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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Das andere Buch.
nun schon die Jndianer jeder weilen diß Thier in
ihren Häusern halten; so hat jedoch niemand
jemals es essen gesehen. Seine Stimme/ die
nach der Singe-Kunst/ und zwar nur Nacht-Zeit
es hören lässet; ist nach denen auf- und abstei-
genden 6. Stimmen der Music/ ut, re, mi, fa,
sol, la,
eingerichtet/ doch daß zwischen jedem
Laut/ es ein Viertel des Sing-schlags suspirium
genandt/ innenhält: Und dieselbe mit ha, ha,
ha, ha, ha, ha,
singend von sich hören lässet. Jn
der Länge mag diß Thier bey zwo Spannen
seyn/ und eben so breit ist es auch/ hat keinen
Schwantz/ aber an den Füssen starcke Klauen/
mit denen es alles/ was es fasset/ nicht leicht wi-
der gehen lässet. Man hat einsten einem sol-
chen Thier eine starcke Stangen vor geworffen/
welche es er griffen/ und damit zwischen zween
Balcken auf gehenckt worden/ ob nun schon es
bey 40. Tagen also gehangen/ hat es doch die
Stange nicht wollen anlassen/ in solcher Zeit
auch nichts an essen bekommen; und als endlich
man es von der Stange abgeledigt/ und ihm ei-
nen Hund vorgeworffen/ hat es denselben ebener
massen mit den Klauen also starck er griffen/ und
gehalten/ biß nach dem vierdten Tage der Hund
aus Hunger verrecket. Wegen schwere des
Leibs/ und Ungeschickligkeit der Füsse/ ist es in
seiner Bewegung also langsam/ daß es einen
gantzen Tag lang/ kaum 50. Schritt fortkrie-
chen kan. Allermeist hält es sich auf den Bäu-

men/

Das andere Buch.
nun ſchon die Jndianer jeder weilen diß Thier in
ihren Häuſern halten; ſo hat jedoch niemand
jemals es eſſen geſehen. Seine Stimme/ die
nach der Singe-Kunſt/ und zwar nur Nacht-Zeit
es hören läſſet; iſt nach denen auf- und abſtei-
genden 6. Stimmen der Muſic/ ut, re, mi, fa,
ſol, la,
eingerichtet/ doch daß zwiſchen jedem
Laut/ es ein Viertel des Sing-ſchlags ſuſpirium
genandt/ innenhält: Und dieſelbe mit ha, ha,
ha, ha, ha, ha,
ſingend von ſich hören läſſet. Jn
der Länge mag diß Thier bey zwo Spannen
ſeyn/ und eben ſo breit iſt es auch/ hat keinen
Schwantz/ aber an den Füſſen ſtarcke Klauen/
mit denen es alles/ was es faſſet/ nicht leicht wi-
der gehen läſſet. Man hat einſten einem ſol-
chen Thier eine ſtarcke Stangen vor geworffen/
welche es er griffen/ und damit zwiſchen zween
Balcken auf gehenckt worden/ ob nun ſchon es
bey 40. Tagen alſo gehangen/ hat es doch die
Stange nicht wollen anlaſſen/ in ſolcher Zeit
auch nichts an eſſen bekommen; und als endlich
man es von der Stange abgeledigt/ und ihm ei-
nen Hund vorgeworffen/ hat es denſelben ebener
maſſen mit den Klauen alſo ſtarck er griffen/ und
gehalten/ biß nach dem vierdten Tage der Hund
aus Hunger verrecket. Wegen ſchwere des
Leibs/ und Ungeſchickligkeit der Füſſe/ iſt es in
ſeiner Bewegung alſo langſam/ daß es einen
gantzen Tag lang/ kaum 50. Schritt fortkrie-
chen kan. Allermeiſt hält es ſich auf den Bäu-

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[618/0774] Das andere Buch. nun ſchon die Jndianer jeder weilen diß Thier in ihren Häuſern halten; ſo hat jedoch niemand jemals es eſſen geſehen. Seine Stimme/ die nach der Singe-Kunſt/ und zwar nur Nacht-Zeit es hören läſſet; iſt nach denen auf- und abſtei- genden 6. Stimmen der Muſic/ ut, re, mi, fa, ſol, la, eingerichtet/ doch daß zwiſchen jedem Laut/ es ein Viertel des Sing-ſchlags ſuſpirium genandt/ innenhält: Und dieſelbe mit ha, ha, ha, ha, ha, ha, ſingend von ſich hören läſſet. Jn der Länge mag diß Thier bey zwo Spannen ſeyn/ und eben ſo breit iſt es auch/ hat keinen Schwantz/ aber an den Füſſen ſtarcke Klauen/ mit denen es alles/ was es faſſet/ nicht leicht wi- der gehen läſſet. Man hat einſten einem ſol- chen Thier eine ſtarcke Stangen vor geworffen/ welche es er griffen/ und damit zwiſchen zween Balcken auf gehenckt worden/ ob nun ſchon es bey 40. Tagen alſo gehangen/ hat es doch die Stange nicht wollen anlaſſen/ in ſolcher Zeit auch nichts an eſſen bekommen; und als endlich man es von der Stange abgeledigt/ und ihm ei- nen Hund vorgeworffen/ hat es denſelben ebener maſſen mit den Klauen alſo ſtarck er griffen/ und gehalten/ biß nach dem vierdten Tage der Hund aus Hunger verrecket. Wegen ſchwere des Leibs/ und Ungeſchickligkeit der Füſſe/ iſt es in ſeiner Bewegung alſo langſam/ daß es einen gantzen Tag lang/ kaum 50. Schritt fortkrie- chen kan. Allermeiſt hält es ſich auf den Bäu- men/

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/774>, abgerufen am 05.05.2024.