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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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§ 3. Die Pflege der Seefischerei.
fahrzeuge bleiben in der Regel von den bestehenden Hafengeldern und
Lotsengeldern ganz befreit oder zahlen doch nur geringe Sätze. 1)

Von grosser Bedeutung ist die Einrichtung eines meteorologi-
schen Dienstes
für die Ermöglichung der Sturmwarnung 2) und
die Anlegung einer genügenden Anzahl von sturmsicheren Fischer-
häfen
.

Um den Konsum von frischen Seefischen im Binnenlande zu ver-
mehren, ist es nicht allein notwendig, dass die Beute von den Fischerei-
fahrzeugen möglichst rasch an das Land befördert wird, wozu nament-
lich in England mit grossem Erfolge eigene Dampfer thätig sind,
sondern es ist notwendig, dass auch gute Eisenbahnverbindungen
zwischen den Häfen und den grossen Konsumtionszentren bestehen, so-
wie dass der Transport der Fische durch geeignete Waggons und
ermässigte Frachtsätze rasch, sicher und billig erfolgt. 3)

Zum Zwecke der Gewährung von Beihilfen für verlorene und be-
schädigte Fahrzeuge und Fischereigeräte werden zweckmässig Ver-
sicherungskassen
mit staatlicher Unterstützung eingerichtet, ebenso
Versicherungskassen für Witwen und Waisen von Fischern, sowie
für alte gebrechliche Fischer (Belgien).

Durch wissenschaftliche Untersuchung der Biologie der
Fische und der Fauna des Meeres wird der Seefischerei ebenfalls
eine mächtige Förderung zu teil. 4) Auch scheint es, als ob die für die
Binnenfischerei so wichtige künstliche Fischzucht bei der See-
fischerei ebenfalls mit gutem Erfolge angewendet werden könnte.

Unzweifelhaft gilt dieses bezüglich der künstlichen Austernzucht,
womit namentlich Holland und Amerika in grossem Massstabe vorge-
gangen sind 5), aber auch die Anzucht von Seefischen wird bereits an

1) In Preussen ist die von den Heringsfischern zu zahlende Lotsengebühr
auf die Hälfte des normalen Satzes ermässigt worden. In Belgien zahlen die
Fischereifahrzeuge gar keine Lotsenabgaben oder Hafengelder.
2) In Deutschland ist der Sturmwarnungsdienst durch die deutsche Seewarte
in vorzüglicher Weise organisiert. Die Einrichtung sturmsicherer Häfen wird in
den letzten Jahren in besonderer Weise gefördert.
3) Für den Bahntransport der Seefische kommt in Deutschland zunächst der
oben S. 346, N. 2 mitgeteilte § 34 des Eisenbahnreglements in Betracht, ausserdem
besteht für den Versand von Heringen aus Emden nach Süddeutschland ein beson-
derer Ausnahmetarif. Die Eisenbahnfahrpläne nehmen auch Rücksicht auf die Her-
stellung rascher Verbindungen zwischen den hauptsächlichsten Fischereihäfen und
den grossen Konsumtionsplätzen im Binnenlande.
4) In Deutschland besteht seit 1870 eine "Kommission zur wissenschaftlichen
Untersuchung der deutschen Meere" in Kiel, welche wertvolle Jahresberichte heraus-
giebt. Hervorragende Leistungen hat die amerikanische "U. S. fish commission"
aufzuweisen.
5) In der Provinz Zeeland sind 1885 rund 30 Millionen cementierte Ziegeln auf
den verpachteten Bänken der Schelde zum Auffangen von Austernbrut ausgelegt
worden und wurde eine durchschnittliche Belegung jeder Ziegel mit 60 Austern erzielt.

§ 3. Die Pflege der Seefischerei.
fahrzeuge bleiben in der Regel von den bestehenden Hafengeldern und
Lotsengeldern ganz befreit oder zahlen doch nur geringe Sätze. 1)

Von groſser Bedeutung ist die Einrichtung eines meteorologi-
schen Dienstes
für die Ermöglichung der Sturmwarnung 2) und
die Anlegung einer genügenden Anzahl von sturmsicheren Fischer-
häfen
.

Um den Konsum von frischen Seefischen im Binnenlande zu ver-
mehren, ist es nicht allein notwendig, daſs die Beute von den Fischerei-
fahrzeugen möglichst rasch an das Land befördert wird, wozu nament-
lich in England mit groſsem Erfolge eigene Dampfer thätig sind,
sondern es ist notwendig, daſs auch gute Eisenbahnverbindungen
zwischen den Häfen und den groſsen Konsumtionszentren bestehen, so-
wie daſs der Transport der Fische durch geeignete Waggons und
ermäſsigte Frachtsätze rasch, sicher und billig erfolgt. 3)

Zum Zwecke der Gewährung von Beihilfen für verlorene und be-
schädigte Fahrzeuge und Fischereigeräte werden zweckmäſsig Ver-
sicherungskassen
mit staatlicher Unterstützung eingerichtet, ebenso
Versicherungskassen für Witwen und Waisen von Fischern, sowie
für alte gebrechliche Fischer (Belgien).

Durch wissenschaftliche Untersuchung der Biologie der
Fische und der Fauna des Meeres wird der Seefischerei ebenfalls
eine mächtige Förderung zu teil. 4) Auch scheint es, als ob die für die
Binnenfischerei so wichtige künstliche Fischzucht bei der See-
fischerei ebenfalls mit gutem Erfolge angewendet werden könnte.

