festen, unternehmenden Charakter und bey viel Schlauigkeit und Kenntniß seiner Nation, un- gewöhnlich unterrichtet und arbeitsam war, hatte sich an die Spitze aller Staatsgeschäfte geschwungen, und war durch diese Vorzüge so- wohl, als durch seinen Reichthum und die dar- aus fließenden Hülfsmittel, die Seele dersel- ben geworden. Die Verbindung, in die er sich mit Rußland zu setzen gewußt hatte, be- festigte ihn auf diesem Standpunkte, den man eine Diktatur nennen kann. Sein Neffe Sta- nislaus hielt sich an ihn und ward von ihm sehr geschätzt. Kein Wunder, wenn er in kur- zer Zeit zu einer der höchsten Staatswürden, zum Truchseß von Lithauen, hinan schritt. Auf dieser Stufe hatte er eine nur kurze Zeit ge- standen, als er von derselben auf den Thron selbst erhoben wurde.
Man hat oben *) gesehen, unter was für Umständen, und mit welchen Hülfsmitteln. Zwey Drittheile der Nation hatten ihr festes
*) Jm 6ten Abschnitte.
feſten, unternehmenden Charakter und bey viel Schlauigkeit und Kenntniß ſeiner Nation, un- gewoͤhnlich unterrichtet und arbeitſam war, hatte ſich an die Spitze aller Staatsgeſchaͤfte geſchwungen, und war durch dieſe Vorzuͤge ſo- wohl, als durch ſeinen Reichthum und die dar- aus fließenden Huͤlfsmittel, die Seele derſel- ben geworden. Die Verbindung, in die er ſich mit Rußland zu ſetzen gewußt hatte, be- feſtigte ihn auf dieſem Standpunkte, den man eine Diktatur nennen kann. Sein Neffe Sta- nislaus hielt ſich an ihn und ward von ihm ſehr geſchaͤtzt. Kein Wunder, wenn er in kur- zer Zeit zu einer der hoͤchſten Staatswuͤrden, zum Truchſeß von Lithauen, hinan ſchritt. Auf dieſer Stufe hatte er eine nur kurze Zeit ge- ſtanden, als er von derſelben auf den Thron ſelbſt erhoben wurde.
Man hat oben *) geſehen, unter was fuͤr Umſtaͤnden, und mit welchen Huͤlfsmitteln. Zwey Drittheile der Nation hatten ihr feſtes
*) Jm 6ten Abſchnitte.
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feſten, unternehmenden Charakter und bey viel
Schlauigkeit und Kenntniß ſeiner Nation, un-
gewoͤhnlich unterrichtet und arbeitſam war,
hatte ſich an die Spitze aller Staatsgeſchaͤfte
geſchwungen, und war durch dieſe Vorzuͤge ſo-
wohl, als durch ſeinen Reichthum und die dar-
aus fließenden Huͤlfsmittel, die Seele derſel-
ben geworden. Die Verbindung, in die er
ſich mit Rußland zu ſetzen gewußt hatte, be-
feſtigte ihn auf dieſem Standpunkte, den man
eine Diktatur nennen kann. Sein Neffe Sta-
nislaus hielt ſich an ihn und ward von ihm
ſehr geſchaͤtzt. Kein Wunder, wenn er in kur-
zer Zeit zu einer der hoͤchſten Staatswuͤrden,
zum Truchſeß von Lithauen, hinan ſchritt. Auf
dieſer Stufe hatte er eine nur kurze Zeit ge-
ſtanden, als er von derſelben auf den Thron
ſelbſt erhoben wurde.
Man hat oben *) geſehen, unter was fuͤr
Umſtaͤnden, und mit welchen Huͤlfsmitteln.
Zwey Drittheile der Nation hatten ihr feſtes
*) Jm 6ten Abſchnitte.
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/140>, abgerufen am 16.06.2024.
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