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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Die Eisenarchitektur.
kommende Vergrößerung der constructiven Elemente zu bisher kaum gedachter
Massigkeit und Linearentwickelung, verbunden mit einer verwirrenden Fülle von
Detailconstructionen, zur Bewunderung hinreißen. Der Eiffelthurm bildet, mag sein
Dasein auch zwecklos sein, einen Triumph des modernen Eisenbaues.

Sieht man von den für Wohnzwecke bestimmten eisernen Baulichkeiten ab,
welche vornehmlich in der neuen [Abbildung] Fig. 205.

Spitze und Leuchtthurm des Eiffelthurmes.


Welt große Verbreitung gefunden
haben, so hat sich die Eisenarchi-
tektur vornehmlich jener Objecte
bemächtigt, welche öffentlichen
Zwecken dienen. Die Raschheit,
mit der solche Baulichkeiten aus-
geführt werden können, hat diesen
Zweig der Eisentechnik vornehm-
lich befähigt, überall dort den
gestellten Anforderungen gerecht
zu werden, wo es sich um rasche
Durchführungen handelt, wie
z. B. im modernen Ausstellungs-
wesen. Die zu diesem Zwecke
erbauten, oft enorm ausgedehnten
Hallen sind vorwiegend, wenn
nicht völlig, Eisenbauten, wobei
dem Charakter der Construction
entsprechend, der Anbringung von
Lichtflächen kaum eine Grenze
gesteckt ist. Solche Hallen sind
daher hell und luftig, vornehmlich
nach der Höhe hin durch keinerlei
Zwischenbauten beengt, dazu in
ihrer Gesammtansicht leicht und
gefällig. Auch dem decorativen
Element kann, sofern sich das-
selbe als zweckentsprechend erweist, bei der Vollendung des heutigen Formgusses
nach jeder Richtung Rechnung getragen werden.

Ihren Glanzpunkt findet die Eisenarchitektur in den großen modernen Bahn-
hofshallen
. Man wendet sie vorzugsweise bei großen Centralbahnhöfen an. Es
sind Kopfstationen mit dem Aufnahmsgebäude vor den todtlaufenden Geleisen.
Unter der mächtigen Halle sind die einzelnen Geleisegruppen für verschiedene Ab-
fahrtsrichtungen durch Perrons getrennt, welche sämmtlich auf einen gemeinsamen
Querperron münden. Die Hallen, welche die todtlaufenden Geleise überspannen,

Die Eiſenarchitektur.
kommende Vergrößerung der conſtructiven Elemente zu bisher kaum gedachter
Maſſigkeit und Linearentwickelung, verbunden mit einer verwirrenden Fülle von
Detailconſtructionen, zur Bewunderung hinreißen. Der Eiffelthurm bildet, mag ſein
Daſein auch zwecklos ſein, einen Triumph des modernen Eiſenbaues.

Sieht man von den für Wohnzwecke beſtimmten eiſernen Baulichkeiten ab,
welche vornehmlich in der neuen [Abbildung] Fig. 205.

Spitze und Leuchtthurm des Eiffelthurmes.


Welt große Verbreitung gefunden
haben, ſo hat ſich die Eiſenarchi-
tektur vornehmlich jener Objecte
bemächtigt, welche öffentlichen
Zwecken dienen. Die Raſchheit,
mit der ſolche Baulichkeiten aus-
geführt werden können, hat dieſen
Zweig der Eiſentechnik vornehm-
lich befähigt, überall dort den
geſtellten Anforderungen gerecht
zu werden, wo es ſich um raſche
Durchführungen handelt, wie
z. B. im modernen Ausſtellungs-
weſen. Die zu dieſem Zwecke
erbauten, oft enorm ausgedehnten
Hallen ſind vorwiegend, wenn
nicht völlig, Eiſenbauten, wobei
dem Charakter der Conſtruction
entſprechend, der Anbringung von
Lichtflächen kaum eine Grenze
geſteckt iſt. Solche Hallen ſind
daher hell und luftig, vornehmlich
nach der Höhe hin durch keinerlei
Zwiſchenbauten beengt, dazu in
ihrer Geſammtanſicht leicht und
gefällig. Auch dem decorativen
Element kann, ſofern ſich das-
ſelbe als zweckentſprechend erweiſt, bei der Vollendung des heutigen Formguſſes
nach jeder Richtung Rechnung getragen werden.

Ihren Glanzpunkt findet die Eiſenarchitektur in den großen modernen Bahn-
hofshallen
. Man wendet ſie vorzugsweiſe bei großen Centralbahnhöfen an. Es
ſind Kopfſtationen mit dem Aufnahmsgebäude vor den todtlaufenden Geleiſen.
Unter der mächtigen Halle ſind die einzelnen Geleiſegruppen für verſchiedene Ab-
fahrtsrichtungen durch Perrons getrennt, welche ſämmtlich auf einen gemeinſamen
Querperron münden. Die Hallen, welche die todtlaufenden Geleiſe überſpannen,

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[249/0285] Die Eiſenarchitektur. kommende Vergrößerung der conſtructiven Elemente zu bisher kaum gedachter Maſſigkeit und Linearentwickelung, verbunden mit einer verwirrenden Fülle von Detailconſtructionen, zur Bewunderung hinreißen. Der Eiffelthurm bildet, mag ſein Daſein auch zwecklos ſein, einen Triumph des modernen Eiſenbaues. Sieht man von den für Wohnzwecke beſtimmten eiſernen Baulichkeiten ab, welche vornehmlich in der neuen [Abbildung Fig. 205. Spitze und Leuchtthurm des Eiffelthurmes.] Welt große Verbreitung gefunden haben, ſo hat ſich die Eiſenarchi- tektur vornehmlich jener Objecte bemächtigt, welche öffentlichen Zwecken dienen. Die Raſchheit, mit der ſolche Baulichkeiten aus- geführt werden können, hat dieſen Zweig der Eiſentechnik vornehm- lich befähigt, überall dort den geſtellten Anforderungen gerecht zu werden, wo es ſich um raſche Durchführungen handelt, wie z. B. im modernen Ausſtellungs- weſen. Die zu dieſem Zwecke erbauten, oft enorm ausgedehnten Hallen ſind vorwiegend, wenn nicht völlig, Eiſenbauten, wobei dem Charakter der Conſtruction entſprechend, der Anbringung von Lichtflächen kaum eine Grenze geſteckt iſt. Solche Hallen ſind daher hell und luftig, vornehmlich nach der Höhe hin durch keinerlei Zwiſchenbauten beengt, dazu in ihrer Geſammtanſicht leicht und gefällig. Auch dem decorativen Element kann, ſofern ſich das- ſelbe als zweckentſprechend erweiſt, bei der Vollendung des heutigen Formguſſes nach jeder Richtung Rechnung getragen werden. Ihren Glanzpunkt findet die Eiſenarchitektur in den großen modernen Bahn- hofshallen. Man wendet ſie vorzugsweiſe bei großen Centralbahnhöfen an. Es ſind Kopfſtationen mit dem Aufnahmsgebäude vor den todtlaufenden Geleiſen. Unter der mächtigen Halle ſind die einzelnen Geleiſegruppen für verſchiedene Ab- fahrtsrichtungen durch Perrons getrennt, welche ſämmtlich auf einen gemeinſamen Querperron münden. Die Hallen, welche die todtlaufenden Geleiſe überſpannen,

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/285>, abgerufen am 28.04.2024.