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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

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das eigenthümliche Verhalten gegen Essigsäure und kön-
nen desshalb keine junge Epitheliumzellen sein, bei denen
nach Henle das Zerfallen der Kerne durch Essigsäure
nicht vorkommt. Nach Vogel sind die Kerne der Eiter-
körperchen konkav. Das Zerfallen der Kerne in Essig-
säure scheint überhaupt nur bei den Schleim- und Eiter-
körperchen vorzukommen. Die Eiterkörperchen sind also
wohl eigenthümliche Zellen, die in dem Eiterserum, d. h.
in dem bei der Entzündung in grösserer Quantität
und anomaler Mischung ausschwitzenden Cytoblastem, eben
so wie die Schleimkörperchen im Schleime und über-
haupt nach dem oben ausgesprochenen Grundphäno-
men alle Zellen in ihrem Cytoblastem sich bilden. Ihre
Bildung scheint nach den Beobachtungen von H. Wood
zunächst an der Oberfläche der Granulationen vor sich zu
gehen, wohl desshalb, weil hier das Eiterserum als das Cy-
toblastem dieser Zellen immer frisch ausgeschwitzt wird,
und dieses frische Cytoblastem die grösste plastische Kraft
hat, eben so wie wir diess auch bei Bildung der neuen
Dotterzellen aussen nahe an der Dotterhaut beobachtet
haben. Die Eiterzellen wachsen dann aber wahrschein-
lich noch eine Zeit lang selbstständig fort, wie wir auch
bei den Dotterzellen gesehen haben, die schon weit von
der Dotterhaut entfernt waren. Dass sich die Kerne der
Eiterzellen zuerst bilden, ist zwar wahrscheinlich, doch
habe ich es nicht untersucht. Je gesunder der Eiter ist,
um so grösser ist seine plastische Kraft und um so mehr
Zellen bilden sich darin, so dass bei gesundem Eiter die
Menge des Serums im Vergleich mit den Zellen sehr ge-
ring ist.

Ob die Fettkügelchen, welche in einigen Sekreten,
namentlich der Milch und auch im Chylus vorkommen, in
Zellen enthalten sind, weiss ich nicht. Bei der Milch habe
ich nichts finden können, was darauf hindeutet, und bei
der weiter unten mitzutheilenden Theorie der Sekretionen
scheint diess auch nicht nothwendig der Fall sein zu
müssen. --

das eigenthümliche Verhalten gegen Essigsäure und kön-
nen deſshalb keine junge Epitheliumzellen sein, bei denen
nach Henle das Zerfallen der Kerne durch Essigsäure
nicht vorkommt. Nach Vogel sind die Kerne der Eiter-
körperchen konkav. Das Zerfallen der Kerne in Essig-
säure scheint überhaupt nur bei den Schleim- und Eiter-
körperchen vorzukommen. Die Eiterkörperchen sind also
wohl eigenthümliche Zellen, die in dem Eiterserum, d. h.
in dem bei der Entzündung in gröſserer Quantität
und anomaler Mischung ausschwitzenden Cytoblastem, eben
so wie die Schleimkörperchen im Schleime und über-
haupt nach dem oben ausgesprochenen Grundphäno-
men alle Zellen in ihrem Cytoblastem sich bilden. Ihre
Bildung scheint nach den Beobachtungen von H. Wood
zunächst an der Oberfläche der Granulationen vor sich zu
gehen, wohl deſshalb, weil hier das Eiterserum als das Cy-
toblastem dieser Zellen immer frisch ausgeschwitzt wird,
und dieses frische Cytoblastem die gröſste plastische Kraft
hat, eben so wie wir dieſs auch bei Bildung der neuen
Dotterzellen auſsen nahe an der Dotterhaut beobachtet
haben. Die Eiterzellen wachsen dann aber wahrschein-
lich noch eine Zeit lang selbstständig fort, wie wir auch
bei den Dotterzellen gesehen haben, die schon weit von
der Dotterhaut entfernt waren. Daſs sich die Kerne der
Eiterzellen zuerst bilden, ist zwar wahrscheinlich, doch
habe ich es nicht untersucht. Je gesunder der Eiter ist,
um so gröſser ist seine plastische Kraft und um so mehr
Zellen bilden sich darin, so daſs bei gesundem Eiter die
Menge des Serums im Vergleich mit den Zellen sehr ge-
ring ist.

Ob die Fettkügelchen, welche in einigen Sekreten,
namentlich der Milch und auch im Chylus vorkommen, in
Zellen enthalten sind, weiſs ich nicht. Bei der Milch habe
ich nichts finden können, was darauf hindeutet, und bei
der weiter unten mitzutheilenden Theorie der Sekretionen
scheint dieſs auch nicht nothwendig der Fall sein zu
müssen. —

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[79/0103] das eigenthümliche Verhalten gegen Essigsäure und kön- nen deſshalb keine junge Epitheliumzellen sein, bei denen nach Henle das Zerfallen der Kerne durch Essigsäure nicht vorkommt. Nach Vogel sind die Kerne der Eiter- körperchen konkav. Das Zerfallen der Kerne in Essig- säure scheint überhaupt nur bei den Schleim- und Eiter- körperchen vorzukommen. Die Eiterkörperchen sind also wohl eigenthümliche Zellen, die in dem Eiterserum, d. h. in dem bei der Entzündung in gröſserer Quantität und anomaler Mischung ausschwitzenden Cytoblastem, eben so wie die Schleimkörperchen im Schleime und über- haupt nach dem oben ausgesprochenen Grundphäno- men alle Zellen in ihrem Cytoblastem sich bilden. Ihre Bildung scheint nach den Beobachtungen von H. Wood zunächst an der Oberfläche der Granulationen vor sich zu gehen, wohl deſshalb, weil hier das Eiterserum als das Cy- toblastem dieser Zellen immer frisch ausgeschwitzt wird, und dieses frische Cytoblastem die gröſste plastische Kraft hat, eben so wie wir dieſs auch bei Bildung der neuen Dotterzellen auſsen nahe an der Dotterhaut beobachtet haben. Die Eiterzellen wachsen dann aber wahrschein- lich noch eine Zeit lang selbstständig fort, wie wir auch bei den Dotterzellen gesehen haben, die schon weit von der Dotterhaut entfernt waren. Daſs sich die Kerne der Eiterzellen zuerst bilden, ist zwar wahrscheinlich, doch habe ich es nicht untersucht. Je gesunder der Eiter ist, um so gröſser ist seine plastische Kraft und um so mehr Zellen bilden sich darin, so daſs bei gesundem Eiter die Menge des Serums im Vergleich mit den Zellen sehr ge- ring ist. Ob die Fettkügelchen, welche in einigen Sekreten, namentlich der Milch und auch im Chylus vorkommen, in Zellen enthalten sind, weiſs ich nicht. Bei der Milch habe ich nichts finden können, was darauf hindeutet, und bei der weiter unten mitzutheilenden Theorie der Sekretionen scheint dieſs auch nicht nothwendig der Fall sein zu müssen. —

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Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/103>, abgerufen am 29.04.2024.