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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Staatsbedürfnissen abzuhelfen, welche auf dem
gewöhnlichen Reichstage nicht gehoben werden
konnten, entweder, weil dessen Berufung ver-
hindert wurde, oder dessen Verhandlungen
durch obige Ursachen fruchtlos blieben. Da
die Beschlüsse eines Konföderations-Reichsta-
ges nicht die Einhelligkeit der Stimmen, son-
dern nur deren Mehrheit erfordern, so ver-
mied man durch sie die vernichtende Kraft des
"liberum veto." Uebrigens bestehen sie aus
denselben Mitgliedern und werden mit densel-
ben Förmlichkeiten gehalten, wie die ordentli-
chen Reichstage, auch, in neuern Zeiten, an
denselben Terminen, wie diese. Sie sind aber
nicht von neuerem Ursprunge, sondern waren
längst in Polen bekannt und üblich; z. B.
wenn die Person des Königs und das Vater-
land, durch Verschwörungen oder feindliche
Ueberfälle, in Gefahr gerieth, wenn durch den
Tod des Königs ein Zwischenreich entstand,
und wenn sich ein Wahlreichstag zur Ernen-
nung eines neuen Königs versammelte.

Staatsbeduͤrfniſſen abzuhelfen, welche auf dem
gewoͤhnlichen Reichstage nicht gehoben werden
konnten, entweder, weil deſſen Berufung ver-
hindert wurde, oder deſſen Verhandlungen
durch obige Urſachen fruchtlos blieben. Da
die Beſchluͤſſe eines Konfoͤderations-Reichsta-
ges nicht die Einhelligkeit der Stimmen, ſon-
dern nur deren Mehrheit erfordern, ſo ver-
mied man durch ſie die vernichtende Kraft des
„liberum veto.“ Uebrigens beſtehen ſie aus
denſelben Mitgliedern und werden mit denſel-
ben Foͤrmlichkeiten gehalten, wie die ordentli-
chen Reichstage, auch, in neuern Zeiten, an
denſelben Terminen, wie dieſe. Sie ſind aber
nicht von neuerem Urſprunge, ſondern waren
laͤngſt in Polen bekannt und uͤblich; z. B.
wenn die Perſon des Koͤnigs und das Vater-
land, durch Verſchwoͤrungen oder feindliche
Ueberfaͤlle, in Gefahr gerieth, wenn durch den
Tod des Koͤnigs ein Zwiſchenreich entſtand,
und wenn ſich ein Wahlreichstag zur Ernen-
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[152/0162] Staatsbeduͤrfniſſen abzuhelfen, welche auf dem gewoͤhnlichen Reichstage nicht gehoben werden konnten, entweder, weil deſſen Berufung ver- hindert wurde, oder deſſen Verhandlungen durch obige Urſachen fruchtlos blieben. Da die Beſchluͤſſe eines Konfoͤderations-Reichsta- ges nicht die Einhelligkeit der Stimmen, ſon- dern nur deren Mehrheit erfordern, ſo ver- mied man durch ſie die vernichtende Kraft des „liberum veto.“ Uebrigens beſtehen ſie aus denſelben Mitgliedern und werden mit denſel- ben Foͤrmlichkeiten gehalten, wie die ordentli- chen Reichstage, auch, in neuern Zeiten, an denſelben Terminen, wie dieſe. Sie ſind aber nicht von neuerem Urſprunge, ſondern waren laͤngſt in Polen bekannt und uͤblich; z. B. wenn die Perſon des Koͤnigs und das Vater- land, durch Verſchwoͤrungen oder feindliche Ueberfaͤlle, in Gefahr gerieth, wenn durch den Tod des Koͤnigs ein Zwiſchenreich entſtand, und wenn ſich ein Wahlreichstag zur Ernen- nung eines neuen Koͤnigs verſammelte.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/162>, abgerufen am 28.04.2024.