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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Exkurs über Klammern.
deutung dieser Namen ausserhalb des Textes auseinanderzusetzen, sei es in
vorgängiger Erklärung, sei es in nachträglicher Anmerkung zu dem-
selben, wo nicht in Form einer Einschaltung; sie gestattet, von dem,
was sie zu bedeuten hätten, im Zusammenhange des Textes zu reden.
Anstatt "z, welches b + c bedeutet" sagen wir sogar bequemer "(b + c)".

Fassen wir den Zweck der Klammern noch unter einem andern
Gesichtspunkt in's Auge. Sobald in einem Ausdruck mehrere Knüpfungs-
zeichen zu erblicken sind, fällt den Klammern die Aufgabe, die Mission
zu, die Succession oder Reihenfolge der betreffenden Operationen zu
regeln. Nach der Erklärung, welche unsre Operationen der identischen
Multiplikation und Addition gefunden haben, hat es nur einen Sinn,
zu verlangen, dass zwei Gebiete (zu einem dritten) verknüpft werden.
Es wäre aber sinnlos, etwa zu fordern, dass a, b und c gleichzeitig
durch Multiplikation und Addition verknüpft werden sollten. Wenn a
tempo a mit b multiplizirt und b mit c summirt werden sollte, was
sich ja in der That durch verschiedene Personen ausführen liesse, so
würden auch zwei Ergebnisse a · b und b + c resultiren. Zu einem Er-
gebnisse durch die beiden Rechnungen der Multiplikation und Addition
lassen sich die drei Gebiete nur vereinigen, wenn diese Rechnungen
nacheinander, successive, fortschreitend ausgeführt werden, und da frägt
es sich vor allem, in welcher Ordnung oder (Reihen-) Folge.

Wird zuerst b und c summirt, und hernach (mit dem Ergebnisse)
a multiplizirt, so entsteht a · (b + c).

Wird dagegen zuerst a mit b multiplizirt, und dann (zu dem Er-
gebnisse) c addirt, so entsteht (a · b) + c.

So wenig man ein Haus bauen und hernach erst die Steine
und Balken dazu liefern kann, so wenig kann man an einem Gebiete
eine Operation (sei es auch nur andeutungsweise) vollziehen, bevor
man (einen Namen für) dies Gebiet selbst hergestellt hat. Ehe man
es wenigstens gedacht, kann man nichts daran oder damit machen.
Auch "die Nürnberger hängen Keinen, sie hätten ihn denn zuvor".

Es ist darnach eine innerhalb einer Klammer vorgeschriebene
Operation jeweils vor derjenigen ausgeführt zu denken, welche an oder
mit dem Klammerausdruck selbst vollzogen werden sollte, deren Zeichen
also auch nur ausserhalb von dessen Klammer zu erblicken sein wird.
Man wird in einem jeden Bestandteil des Ausdrucks jeweils leicht die
innersten Klammern ausfindig machen, und für die Interpretation so-
wol als eventuell auch für die "Ausrechnung" von komplizirten Aus-
drücken, welche Klammern ev. in Klammerausdrücken und wieder in

Exkurs über Klammern.
deutung dieser Namen ausserhalb des Textes auseinanderzusetzen, sei es in
vorgängiger Erklärung, sei es in nachträglicher Anmerkung zu dem-
selben, wo nicht in Form einer Einschaltung; sie gestattet, von dem,
was sie zu bedeuten hätten, im Zusammenhange des Textes zu reden.
Anstatt „z, welches b + c bedeutet“ sagen wir sogar bequemer „(b + c)“.

Fassen wir den Zweck der Klammern noch unter einem andern
Gesichtspunkt in's Auge. Sobald in einem Ausdruck mehrere Knüpfungs-
zeichen zu erblicken sind, fällt den Klammern die Aufgabe, die Mission
zu, die Succession oder Reihenfolge der betreffenden Operationen zu
regeln. Nach der Erklärung, welche unsre Operationen der identischen
Multiplikation und Addition gefunden haben, hat es nur einen Sinn,
zu verlangen, dass zwei Gebiete (zu einem dritten) verknüpft werden.
Es wäre aber sinnlos, etwa zu fordern, dass a, b und c gleichzeitig
durch Multiplikation und Addition verknüpft werden sollten. Wenn a
tempo a mit b multiplizirt und b mit c summirt werden sollte, was
sich ja in der That durch verschiedene Personen ausführen liesse, so
würden auch zwei Ergebnisse a · b und b + c resultiren. Zu einem Er-
gebnisse durch die beiden Rechnungen der Multiplikation und Addition
lassen sich die drei Gebiete nur vereinigen, wenn diese Rechnungen
nacheinander, successive, fortschreitend ausgeführt werden, und da frägt
es sich vor allem, in welcher Ordnung oder (Reihen-) Folge.

