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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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8. -- 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE.
häufigsten wird das Arbeiten in der Dämmerungszeit
verderblich;

eine zitternde Bewegung des Gegenstandes der Arbeit,
wobei das Auge in einer die Sehkraft bald erschöpfenden
Weise sich fortwährend abmühen muss, den Punkt des
deutlichen Sehens (der Seh-Axe) festzuhalten; dies ist
besonders der Fall beim Lesen im Fahren, jetzt na-
mentlich auf den Eisenbahnen.

Dagegen stärkend und die Sehkraft erhaltend sind fol-
gende Einflüsse:

die richtige Abwechselung von Nah- und Fernsehen
bei entsprechendem Beleuchtungsgrade, sowie von mäs-
sig anstrengendem und ausruhendem Gebrauche der
Sehkraft, so dass anstrengendere Augenarbeiten stets
durch öftere und regelmässige Erholungspausen unter-
brochen werden; man gewöhne die Kinder an Selbst-
beachtung der ersten Spuren von Augenmüdigkeit oder
von jenem bekannten leicht brennenden Ueberreizungs-
gefühle: in letzterem Falle besonders sind, nächst Ruhe,
Bähungen der Augen von mässig frischem Wasser
empfehlenswerth;

häufige Sehübungen über mild beleuchtete grüne Flächen
entlang, mit scharfer Fixirung entfernter, eben noch er-
kennbarer Gegenstände, z. B. der Blick über Wiesen hin-
weg nach einzelnen Büschen oder Bäumen; daher haben
Jäger und Hirten oft noch bis in's hohe Alter die schärfste
Sehkraft; ebenso Sehübungen in der Nähe, wie gründ-
liche Anschauungen und Vergleiche kleiner Gegenstände,
z. B. verschiedener Pflanzenblätter untereinander u. dgl.

Ausnehmend wichtig ist es, dass da, wo die Augen schon
in der Jugend etwas zu wünschen übrig lassen, diesem Um-
stande bei der Wahl des Berufes volle Rechnung getra-
gen wird.

Das von aussen her bei weitem weniger gefährdete Ge-
hörorgan
bedarf zu seiner Erhaltung nur Schonung vor
Ueberreizung durch plötzliche, zu heftige oder durch anhal-
tende nervenerschütternde Töne und sodann öftere Reini-

8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE.
häufigsten wird das Arbeiten in der Dämmerungszeit
verderblich;

eine zitternde Bewegung des Gegenstandes der Arbeit,
wobei das Auge in einer die Sehkraft bald erschöpfenden
Weise sich fortwährend abmühen muss, den Punkt des
deutlichen Sehens (der Seh-Axe) festzuhalten; dies ist
besonders der Fall beim Lesen im Fahren, jetzt na-
mentlich auf den Eisenbahnen.

Dagegen stärkend und die Sehkraft erhaltend sind fol-
gende Einflüsse:

die richtige Abwechselung von Nah- und Fernsehen
bei entsprechendem Beleuchtungsgrade, sowie von mäs-
sig anstrengendem und ausruhendem Gebrauche der
Sehkraft, so dass anstrengendere Augenarbeiten stets
durch öftere und regelmässige Erholungspausen unter-
brochen werden; man gewöhne die Kinder an Selbst-
beachtung der ersten Spuren von Augenmüdigkeit oder
von jenem bekannten leicht brennenden Ueberreizungs-
gefühle: in letzterem Falle besonders sind, nächst Ruhe,
Bähungen der Augen von mässig frischem Wasser
empfehlenswerth;

häufige Sehübungen über mild beleuchtete grüne Flächen
entlang, mit scharfer Fixirung entfernter, eben noch er-
kennbarer Gegenstände, z. B. der Blick über Wiesen hin-
weg nach einzelnen Büschen oder Bäumen; daher haben
Jäger und Hirten oft noch bis in's hohe Alter die schärfste
Sehkraft; ebenso Sehübungen in der Nähe, wie gründ-
liche Anschauungen und Vergleiche kleiner Gegenstände,
z. B. verschiedener Pflanzenblätter untereinander u. dgl.

Ausnehmend wichtig ist es, dass da, wo die Augen schon
in der Jugend etwas zu wünschen übrig lassen, diesem Um-
stande bei der Wahl des Berufes volle Rechnung getra-
gen wird.

Das von aussen her bei weitem weniger gefährdete Ge-
hörorgan
bedarf zu seiner Erhaltung nur Schonung vor
Ueberreizung durch plötzliche, zu heftige oder durch anhal-
tende nervenerschütternde Töne und sodann öftere Reini-

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[215/0219] 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE. häufigsten wird das Arbeiten in der Dämmerungszeit verderblich; eine zitternde Bewegung des Gegenstandes der Arbeit, wobei das Auge in einer die Sehkraft bald erschöpfenden Weise sich fortwährend abmühen muss, den Punkt des deutlichen Sehens (der Seh-Axe) festzuhalten; dies ist besonders der Fall beim Lesen im Fahren, jetzt na- mentlich auf den Eisenbahnen. Dagegen stärkend und die Sehkraft erhaltend sind fol- gende Einflüsse: die richtige Abwechselung von Nah- und Fernsehen bei entsprechendem Beleuchtungsgrade, sowie von mäs- sig anstrengendem und ausruhendem Gebrauche der Sehkraft, so dass anstrengendere Augenarbeiten stets durch öftere und regelmässige Erholungspausen unter- brochen werden; man gewöhne die Kinder an Selbst- beachtung der ersten Spuren von Augenmüdigkeit oder von jenem bekannten leicht brennenden Ueberreizungs- gefühle: in letzterem Falle besonders sind, nächst Ruhe, Bähungen der Augen von mässig frischem Wasser empfehlenswerth; häufige Sehübungen über mild beleuchtete grüne Flächen entlang, mit scharfer Fixirung entfernter, eben noch er- kennbarer Gegenstände, z. B. der Blick über Wiesen hin- weg nach einzelnen Büschen oder Bäumen; daher haben Jäger und Hirten oft noch bis in's hohe Alter die schärfste Sehkraft; ebenso Sehübungen in der Nähe, wie gründ- liche Anschauungen und Vergleiche kleiner Gegenstände, z. B. verschiedener Pflanzenblätter untereinander u. dgl. Ausnehmend wichtig ist es, dass da, wo die Augen schon in der Jugend etwas zu wünschen übrig lassen, diesem Um- stande bei der Wahl des Berufes volle Rechnung getra- gen wird. Das von aussen her bei weitem weniger gefährdete Ge- hörorgan bedarf zu seiner Erhaltung nur Schonung vor Ueberreizung durch plötzliche, zu heftige oder durch anhal- tende nervenerschütternde Töne und sodann öftere Reini-

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/219>, abgerufen am 30.04.2024.