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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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so geht er in das Vorzimmer hinaus, wo der
größere Schwarm ihn erwartet hat, tritt mit-
ten unter denselben, hört an, was jeder vor-
zubringen hat und giebt in wenig Worten
Bescheid und Auskunft. Jn zehn bis zwan-
zig Minuten thut er alles ab.

Unterdessen ist das große Thor des Palla-
stes geöffnet worden, und Wagen auf Wagen
rollen herein. Die Mitglieder seiner Partey
füllen seine Wohnzimmer, und es entspinnen
sich politische Verhandlungen über das, was
heute am Reichstage betrieben oder hintertrie-
ben werden soll; es werden Entwürfe vorge-
lesen, erwogen, angenommen oder verworfen;
es werden Plane gemacht, wie man eine an-
dre Partey überstimmen, wie man sich mit ei-
ner dritten vereinigen, wie man mit einer vier-
ten sich vergleichen will; mit einem Worte: es
bildet sich ein kleiner einseitiger Reichstag, der
so lange bey einander bleibt, bis der große seinen
Anfang nimmt; und dieß ist gewöhnlich zwischen
Zwölf und Ein Uhr. Dahin fährt sodann der

Zweites Heft. J

ſo geht er in das Vorzimmer hinaus, wo der
groͤßere Schwarm ihn erwartet hat, tritt mit-
ten unter denſelben, hoͤrt an, was jeder vor-
zubringen hat und giebt in wenig Worten
Beſcheid und Auskunft. Jn zehn bis zwan-
zig Minuten thut er alles ab.

Unterdeſſen iſt das große Thor des Palla-
ſtes geoͤffnet worden, und Wagen auf Wagen
rollen herein. Die Mitglieder ſeiner Partey
fuͤllen ſeine Wohnzimmer, und es entſpinnen
ſich politiſche Verhandlungen uͤber das, was
heute am Reichstage betrieben oder hintertrie-
ben werden ſoll; es werden Entwuͤrfe vorge-
leſen, erwogen, angenommen oder verworfen;
es werden Plane gemacht, wie man eine an-
dre Partey uͤberſtimmen, wie man ſich mit ei-
ner dritten vereinigen, wie man mit einer vier-
ten ſich vergleichen will; mit einem Worte: es
bildet ſich ein kleiner einſeitiger Reichstag, der
ſo lange bey einander bleibt, bis der große ſeinen
Anfang nimmt; und dieß iſt gewoͤhnlich zwiſchen
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Zweites Heft. J
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[129/0139] ſo geht er in das Vorzimmer hinaus, wo der groͤßere Schwarm ihn erwartet hat, tritt mit- ten unter denſelben, hoͤrt an, was jeder vor- zubringen hat und giebt in wenig Worten Beſcheid und Auskunft. Jn zehn bis zwan- zig Minuten thut er alles ab. Unterdeſſen iſt das große Thor des Palla- ſtes geoͤffnet worden, und Wagen auf Wagen rollen herein. Die Mitglieder ſeiner Partey fuͤllen ſeine Wohnzimmer, und es entſpinnen ſich politiſche Verhandlungen uͤber das, was heute am Reichstage betrieben oder hintertrie- ben werden ſoll; es werden Entwuͤrfe vorge- leſen, erwogen, angenommen oder verworfen; es werden Plane gemacht, wie man eine an- dre Partey uͤberſtimmen, wie man ſich mit ei- ner dritten vereinigen, wie man mit einer vier- ten ſich vergleichen will; mit einem Worte: es bildet ſich ein kleiner einſeitiger Reichstag, der ſo lange bey einander bleibt, bis der große ſeinen Anfang nimmt; und dieß iſt gewoͤhnlich zwiſchen Zwoͤlf und Ein Uhr. Dahin faͤhrt ſodann der Zweites Heft. J

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/139>, abgerufen am 16.05.2024.