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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.

Nach Beseitigung der wilden und freien Fischerei kommen als
solche hauptsächlich die Adjazentenfischerei und die Koppel-
fischerei
in Betracht.

In Preussen, Sachsen, Baden und Hessen erstrebt man die Besei-
tigung der Adjazentenfischerei durch die Bildung von Fischerei-
genossenschaften.
Unter Erfüllung besonderer Voraussetzungen
(Antragstellung, Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses)
können hier aneinandergrenzende Fischereiwasserstrecken auch gegen
den Widerspruch einzelner Beteiligter im Zwangswege durch die
Staatsgewalt zu gemeinsam zu verwaltenden Fischereigebieten ver-
einigt werden.

In den österreichischen Kronländern, welche auf Grund des Reichs-
gesetzes vom 25. April 1885 Vollzugsgesetze erlassen haben, wird dieses
Ziel durch die Bildung von Fischereirevieren erstrebt, indem stets
jene Wasserstrecken zusammengefasst werden sollen, welche die nach-
haltige Höhe eines angemessenen Fischbestandes und eine ordentliche
Bewirtschaftung zulassen. 1)

Die Erfahrung zeigt, dass die Bildung von Fischereigenossenschaften
bei guter Leitung wirtschaftlich und finanziell gleich vorteilhafte Re-
sultate liefert, allein im grossen und ganzen ist doch noch wenig auf
diesem Wege erreicht worden, da die Bildung der Genossenschaften
von der Zustimmung der Interessenten abhängig gemacht ist 2) und

1) Niederösterreich, Gesetz vom 26. April 1890, § 9: Die politische Landes-
behörde hat die fliessenden Gewässer des Landes, einschliesslich jener künstlichen
Gerinne, Altwässer und Ausstände, welche mit ersteren auch nur periodisch in einer
zum Wechsel der Fische geeigneten Verbindung stehen, in Fischereireviere (Eigen-
und Pachtreviere) zusammenzufassen. Jedes Revier soll eine solche ununterbrochene
Wasserstrecke samt den etwaigen Altwässern und Ausständen umfassen, welche die
nachhaltige Hege eines die Beschaffenheit des Gewässers angemessenen Fischbestandes
und eine ordentliche Bewirtschaftung der Reviere überhaupt zulässt. § 11: Eine
Wasserstrecke, hinsichtlich derer nur ein Fischereirecht besteht -- mag dieselbe
sich im Besitze einer oder ungeteilt mehrerer Personen befinden -- und welche den
Anforderungen des § 9, Abs. 2 entspricht, ist auf die Dauer dieses Verhältnisses
über Antrag der Fischereiberechtigten als Eigenrevier anzuerkennen. § 14: Aus
den Wasserstrecken, welche sich nicht zu Eigenrevieren eignen, oder deren Aner-
kennung als solche nicht beansprucht wird, sind, unter Einbeziehung der in § 9
bezeichneten künstlichen Gerinne, Altwässer und Ausstände, zusammengelegte Reviere
(Pachtreviere) derart zu bilden, dass jedes solches Revier den Erfordernissen des
§ 9, Abs. 2 thunlichst entspreche.
2) Preussen, Fischereigesetz vom 30. Mai 1874: Eine Ausdehnung des Ge-
nossenschaftszweckes auf die gemeinschaftliche Bewirtschaftung und Benutzung der
Fischwässer kann nur auf Antrag eines oder mehrerer Beteiligten erfolgen. Dieselbe
ist statthaft 1. wenn die sämtlichen beteiligten Berechtigten zustimmen, 2. bei der
Binnenfischerei, und zwar in der Beschränkung auf die der Genossenschaft angehörigen,
nicht geschlossenen Gewässer, wenn die Fischerei ausschliesslich den Besitzern der
anliegenden Grundstücke zusteht und der selbständige Fischereibetrieb der einzelnen
1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.

Nach Beseitigung der wilden und freien Fischerei kommen als
solche hauptsächlich die Adjazentenfischerei und die Koppel-
fischerei
in Betracht.

In Preuſsen, Sachsen, Baden und Hessen erstrebt man die Besei-
tigung der Adjazentenfischerei durch die Bildung von Fischerei-
genossenschaften.
Unter Erfüllung besonderer Voraussetzungen
(Antragstellung, Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses)
können hier aneinandergrenzende Fischereiwasserstrecken auch gegen
den Widerspruch einzelner Beteiligter im Zwangswege durch die
Staatsgewalt zu gemeinsam zu verwaltenden Fischereigebieten ver-
einigt werden.

In den österreichischen Kronländern, welche auf Grund des Reichs-
gesetzes vom 25. April 1885 Vollzugsgesetze erlassen haben, wird dieses
Ziel durch die Bildung von Fischereirevieren erstrebt, indem stets
jene Wasserstrecken zusammengefaſst werden sollen, welche die nach-
haltige Höhe eines angemessenen Fischbestandes und eine ordentliche
Bewirtschaftung zulassen. 1)

Die Erfahrung zeigt, daſs die Bildung von Fischereigenossenschaften
bei guter Leitung wirtschaftlich und finanziell gleich vorteilhafte Re-
sultate liefert, allein im groſsen und ganzen ist doch noch wenig auf
diesem Wege erreicht worden, da die Bildung der Genossenschaften
von der Zustimmung der Interessenten abhängig gemacht ist 2) und