Unzweifelhaft gilt dieses bezüglich der künstlichen Austernzucht,
womit namentlich Holland und Amerika in groſsem Maſsstabe vorge-
gangen sind 5), aber auch die Anzucht von Seefischen wird bereits an

1) In Preuſsen ist die von den Heringsfischern zu zahlende Lotsengebühr
auf die Hälfte des normalen Satzes ermäſsigt worden. In Belgien zahlen die
Fischereifahrzeuge gar keine Lotsenabgaben oder Hafengelder.
2) In Deutschland ist der Sturmwarnungsdienst durch die deutsche Seewarte
in vorzüglicher Weise organisiert. Die Einrichtung sturmsicherer Häfen wird in
den letzten Jahren in besonderer Weise gefördert.
3) Für den Bahntransport der Seefische kommt in Deutschland zunächst der
oben S. 346, N. 2 mitgeteilte § 34 des Eisenbahnreglements in Betracht, auſserdem
besteht für den Versand von Heringen aus Emden nach Süddeutschland ein beson-
derer Ausnahmetarif. Die Eisenbahnfahrpläne nehmen auch Rücksicht auf die Her-
stellung rascher Verbindungen zwischen den hauptsächlichsten Fischereihäfen und
den groſsen Konsumtionsplätzen im Binnenlande.
4) In Deutschland besteht seit 1870 eine „Kommission zur wissenschaftlichen
Untersuchung der deutschen Meere“ in Kiel, welche wertvolle Jahresberichte heraus-
giebt. Hervorragende Leistungen hat die amerikanische „U. S. fish commission“
aufzuweisen.
5) In der Provinz Zeeland sind 1885 rund 30 Millionen cementierte Ziegeln auf
den verpachteten Bänken der Schelde zum Auffangen von Austernbrut ausgelegt
worden und wurde eine durchschnittliche Belegung jeder Ziegel mit 60 Austern erzielt.
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[363/0381] § 3. Die Pflege der Seefischerei. fahrzeuge bleiben in der Regel von den bestehenden Hafengeldern und Lotsengeldern ganz befreit oder zahlen doch nur geringe Sätze. 1) Von groſser Bedeutung ist die Einrichtung eines meteorologi- schen Dienstes für die Ermöglichung der Sturmwarnung 2) und die Anlegung einer genügenden Anzahl von sturmsicheren Fischer- häfen. Um den Konsum von frischen Seefischen im Binnenlande zu ver- mehren, ist es nicht allein notwendig, daſs die Beute von den Fischerei- fahrzeugen möglichst rasch an das Land befördert wird, wozu nament- lich in England mit groſsem Erfolge eigene Dampfer thätig sind, sondern es ist notwendig, daſs auch gute Eisenbahnverbindungen zwischen den Häfen und den groſsen Konsumtionszentren bestehen, so- wie daſs der Transport der Fische durch geeignete Waggons und ermäſsigte Frachtsätze rasch, sicher und billig erfolgt. 3) Zum Zwecke der Gewährung von Beihilfen für verlorene und be- schädigte Fahrzeuge und Fischereigeräte werden zweckmäſsig Ver- sicherungskassen mit staatlicher Unterstützung eingerichtet, ebenso Versicherungskassen für Witwen und Waisen von Fischern, sowie für alte gebrechliche Fischer (Belgien). Durch wissenschaftliche Untersuchung der Biologie der Fische und der Fauna des Meeres wird der Seefischerei ebenfalls eine mächtige Förderung zu teil. 4) Auch scheint es, als ob die für die Binnenfischerei so wichtige künstliche Fischzucht bei der See- fischerei ebenfalls mit gutem Erfolge angewendet werden könnte. Unzweifelhaft gilt dieses bezüglich der künstlichen Austernzucht, womit namentlich Holland und Amerika in groſsem Maſsstabe vorge- gangen sind 5), aber auch die Anzucht von Seefischen wird bereits an 1) In Preuſsen ist die von den Heringsfischern zu zahlende Lotsengebühr auf die Hälfte des normalen Satzes ermäſsigt worden. In Belgien zahlen die Fischereifahrzeuge gar keine Lotsenabgaben oder Hafengelder. 2) In Deutschland ist der Sturmwarnungsdienst durch die deutsche Seewarte in vorzüglicher Weise organisiert. Die Einrichtung sturmsicherer Häfen wird in den letzten Jahren in besonderer Weise gefördert. 3) Für den Bahntransport der Seefische kommt in Deutschland zunächst der oben S. 346, N. 2 mitgeteilte § 34 des Eisenbahnreglements in Betracht, auſserdem besteht für den Versand von Heringen aus Emden nach Süddeutschland ein beson- derer Ausnahmetarif. Die Eisenbahnfahrpläne nehmen auch Rücksicht auf die Her- stellung rascher Verbindungen zwischen den hauptsächlichsten Fischereihäfen und den groſsen Konsumtionsplätzen im Binnenlande. 4) In Deutschland besteht seit 1870 eine „Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere“ in Kiel, welche wertvolle Jahresberichte heraus- giebt. Hervorragende Leistungen hat die amerikanische „U. S. fish commission“ aufzuweisen. 5) In der Provinz Zeeland sind 1885 rund 30 Millionen cementierte Ziegeln auf den verpachteten Bänken der Schelde zum Auffangen von Austernbrut ausgelegt worden und wurde eine durchschnittliche Belegung jeder Ziegel mit 60 Austern erzielt.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/381>, abgerufen am 28.04.2024.