Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

sich über die Vergangenheit beruhigen und mit Zuver-
sicht in die Zukunft blicken. Nicht nur hatte Arnold
sich von seinem Falle erhoben, sondern er war geläu-
terter, veredelter aus der Prüfungszeit hervorgegangen
und sein Gewissen hatte eine Zartheit erhalten, daß
er sich auch das kleinste Versehen zum schweren Feh-
ler, ja zur Sünde anrechnete.

Seine Kenntnisse und Talente hatten ihm den
Weg zu einem genügenden Auskommen gebahnt. Jm
Militärstande aufgewachsen und sich mit großer Vor-
liebe den mathematischen und geometrischen Studien
widmend, konnte es nicht fehlen, daß er für Joe
Smith der rechte Mann seyn mußte, um diesem bei
seinen vielen neuen Anlagen, Vermessungen u. s. w.
trefflich an die Hand zu gehen. Trotz dem war das
Verhältniß beider Männer bis dahin so geblieben, daß
Keiner an den Andern gebunden war und Jeder seine
volle Freiheit bewahrt hatte. Arnold wurde für die
der Colonie geleisteten Dienste anständig von dem
Oberhaupte der Mormons bezahlt, aber nichts nö-
thigte ihn, als sein eigener Wille, sie zu leisten und
er durfte sich vollkommen als den Herrn seiner Zeit
ansehen, durfte kommen oder gehen, wie es ihm ge-
fiel, eine Ungebundenheit, die ihm um so mehr zu-
sagte, da Abhängigkeit von einem Manne, den er
verachtete, für seinen stolzen und wahrheitsliebenden

ſich über die Vergangenheit beruhigen und mit Zuver-
ſicht in die Zukunft blicken. Nicht nur hatte Arnold
ſich von ſeinem Falle erhoben, ſondern er war geläu-
terter, veredelter aus der Prüfungszeit hervorgegangen
und ſein Gewiſſen hatte eine Zartheit erhalten, daß
er ſich auch das kleinſte Verſehen zum ſchweren Feh-
ler, ja zur Sünde anrechnete.

Seine Kenntniſſe und Talente hatten ihm den
Weg zu einem genügenden Auskommen gebahnt. Jm
Militärſtande aufgewachſen und ſich mit großer Vor-
liebe den mathematiſchen und geometriſchen Studien
widmend, konnte es nicht fehlen, daß er für Joe
Smith der rechte Mann ſeyn mußte, um dieſem bei
ſeinen vielen neuen Anlagen, Vermeſſungen u. ſ. w.
trefflich an die Hand zu gehen. Trotz dem war das
Verhältniß beider Männer bis dahin ſo geblieben, daß
Keiner an den Andern gebunden war und Jeder ſeine
volle Freiheit bewahrt hatte. Arnold wurde für die
der Colonie geleiſteten Dienſte anſtändig von dem
Oberhaupte der Mormons bezahlt, aber nichts nö-
thigte ihn, als ſein eigener Wille, ſie zu leiſten und
er durfte ſich vollkommen als den Herrn ſeiner Zeit
anſehen, durfte kommen oder gehen, wie es ihm ge-
fiel, eine Ungebundenheit, die ihm um ſo mehr zu-
ſagte, da Abhängigkeit von einem Manne, den er
verachtete, für ſeinen ſtolzen und wahrheitsliebenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="74"/>
&#x017F;ich über die Vergangenheit beruhigen und mit Zuver-<lb/>
&#x017F;icht in die Zukunft blicken. Nicht nur hatte Arnold<lb/>
&#x017F;ich von &#x017F;einem Falle erhoben, &#x017F;ondern er war geläu-<lb/>
terter, veredelter aus der Prüfungszeit hervorgegangen<lb/>
und &#x017F;ein Gewi&#x017F;&#x017F;en hatte eine Zartheit erhalten, daß<lb/>
er &#x017F;ich auch das klein&#x017F;te Ver&#x017F;ehen zum &#x017F;chweren Feh-<lb/>
ler, ja zur Sünde anrechnete.</p><lb/>
        <p>Seine Kenntni&#x017F;&#x017F;e und Talente hatten ihm den<lb/>
Weg zu einem genügenden Auskommen gebahnt. Jm<lb/>
Militär&#x017F;tande aufgewach&#x017F;en und &#x017F;ich mit großer Vor-<lb/>
liebe den mathemati&#x017F;chen und geometri&#x017F;chen Studien<lb/>
widmend, konnte es nicht fehlen, daß er für Joe<lb/>
Smith der rechte Mann &#x017F;eyn mußte, um die&#x017F;em bei<lb/>
&#x017F;einen vielen neuen Anlagen, Verme&#x017F;&#x017F;ungen u. &#x017F;. w.<lb/>
trefflich an die Hand zu gehen. Trotz dem war das<lb/>
Verhältniß beider Männer bis dahin &#x017F;o geblieben, daß<lb/>
Keiner an den Andern gebunden war und Jeder &#x017F;eine<lb/>
volle Freiheit bewahrt hatte. Arnold wurde für die<lb/>
der Colonie gelei&#x017F;teten Dien&#x017F;te an&#x017F;tändig von dem<lb/>
Oberhaupte der Mormons bezahlt, aber nichts nö-<lb/>
thigte ihn, als &#x017F;ein eigener Wille, &#x017F;ie zu lei&#x017F;ten und<lb/>
er durfte &#x017F;ich vollkommen als den Herrn &#x017F;einer Zeit<lb/>
an&#x017F;ehen, durfte kommen oder gehen, wie es ihm ge-<lb/>
fiel, eine Ungebundenheit, die ihm um &#x017F;o mehr zu-<lb/>
&#x017F;agte, da Abhängigkeit von einem Manne, den er<lb/>
verachtete, für &#x017F;einen &#x017F;tolzen und wahrheitsliebenden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0082] ſich über die Vergangenheit beruhigen und mit Zuver- ſicht in die Zukunft blicken. Nicht nur hatte Arnold ſich von ſeinem Falle erhoben, ſondern er war geläu- terter, veredelter aus der Prüfungszeit hervorgegangen und ſein Gewiſſen hatte eine Zartheit erhalten, daß er ſich auch das kleinſte Verſehen zum ſchweren Feh- ler, ja zur Sünde anrechnete. Seine Kenntniſſe und Talente hatten ihm den Weg zu einem genügenden Auskommen gebahnt. Jm Militärſtande aufgewachſen und ſich mit großer Vor- liebe den mathematiſchen und geometriſchen Studien widmend, konnte es nicht fehlen, daß er für Joe Smith der rechte Mann ſeyn mußte, um dieſem bei ſeinen vielen neuen Anlagen, Vermeſſungen u. ſ. w. trefflich an die Hand zu gehen. Trotz dem war das Verhältniß beider Männer bis dahin ſo geblieben, daß Keiner an den Andern gebunden war und Jeder ſeine volle Freiheit bewahrt hatte. Arnold wurde für die der Colonie geleiſteten Dienſte anſtändig von dem Oberhaupte der Mormons bezahlt, aber nichts nö- thigte ihn, als ſein eigener Wille, ſie zu leiſten und er durfte ſich vollkommen als den Herrn ſeiner Zeit anſehen, durfte kommen oder gehen, wie es ihm ge- fiel, eine Ungebundenheit, die ihm um ſo mehr zu- ſagte, da Abhängigkeit von einem Manne, den er verachtete, für ſeinen ſtolzen und wahrheitsliebenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/82
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/82>, abgerufen am 07.05.2024.