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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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beine von ungeheuren Riesen, bald Schildkrötenschaa-
len, ja den breitgedrückten Kopf eines Wels für Men-
schenschadel gehalten, doch will noch neuerlich Spal-
lanzani auf einer Insel des mittelländischen Meeres
zahlreiche Menschengebeine gefunden haben, an welche
noch unsichere Beobachtung jene aus der Gegend von
Cadix sich anschließt. Aber gesetzt auch, es fänden
sich in ganz Europa, welcher Welttheil, und zwar
nicht einmal ganz, sondern nur zum Theil, bisher
allein gründlich durchforscht worden, gar keine Ueber-
reste von Menschen, so wäre dieses noch immer nicht
hinlänglich, um zu beweisen, daß zu jener Zeit noch
gar keine vorhanden waren. Das Geburtsland des
Menschen scheint aus verschiedenen Asien, wohin unsre
Forschungen bisher doch nur wenig eingedrungen sind.
Vielleicht daß das damalige Geschlecht der Menschen
sich nur erst über einen geringen Theil der alten Welt
ausgebreitet hatte, und daß jenes große Grab, das
die Gewässer dem untergegangenen Urvolk erbaueten,
dereinst an den blühenden Quellen des Ganges oder In-
dus gefunden wird.

Außer diesem hat vielleicht auch die leichtere Zer-
störbarkeit des menschlichen Körpers, worinnen sich
dieser vor allen größern Thieren auszeichnet, die Ueber-
reste jener früheren Völker späteren Nachforschungen
entzogen. Man hat zwar allerdings menschliche Kör-
per zu Mumien ausgetrocknet, lange Jahrtausende
aufbewahrt, bey einiger Begüustigung aber von

beine von ungeheuren Rieſen, bald Schildkroͤtenſchaa-
len, ja den breitgedruͤckten Kopf eines Wels fuͤr Men-
ſchenſchadel gehalten, doch will noch neuerlich Spal-
lanzani auf einer Inſel des mittellaͤndiſchen Meeres
zahlreiche Menſchengebeine gefunden haben, an welche
noch unſichere Beobachtung jene aus der Gegend von
Cadix ſich anſchließt. Aber geſetzt auch, es faͤnden
ſich in ganz Europa, welcher Welttheil, und zwar
nicht einmal ganz, ſondern nur zum Theil, bisher
allein gruͤndlich durchforſcht worden, gar keine Ueber-
reſte von Menſchen, ſo waͤre dieſes noch immer nicht
hinlaͤnglich, um zu beweiſen, daß zu jener Zeit noch
gar keine vorhanden waren. Das Geburtsland des
Menſchen ſcheint aus verſchiedenen Aſien, wohin unſre
Forſchungen bisher doch nur wenig eingedrungen ſind.
Vielleicht daß das damalige Geſchlecht der Menſchen
ſich nur erſt uͤber einen geringen Theil der alten Welt
ausgebreitet hatte, und daß jenes große Grab, das
die Gewaͤſſer dem untergegangenen Urvolk erbaueten,
dereinſt an den bluͤhenden Quellen des Ganges oder In-
dus gefunden wird.

Außer dieſem hat vielleicht auch die leichtere Zer-
ſtoͤrbarkeit des menſchlichen Koͤrpers, worinnen ſich
dieſer vor allen groͤßern Thieren auszeichnet, die Ueber-
reſte jener fruͤheren Voͤlker ſpaͤteren Nachforſchungen
entzogen. Man hat zwar allerdings menſchliche Koͤr-
per zu Mumien ausgetrocknet, lange Jahrtauſende
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[214/0228] beine von ungeheuren Rieſen, bald Schildkroͤtenſchaa- len, ja den breitgedruͤckten Kopf eines Wels fuͤr Men- ſchenſchadel gehalten, doch will noch neuerlich Spal- lanzani auf einer Inſel des mittellaͤndiſchen Meeres zahlreiche Menſchengebeine gefunden haben, an welche noch unſichere Beobachtung jene aus der Gegend von Cadix ſich anſchließt. Aber geſetzt auch, es faͤnden ſich in ganz Europa, welcher Welttheil, und zwar nicht einmal ganz, ſondern nur zum Theil, bisher allein gruͤndlich durchforſcht worden, gar keine Ueber- reſte von Menſchen, ſo waͤre dieſes noch immer nicht hinlaͤnglich, um zu beweiſen, daß zu jener Zeit noch gar keine vorhanden waren. Das Geburtsland des Menſchen ſcheint aus verſchiedenen Aſien, wohin unſre Forſchungen bisher doch nur wenig eingedrungen ſind. Vielleicht daß das damalige Geſchlecht der Menſchen ſich nur erſt uͤber einen geringen Theil der alten Welt ausgebreitet hatte, und daß jenes große Grab, das die Gewaͤſſer dem untergegangenen Urvolk erbaueten, dereinſt an den bluͤhenden Quellen des Ganges oder In- dus gefunden wird. Außer dieſem hat vielleicht auch die leichtere Zer- ſtoͤrbarkeit des menſchlichen Koͤrpers, worinnen ſich dieſer vor allen groͤßern Thieren auszeichnet, die Ueber- reſte jener fruͤheren Voͤlker ſpaͤteren Nachforſchungen entzogen. Man hat zwar allerdings menſchliche Koͤr- per zu Mumien ausgetrocknet, lange Jahrtauſende aufbewahrt, bey einiger Beguͤuſtigung aber von

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/228>, abgerufen am 26.04.2024.