rer Absichten, sondern thätiges Mitwirken zu deren Erreichung. Was beyde Mächte woll- ten, haben wir schon oben eine Vormund- schaft genannt; eine Vormundschaft über "ein Volk, das," wie sich ein geistreicher pol- nischer Schriftsteller ausdrückt, "ein Kind ist, "mit einem zweyschneidigen Schwerd in den "Händen, Freyheit genannt, womit es sich "verwunden und andre verletzen kann." -- Bey der innern Eifersucht dieser Mächte hatte er noch darüber zu wachen, daß er der einen nicht mehr Anhänglichkeit bewiese, als der an- dern. So unmöglich dieß war, so klar fiel es in die Augen, daß er sich beyde zu Feinden machen würde, wenn er beyden nur gleiche Bereitwilligkeit bewiese; und daß sich beyde in diesem Falle, ihre Eifersucht so lange beyseite gesetzt, gegen ihn und sein Land verbinden und sich den Ersatz nehmen würden, den sie von ihm und von jenem zu fordern zu haben glaubten.
rer Abſichten, ſondern thaͤtiges Mitwirken zu deren Erreichung. Was beyde Maͤchte woll- ten, haben wir ſchon oben eine Vormund- ſchaft genannt; eine Vormundſchaft uͤber „ein Volk, das,“ wie ſich ein geiſtreicher pol- niſcher Schriftſteller ausdruͤckt, „ein Kind iſt, „mit einem zweyſchneidigen Schwerd in den „Haͤnden, Freyheit genannt, womit es ſich „verwunden und andre verletzen kann.“ — Bey der innern Eiferſucht dieſer Maͤchte hatte er noch daruͤber zu wachen, daß er der einen nicht mehr Anhaͤnglichkeit bewieſe, als der an- dern. So unmoͤglich dieß war, ſo klar fiel es in die Augen, daß er ſich beyde zu Feinden machen wuͤrde, wenn er beyden nur gleiche Bereitwilligkeit bewieſe; und daß ſich beyde in dieſem Falle, ihre Eiferſucht ſo lange beyſeite geſetzt, gegen ihn und ſein Land verbinden und ſich den Erſatz nehmen wuͤrden, den ſie von ihm und von jenem zu fordern zu haben glaubten.
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rer Abſichten, ſondern thaͤtiges Mitwirken zu
deren Erreichung. Was beyde Maͤchte woll-
ten, haben wir ſchon oben eine Vormund-
ſchaft genannt; eine Vormundſchaft uͤber
„ein Volk, das,“ wie ſich ein geiſtreicher pol-
niſcher Schriftſteller ausdruͤckt, „ein Kind iſt,
„mit einem zweyſchneidigen Schwerd in den
„Haͤnden, Freyheit genannt, womit es ſich
„verwunden und andre verletzen kann.“ —
Bey der innern Eiferſucht dieſer Maͤchte hatte
er noch daruͤber zu wachen, daß er der einen
nicht mehr Anhaͤnglichkeit bewieſe, als der an-
dern. So unmoͤglich dieß war, ſo klar fiel
es in die Augen, daß er ſich beyde zu Feinden
machen wuͤrde, wenn er beyden nur gleiche
Bereitwilligkeit bewieſe; und daß ſich beyde in
dieſem Falle, ihre Eiferſucht ſo lange beyſeite
geſetzt, gegen ihn und ſein Land verbinden
und ſich den Erſatz nehmen wuͤrden, den ſie
von ihm und von jenem zu fordern zu haben
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/142>, abgerufen am 16.06.2024.
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