Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sparen, vor meinen Augen roth zu werden, so gern ich sie auch erröthen sehe. -- Er flog zur Thür hinaus. Das ist brav, Herr Brink! sprach der Oberförster, und wahrlich noch mehr, als ich von Ihnen erwartete, was doch nicht wenig gesagt ist. -- Loben Sie mich nicht, Freund! erwiderte ich; er wollte für mich viel mehr thun. Was ist der Wunsch eines Mannes, der von dem Leben beinahe schon Abschied nimmt, gegen die erste Liebe zwei solcher Herzen? Gretchen kam, an Maxens Arm geschmiegt, zur Thür herein. Es war, als sollte ich für meine Selbstverläugnung durch den lieblichsten Anblick belohnt werden, denn ihre ganze Gestalt glühte von dem Ausdruck der holdesten Schamhaftigkeit. Die Farbe Ihrer Wangen, rief ich ihr entgegen, giebt mir Antwort auf Maxens Werbung. Ich habe nur noch Eins beizusetzen: in drei Wochen muß Hochzeit sein; Alles ist vorbereitet, sogar die Einwilligung Ihres Vormundes. -- Und nun, Gretchen, geben Sie mir den Arm als Brautvater, weil es nicht als Bräutigam geschehen konnte. Wir wollen heute Ihre jungfräuliche Wohnung zu dem glücklichen Aufenthalt einer kleinen Familie einweihen. Sie schien Ihnen zu weitläufig; hatte ich nicht Recht, als ich sagte: wer weiß, wozu das in der Folge gut ist? sparen, vor meinen Augen roth zu werden, so gern ich sie auch erröthen sehe. — Er flog zur Thür hinaus. Das ist brav, Herr Brink! sprach der Oberförster, und wahrlich noch mehr, als ich von Ihnen erwartete, was doch nicht wenig gesagt ist. — Loben Sie mich nicht, Freund! erwiderte ich; er wollte für mich viel mehr thun. Was ist der Wunsch eines Mannes, der von dem Leben beinahe schon Abschied nimmt, gegen die erste Liebe zwei solcher Herzen? Gretchen kam, an Maxens Arm geschmiegt, zur Thür herein. Es war, als sollte ich für meine Selbstverläugnung durch den lieblichsten Anblick belohnt werden, denn ihre ganze Gestalt glühte von dem Ausdruck der holdesten Schamhaftigkeit. Die Farbe Ihrer Wangen, rief ich ihr entgegen, giebt mir Antwort auf Maxens Werbung. Ich habe nur noch Eins beizusetzen: in drei Wochen muß Hochzeit sein; Alles ist vorbereitet, sogar die Einwilligung Ihres Vormundes. — Und nun, Gretchen, geben Sie mir den Arm als Brautvater, weil es nicht als Bräutigam geschehen konnte. Wir wollen heute Ihre jungfräuliche Wohnung zu dem glücklichen Aufenthalt einer kleinen Familie einweihen. Sie schien Ihnen zu weitläufig; hatte ich nicht Recht, als ich sagte: wer weiß, wozu das in der Folge gut ist? <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="18"> <p><pb facs="#f0096"/> sparen, vor meinen Augen roth zu werden, so gern ich sie auch erröthen sehe. — Er flog zur Thür hinaus.</p><lb/> <p>Das ist brav, Herr Brink! sprach der Oberförster, und wahrlich noch mehr, als ich von Ihnen erwartete, was doch nicht wenig gesagt ist. — Loben Sie mich nicht, Freund! erwiderte ich; er wollte für mich viel mehr thun. Was ist der Wunsch eines Mannes, der von dem Leben beinahe schon Abschied nimmt, gegen die erste Liebe zwei solcher Herzen?</p><lb/> <p>Gretchen kam, an Maxens Arm geschmiegt, zur Thür herein. Es war, als sollte ich für meine Selbstverläugnung durch den lieblichsten Anblick belohnt werden, denn ihre ganze Gestalt glühte von dem Ausdruck der holdesten Schamhaftigkeit. Die Farbe Ihrer Wangen, rief ich ihr entgegen, giebt mir Antwort auf Maxens Werbung. Ich habe nur noch Eins beizusetzen: in drei Wochen muß Hochzeit sein; Alles ist vorbereitet, sogar die Einwilligung Ihres Vormundes. — Und nun, Gretchen, geben Sie mir den Arm als Brautvater, weil es nicht als Bräutigam geschehen konnte. Wir wollen heute Ihre jungfräuliche Wohnung zu dem glücklichen Aufenthalt einer kleinen Familie einweihen. Sie schien Ihnen zu weitläufig; hatte ich nicht Recht, als ich sagte: wer weiß, wozu das in der Folge gut ist?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0096]
sparen, vor meinen Augen roth zu werden, so gern ich sie auch erröthen sehe. — Er flog zur Thür hinaus.
Das ist brav, Herr Brink! sprach der Oberförster, und wahrlich noch mehr, als ich von Ihnen erwartete, was doch nicht wenig gesagt ist. — Loben Sie mich nicht, Freund! erwiderte ich; er wollte für mich viel mehr thun. Was ist der Wunsch eines Mannes, der von dem Leben beinahe schon Abschied nimmt, gegen die erste Liebe zwei solcher Herzen?
Gretchen kam, an Maxens Arm geschmiegt, zur Thür herein. Es war, als sollte ich für meine Selbstverläugnung durch den lieblichsten Anblick belohnt werden, denn ihre ganze Gestalt glühte von dem Ausdruck der holdesten Schamhaftigkeit. Die Farbe Ihrer Wangen, rief ich ihr entgegen, giebt mir Antwort auf Maxens Werbung. Ich habe nur noch Eins beizusetzen: in drei Wochen muß Hochzeit sein; Alles ist vorbereitet, sogar die Einwilligung Ihres Vormundes. — Und nun, Gretchen, geben Sie mir den Arm als Brautvater, weil es nicht als Bräutigam geschehen konnte. Wir wollen heute Ihre jungfräuliche Wohnung zu dem glücklichen Aufenthalt einer kleinen Familie einweihen. Sie schien Ihnen zu weitläufig; hatte ich nicht Recht, als ich sagte: wer weiß, wozu das in der Folge gut ist?
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Zitationshilfe: | Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/96>, abgerufen am 16.06.2024. |