Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

und geistige Bedürfnisse. Schon dieser große
Maßstab, der ihnen, hauptsächlich durch ih-
ren hohen Standpunkt im Staate, durch Reich-
thum und die daraus folgende Auszeichnung im
bürgerlichen und gesellschaftlichen Leben, mit-
hin durch Hochmuth, Eitelkeit und eingeführte
Sitte, eigen geworden ist, macht ihnen, mehr
als andern Jhresgleichen in dem übrigen Eu-
ropa, ihre Existenz theuer; aber noch kostbarer
wird sie durch den Umstand, daß die Polen,
außer den allernöthigsten und einfachsten Er-
fordernissen des Lebens, Alles, vom Kleide an
bis zur Stecknadel, aus fremden Ländern,
theils ziehen müssen, theils, aus Liebhaberey,
Vorurtheil und Mode, freywillig zu ziehen
pflegen.

Wenn, zum Beyspiel, der englische Große
Aufwand in Pferden, in Mobilien, in Klei-
dung macht, so kommen ihm diese Gegen-
stände bey weitem nicht so hoch zu stehen, als
dem polnischen Großen, der englische Pfer-
de, Mobilien, Tücher und Zeuge aller Art,

und geiſtige Beduͤrfniſſe. Schon dieſer große
Maßſtab, der ihnen, hauptſaͤchlich durch ih-
ren hohen Standpunkt im Staate, durch Reich-
thum und die daraus folgende Auszeichnung im
buͤrgerlichen und geſellſchaftlichen Leben, mit-
hin durch Hochmuth, Eitelkeit und eingefuͤhrte
Sitte, eigen geworden iſt, macht ihnen, mehr
als andern Jhresgleichen in dem uͤbrigen Eu-
ropa, ihre Exiſtenz theuer; aber noch koſtbarer
wird ſie durch den Umſtand, daß die Polen,
außer den allernoͤthigſten und einfachſten Er-
forderniſſen des Lebens, Alles, vom Kleide an
bis zur Stecknadel, aus fremden Laͤndern,
theils ziehen muͤſſen, theils, aus Liebhaberey,
Vorurtheil und Mode, freywillig zu ziehen
pflegen.

Wenn, zum Beyſpiel, der engliſche Große
Aufwand in Pferden, in Mobilien, in Klei-
dung macht, ſo kommen ihm dieſe Gegen-
ſtaͤnde bey weitem nicht ſo hoch zu ſtehen, als
dem polniſchen Großen, der engliſche Pfer-
de, Mobilien, Tuͤcher und Zeuge aller Art,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="102"/>
und gei&#x017F;tige Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e. Schon die&#x017F;er große<lb/>
Maß&#x017F;tab, der ihnen, haupt&#x017F;a&#x0364;chlich durch ih-<lb/>
ren hohen Standpunkt im Staate, durch Reich-<lb/>
thum und die daraus folgende Auszeichnung im<lb/>
bu&#x0364;rgerlichen und ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Leben, mit-<lb/>
hin durch Hochmuth, Eitelkeit und eingefu&#x0364;hrte<lb/>
Sitte, eigen geworden i&#x017F;t, macht ihnen, mehr<lb/>
als andern Jhresgleichen in dem u&#x0364;brigen Eu-<lb/>
ropa, ihre Exi&#x017F;tenz theuer; aber noch ko&#x017F;tbarer<lb/>
wird &#x017F;ie durch den Um&#x017F;tand, daß die Polen,<lb/>
außer den allerno&#x0364;thig&#x017F;ten und einfach&#x017F;ten Er-<lb/>
forderni&#x017F;&#x017F;en des Lebens, Alles, vom Kleide an<lb/>
bis zur Stecknadel, aus fremden La&#x0364;ndern,<lb/>
theils ziehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, theils, aus Liebhaberey,<lb/>
Vorurtheil und Mode, freywillig zu ziehen<lb/>
pflegen.</p><lb/>
        <p>Wenn, zum Bey&#x017F;piel, der engli&#x017F;che Große<lb/>
Aufwand in Pferden, in Mobilien, in Klei-<lb/>
dung macht, &#x017F;o kommen ihm die&#x017F;e Gegen-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde bey weitem nicht &#x017F;o hoch zu &#x017F;tehen, als<lb/>
dem polni&#x017F;chen Großen, der <hi rendition="#g">engli&#x017F;che</hi> Pfer-<lb/>
de, Mobilien, Tu&#x0364;cher und Zeuge aller Art,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0112] und geiſtige Beduͤrfniſſe. Schon dieſer große Maßſtab, der ihnen, hauptſaͤchlich durch ih- ren hohen Standpunkt im Staate, durch Reich- thum und die daraus folgende Auszeichnung im buͤrgerlichen und geſellſchaftlichen Leben, mit- hin durch Hochmuth, Eitelkeit und eingefuͤhrte Sitte, eigen geworden iſt, macht ihnen, mehr als andern Jhresgleichen in dem uͤbrigen Eu- ropa, ihre Exiſtenz theuer; aber noch koſtbarer wird ſie durch den Umſtand, daß die Polen, außer den allernoͤthigſten und einfachſten Er- forderniſſen des Lebens, Alles, vom Kleide an bis zur Stecknadel, aus fremden Laͤndern, theils ziehen muͤſſen, theils, aus Liebhaberey, Vorurtheil und Mode, freywillig zu ziehen pflegen. Wenn, zum Beyſpiel, der engliſche Große Aufwand in Pferden, in Mobilien, in Klei- dung macht, ſo kommen ihm dieſe Gegen- ſtaͤnde bey weitem nicht ſo hoch zu ſtehen, als dem polniſchen Großen, der engliſche Pfer- de, Mobilien, Tuͤcher und Zeuge aller Art,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/112
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/112>, abgerufen am 12.05.2024.