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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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mit Bauern und Ochsen am Pflug; ein wallendes Aehren¬
feld voll Schnitter; seitwärts unter einer Eiche die
Mahlzeit bereit; weiter einen Rebgarten voll schwarzer
schwellender Trauben, an Pfählen von lauterem Silber,
ringsum ein Graben von blauem Stahl und ein Gehäge
von Zinn; eine einzige Furche führte durch den Wein¬
garten, und eben war Lese: Jünglinge jauchzten, und
rosige Jungfrauen trugen die süße Frucht in schönen Kör¬
ben davon; mitten in der Schaar ging ein Leierknabe,
den andere umtanzten. Weiter schuf er eine Rinderheerde
aus Gold und Zinn, längs einem wallenden Fluß, mit
vier goldenen Hirten und neun Hunden; vorn in die
Heerde waren zwei Löwen gefallen und hatten einen
Farren gefaßt, die Hirten hetzten ihre Hunde, die bellend
auf Sprungweite von den Löwen standen. Wiederum
schuf er eine anmuthige Thaltrift, von silbernen Schafen
durchschwärmt, mit Hirtengehägen, Hütten und Ställen;
endlich einen Reigen von blühenden Jünglingen und
Jungfrauen in glänzenden Gewanden; jede Tänzerin
schmückte ein Kranz, die Tänzer hatten goldene Dolche an
silbernen Riemen hangen; zwei Gaukler drehten sich im
Kreise zur Harfe eines Sängers; Zuschauergedräng um¬
gab den Reigen. Um den äußersten Rand des Schildes
schlang sich der Strom des Oceans wie eine Schlange.

Als er den Schild vollendet, schmiedete er auch den
Harnisch und gab ihm helleren Glanz, als das Feuer hat;
dann den schweren prangenden Helm, den Schläfen ganz
gerecht, mit goldnem Haarbusch; und zuletzt Beinschienen
aus dem feinsten Zinn. Dieses ganze Geräthe legte er
gehäuft vor die Mutter des Peliden hin. Sie aber warf sich
auf die Rüstung, wie ein Habicht auf die Beute, dankte

mit Bauern und Ochſen am Pflug; ein wallendes Aehren¬
feld voll Schnitter; ſeitwärts unter einer Eiche die
Mahlzeit bereit; weiter einen Rebgarten voll ſchwarzer
ſchwellender Trauben, an Pfählen von lauterem Silber,
ringsum ein Graben von blauem Stahl und ein Gehäge
von Zinn; eine einzige Furche führte durch den Wein¬
garten, und eben war Leſe: Jünglinge jauchzten, und
roſige Jungfrauen trugen die ſüße Frucht in ſchönen Kör¬
ben davon; mitten in der Schaar ging ein Leierknabe,
den andere umtanzten. Weiter ſchuf er eine Rinderheerde
aus Gold und Zinn, längs einem wallenden Fluß, mit
vier goldenen Hirten und neun Hunden; vorn in die
Heerde waren zwei Löwen gefallen und hatten einen
Farren gefaßt, die Hirten hetzten ihre Hunde, die bellend
auf Sprungweite von den Löwen ſtanden. Wiederum
ſchuf er eine anmuthige Thaltrift, von ſilbernen Schafen
durchſchwärmt, mit Hirtengehägen, Hütten und Ställen;
endlich einen Reigen von blühenden Jünglingen und
Jungfrauen in glänzenden Gewanden; jede Tänzerin
ſchmückte ein Kranz, die Tänzer hatten goldene Dolche an
ſilbernen Riemen hangen; zwei Gaukler drehten ſich im
Kreiſe zur Harfe eines Sängers; Zuſchauergedräng um¬
gab den Reigen. Um den äußerſten Rand des Schildes
ſchlang ſich der Strom des Oceans wie eine Schlange.

Als er den Schild vollendet, ſchmiedete er auch den
Harniſch und gab ihm helleren Glanz, als das Feuer hat;
dann den ſchweren prangenden Helm, den Schläfen ganz
gerecht, mit goldnem Haarbuſch; und zuletzt Beinſchienen
aus dem feinſten Zinn. Dieſes ganze Geräthe legte er
gehäuft vor die Mutter des Peliden hin. Sie aber warf ſich
auf die Rüſtung, wie ein Habicht auf die Beute, dankte

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[250/0272] mit Bauern und Ochſen am Pflug; ein wallendes Aehren¬ feld voll Schnitter; ſeitwärts unter einer Eiche die Mahlzeit bereit; weiter einen Rebgarten voll ſchwarzer ſchwellender Trauben, an Pfählen von lauterem Silber, ringsum ein Graben von blauem Stahl und ein Gehäge von Zinn; eine einzige Furche führte durch den Wein¬ garten, und eben war Leſe: Jünglinge jauchzten, und roſige Jungfrauen trugen die ſüße Frucht in ſchönen Kör¬ ben davon; mitten in der Schaar ging ein Leierknabe, den andere umtanzten. Weiter ſchuf er eine Rinderheerde aus Gold und Zinn, längs einem wallenden Fluß, mit vier goldenen Hirten und neun Hunden; vorn in die Heerde waren zwei Löwen gefallen und hatten einen Farren gefaßt, die Hirten hetzten ihre Hunde, die bellend auf Sprungweite von den Löwen ſtanden. Wiederum ſchuf er eine anmuthige Thaltrift, von ſilbernen Schafen durchſchwärmt, mit Hirtengehägen, Hütten und Ställen; endlich einen Reigen von blühenden Jünglingen und Jungfrauen in glänzenden Gewanden; jede Tänzerin ſchmückte ein Kranz, die Tänzer hatten goldene Dolche an ſilbernen Riemen hangen; zwei Gaukler drehten ſich im Kreiſe zur Harfe eines Sängers; Zuſchauergedräng um¬ gab den Reigen. Um den äußerſten Rand des Schildes ſchlang ſich der Strom des Oceans wie eine Schlange. Als er den Schild vollendet, ſchmiedete er auch den Harniſch und gab ihm helleren Glanz, als das Feuer hat; dann den ſchweren prangenden Helm, den Schläfen ganz gerecht, mit goldnem Haarbuſch; und zuletzt Beinſchienen aus dem feinſten Zinn. Dieſes ganze Geräthe legte er gehäuft vor die Mutter des Peliden hin. Sie aber warf ſich auf die Rüſtung, wie ein Habicht auf die Beute, dankte

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/272>, abgerufen am 29.04.2024.