unter ſeinem Ober- befehl auszubilden. Dieſe ſogenannte Nauvoo-Legion zählte bald funfzehn Hundert Köpfe und außerdem gab es noch eine Art von Leibgarde, die den ſeltſamen Namen der Danites führte und der die Bewachung des Tempels und der geheiligten Perſon des Prophe- ten anvertraut war. Es dürfte an der Zeit ſeyn, einige Worte über den neuerbauten großen Tempel der Mormons, der

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/78>, abgerufen am 07.05.2024.