Jndem ich die bisher aufgestellten Wahrneh- mungen über Polen und dessen Bewohner noch einmal im Ganzen übersehe, finde ich, daß sie sich, ohne daß ich irgend einem Zuge Gewalt angethan, in ein vollständiges Gemälde poli- tischer und moralischer Unordnung zusammen gefügt haben.
Die Quellen dieser Unordnung sind dem aufmerksamen Leser nicht entgangen. Er weiß auch, daß sie nicht mehr verstopft werden kön- nen, seit dem Polen, um im Jnnern vor sich selbst Ruhe zu haben, Freunde von außem zur Hülfe gerufen hat, die einmal nicht anders sind, als politische Freunde seyn können. Es ist mit Haabe und Willen unter ihre Vormund- schaft gerathen, und wird nie für mündig er- klärt werden, weil ihm Schuld gegeben werden kann, zu Zeiten irre zu reden und zu han- deln.
Eine Regierungsveränderung in Polen zu treffen, ist, seit dieser Zeit, die schwerste Auf-
Jndem ich die bisher aufgeſtellten Wahrneh- mungen uͤber Polen und deſſen Bewohner noch einmal im Ganzen uͤberſehe, finde ich, daß ſie ſich, ohne daß ich irgend einem Zuge Gewalt angethan, in ein vollſtaͤndiges Gemaͤlde poli- tiſcher und moraliſcher Unordnung zuſammen gefuͤgt haben.
Die Quellen dieſer Unordnung ſind dem aufmerkſamen Leſer nicht entgangen. Er weiß auch, daß ſie nicht mehr verſtopft werden koͤn- nen, ſeit dem Polen, um im Jnnern vor ſich ſelbſt Ruhe zu haben, Freunde von außem zur Huͤlfe gerufen hat, die einmal nicht anders ſind, als politiſche Freunde ſeyn koͤnnen. Es iſt mit Haabe und Willen unter ihre Vormund- ſchaft gerathen, und wird nie fuͤr muͤndig er- klaͤrt werden, weil ihm Schuld gegeben werden kann, zu Zeiten irre zu reden und zu han- deln.
Eine Regierungsveraͤnderung in Polen zu treffen, iſt, ſeit dieſer Zeit, die ſchwerſte Auf-
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Jndem ich die bisher aufgeſtellten Wahrneh-
mungen uͤber Polen und deſſen Bewohner noch
einmal im Ganzen uͤberſehe, finde ich, daß ſie
ſich, ohne daß ich irgend einem Zuge Gewalt
angethan, in ein vollſtaͤndiges Gemaͤlde poli-
tiſcher und moraliſcher Unordnung zuſammen
gefuͤgt haben.
Die Quellen dieſer Unordnung ſind dem
aufmerkſamen Leſer nicht entgangen. Er weiß
auch, daß ſie nicht mehr verſtopft werden koͤn-
nen, ſeit dem Polen, um im Jnnern vor ſich
ſelbſt Ruhe zu haben, Freunde von außem zur
Huͤlfe gerufen hat, die einmal nicht anders
ſind, als politiſche Freunde ſeyn koͤnnen. Es
iſt mit Haabe und Willen unter ihre Vormund-
ſchaft gerathen, und wird nie fuͤr muͤndig er-
klaͤrt werden, weil ihm Schuld gegeben werden
kann, zu Zeiten irre zu reden und zu han-
deln.
Eine Regierungsveraͤnderung in Polen zu
treffen, iſt, ſeit dieſer Zeit, die ſchwerſte Auf-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/124>, abgerufen am 16.06.2024.
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