Wird zuerst b und c summirt, und hernach (mit dem Ergebnisse)
a multiplizirt, so entsteht a · (b + c).

Wird dagegen zuerst a mit b multiplizirt, und dann (zu dem Er-
gebnisse) c addirt, so entsteht (a · b) + c.

So wenig man ein Haus bauen und hernach erst die Steine
und Balken dazu liefern kann, so wenig kann man an einem Gebiete
eine Operation (sei es auch nur andeutungsweise) vollziehen, bevor
man (einen Namen für) dies Gebiet selbst hergestellt hat. Ehe man
es wenigstens gedacht, kann man nichts daran oder damit machen.
Auch „die Nürnberger hängen Keinen, sie hätten ihn denn zuvor“.

Es ist darnach eine innerhalb einer Klammer vorgeschriebene
Operation jeweils vor derjenigen ausgeführt zu denken, welche an oder
mit dem Klammerausdruck selbst vollzogen werden sollte, deren Zeichen
also auch nur ausserhalb von dessen Klammer zu erblicken sein wird.
Man wird in einem jeden Bestandteil des Ausdrucks jeweils leicht die
innersten Klammern ausfindig machen, und für die Interpretation so-
wol als eventuell auch für die „Ausrechnung“ von komplizirten Aus-
drücken, welche Klammern ev. in Klammerausdrücken und wieder in

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[605/0625] Exkurs über Klammern. deutung dieser Namen ausserhalb des Textes auseinanderzusetzen, sei es in vorgängiger Erklärung, sei es in nachträglicher Anmerkung zu dem- selben, wo nicht in Form einer Einschaltung; sie gestattet, von dem, was sie zu bedeuten hätten, im Zusammenhange des Textes zu reden. Anstatt „z, welches b + c bedeutet“ sagen wir sogar bequemer „(b + c)“. Fassen wir den Zweck der Klammern noch unter einem andern Gesichtspunkt in's Auge. Sobald in einem Ausdruck mehrere Knüpfungs- zeichen zu erblicken sind, fällt den Klammern die Aufgabe, die Mission zu, die Succession oder Reihenfolge der betreffenden Operationen zu regeln. Nach der Erklärung, welche unsre Operationen der identischen Multiplikation und Addition gefunden haben, hat es nur einen Sinn, zu verlangen, dass zwei Gebiete (zu einem dritten) verknüpft werden. Es wäre aber sinnlos, etwa zu fordern, dass a, b und c gleichzeitig durch Multiplikation und Addition verknüpft werden sollten. Wenn a tempo a mit b multiplizirt und b mit c summirt werden sollte, was sich ja in der That durch verschiedene Personen ausführen liesse, so würden auch zwei Ergebnisse a · b und b + c resultiren. Zu einem Er- gebnisse durch die beiden Rechnungen der Multiplikation und Addition lassen sich die drei Gebiete nur vereinigen, wenn diese Rechnungen nacheinander, successive, fortschreitend ausgeführt werden, und da frägt es sich vor allem, in welcher Ordnung oder (Reihen-) Folge. Wird zuerst b und c summirt, und hernach (mit dem Ergebnisse) a multiplizirt, so entsteht a · (b + c). Wird dagegen zuerst a mit b multiplizirt, und dann (zu dem Er- gebnisse) c addirt, so entsteht (a · b) + c. So wenig man ein Haus bauen und hernach erst die Steine und Balken dazu liefern kann, so wenig kann man an einem Gebiete eine Operation (sei es auch nur andeutungsweise) vollziehen, bevor man (einen Namen für) dies Gebiet selbst hergestellt hat. Ehe man es wenigstens gedacht, kann man nichts daran oder damit machen. Auch „die Nürnberger hängen Keinen, sie hätten ihn denn zuvor“. Es ist darnach eine innerhalb einer Klammer vorgeschriebene Operation jeweils vor derjenigen ausgeführt zu denken, welche an oder mit dem Klammerausdruck selbst vollzogen werden sollte, deren Zeichen also auch nur ausserhalb von dessen Klammer zu erblicken sein wird. Man wird in einem jeden Bestandteil des Ausdrucks jeweils leicht die innersten Klammern ausfindig machen, und für die Interpretation so- wol als eventuell auch für die „Ausrechnung“ von komplizirten Aus- drücken, welche Klammern ev. in Klammerausdrücken und wieder in

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/625>, abgerufen am 15.05.2024.