1) Niederösterreich, Gesetz vom 26. April 1890, § 9: Die politische Landes-
behörde hat die flieſsenden Gewässer des Landes, einschlieſslich jener künstlichen
Gerinne, Altwässer und Ausstände, welche mit ersteren auch nur periodisch in einer
zum Wechsel der Fische geeigneten Verbindung stehen, in Fischereireviere (Eigen-
und Pachtreviere) zusammenzufassen. Jedes Revier soll eine solche ununterbrochene
Wasserstrecke samt den etwaigen Altwässern und Ausständen umfassen, welche die
nachhaltige Hege eines die Beschaffenheit des Gewässers angemessenen Fischbestandes
und eine ordentliche Bewirtschaftung der Reviere überhaupt zuläſst. § 11: Eine
Wasserstrecke, hinsichtlich derer nur ein Fischereirecht besteht — mag dieselbe
sich im Besitze einer oder ungeteilt mehrerer Personen befinden — und welche den
Anforderungen des § 9, Abs. 2 entspricht, ist auf die Dauer dieses Verhältnisses
über Antrag der Fischereiberechtigten als Eigenrevier anzuerkennen. § 14: Aus
den Wasserstrecken, welche sich nicht zu Eigenrevieren eignen, oder deren Aner-
kennung als solche nicht beansprucht wird, sind, unter Einbeziehung der in § 9
bezeichneten künstlichen Gerinne, Altwässer und Ausstände, zusammengelegte Reviere
(Pachtreviere) derart zu bilden, daſs jedes solches Revier den Erfordernissen des
§ 9, Abs. 2 thunlichst entspreche.
2) Preuſsen, Fischereigesetz vom 30. Mai 1874: Eine Ausdehnung des Ge-
nossenschaftszweckes auf die gemeinschaftliche Bewirtschaftung und Benutzung der
Fischwässer kann nur auf Antrag eines oder mehrerer Beteiligten erfolgen. Dieselbe
ist statthaft 1. wenn die sämtlichen beteiligten Berechtigten zustimmen, 2. bei der
Binnenfischerei, und zwar in der Beschränkung auf die der Genossenschaft angehörigen,
nicht geschlossenen Gewässer, wenn die Fischerei ausschlieſslich den Besitzern der
anliegenden Grundstücke zusteht und der selbständige Fischereibetrieb der einzelnen
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[335/0353] 1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei. Nach Beseitigung der wilden und freien Fischerei kommen als solche hauptsächlich die Adjazentenfischerei und die Koppel- fischerei in Betracht. In Preuſsen, Sachsen, Baden und Hessen erstrebt man die Besei- tigung der Adjazentenfischerei durch die Bildung von Fischerei- genossenschaften. Unter Erfüllung besonderer Voraussetzungen (Antragstellung, Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses) können hier aneinandergrenzende Fischereiwasserstrecken auch gegen den Widerspruch einzelner Beteiligter im Zwangswege durch die Staatsgewalt zu gemeinsam zu verwaltenden Fischereigebieten ver- einigt werden. In den österreichischen Kronländern, welche auf Grund des Reichs- gesetzes vom 25. April 1885 Vollzugsgesetze erlassen haben, wird dieses Ziel durch die Bildung von Fischereirevieren erstrebt, indem stets jene Wasserstrecken zusammengefaſst werden sollen, welche die nach- haltige Höhe eines angemessenen Fischbestandes und eine ordentliche Bewirtschaftung zulassen. 1) Die Erfahrung zeigt, daſs die Bildung von Fischereigenossenschaften bei guter Leitung wirtschaftlich und finanziell gleich vorteilhafte Re- sultate liefert, allein im groſsen und ganzen ist doch noch wenig auf diesem Wege erreicht worden, da die Bildung der Genossenschaften von der Zustimmung der Interessenten abhängig gemacht ist 2) und 1) Niederösterreich, Gesetz vom 26. April 1890, § 9: Die politische Landes- behörde hat die flieſsenden Gewässer des Landes, einschlieſslich jener künstlichen Gerinne, Altwässer und Ausstände, welche mit ersteren auch nur periodisch in einer zum Wechsel der Fische geeigneten Verbindung stehen, in Fischereireviere (Eigen- und Pachtreviere) zusammenzufassen. Jedes Revier soll eine solche ununterbrochene Wasserstrecke samt den etwaigen Altwässern und Ausständen umfassen, welche die nachhaltige Hege eines die Beschaffenheit des Gewässers angemessenen Fischbestandes und eine ordentliche Bewirtschaftung der Reviere überhaupt zuläſst. § 11: Eine Wasserstrecke, hinsichtlich derer nur ein Fischereirecht besteht — mag dieselbe sich im Besitze einer oder ungeteilt mehrerer Personen befinden — und welche den Anforderungen des § 9, Abs. 2 entspricht, ist auf die Dauer dieses Verhältnisses über Antrag der Fischereiberechtigten als Eigenrevier anzuerkennen. § 14: Aus den Wasserstrecken, welche sich nicht zu Eigenrevieren eignen, oder deren Aner- kennung als solche nicht beansprucht wird, sind, unter Einbeziehung der in § 9 bezeichneten künstlichen Gerinne, Altwässer und Ausstände, zusammengelegte Reviere (Pachtreviere) derart zu bilden, daſs jedes solches Revier den Erfordernissen des § 9, Abs. 2 thunlichst entspreche. 2) Preuſsen, Fischereigesetz vom 30. Mai 1874: Eine Ausdehnung des Ge- nossenschaftszweckes auf die gemeinschaftliche Bewirtschaftung und Benutzung der Fischwässer kann nur auf Antrag eines oder mehrerer Beteiligten erfolgen. Dieselbe ist statthaft 1. wenn die sämtlichen beteiligten Berechtigten zustimmen, 2. bei der Binnenfischerei, und zwar in der Beschränkung auf die der Genossenschaft angehörigen, nicht geschlossenen Gewässer, wenn die Fischerei ausschlieſslich den Besitzern der anliegenden Grundstücke zusteht und der selbständige Fischereibetrieb der einzelnen

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/353>, abgerufen am 28.04.2024.