Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

die elektrodynamische Induction der Drähte auf einander dadurch
nicht aufgehoben, wie Foucault behauptete 1).

Man kann sich hiervon ebenfalls leicht durch einen ein-
fachen Versuch überzeugen.

Wenn man zwei mit Guttapercha oder Kautschuck isolirte
Drähte zusammen auf eine Rolle aufwickelt, so sind in dem einen
Drahte kräftige Ladungs-, so wie Volta-Inductionsströme zu be-
obachten, wenn durch den andern eine galvanische Kette ab-
wechselnd geschlossen und geöffnet wird. Stellt man die Rolle
nun in ein Gefäss und füllt dasselbe nach und nach mit Wasser,
so vermindern sich die Ladungsströme im ersteren Drahte und
hören ganz auf, wenn das Wasser die Zwischenräume zwischen
den Drähten vollständig ausgefüllt hat, wogegen die elektrodyna-
misch inducirten Ströme sogar etwas stärker werden.

Für Telegraphenleitungen sind diese elektrodynamisch in-
ducirten Ströme, wie schon hervorgehoben, ohne Bedeutung, da
sie mit der Länge der Leitung nicht zunehmen; das so äusserst
empfindliche Telephon wird jedoch durch dieselben noch erregt,
wenn die inducirenden Ströme nicht ausserordentlich schwach
sind. Man wird daher für Telephone auch besondere Kabellei-
tungen anlegen müssen, so wie sie besonderer Gestänge bei ober-
irdischer Drahtführung bedürfen.

Wie sich aus dem Obigen ergiebt, ist das Telephon noch
wesentlicher Verbesserung fähig. Es werden zuverlässig in kur-
zer Zeit Telephone hergestellt werden, welche die Sprache
sowie musikalische Töne unvergleichlich lauter, deutlicher und
reiner auf mässige Entfernungen hin übertragen, als es durch
das Bell'sche Telephon bisher geschieht.

Das Telephon wird dann für den Verkehr in Städten und
zwischen benachbarten Ortschaften grosse Dienste leisten, die
weit über das hinausgehen, was der Telegraph für kurze Ent-
fernungen zu leisten vermag. Das Telephon ist ein elektrisches
Sprachrohr, welches ebenso wie dieses von Jedermann gehand-

1) Foucault nahm am 2. Juli 1869 in England ein Patent auf Um-
hüllung der einzelnen Leiter mit Stanniol oder anderen leitenden Körpern
mit dem ausgesprochenen Zwecke, die elektrodynamische Induction durch
die in der Zinnhülle entstehenden Gegenströme zu compensiren.

die elektrodynamische Induction der Drähte auf einander dadurch
nicht aufgehoben, wie Foucault behauptete 1).

Man kann sich hiervon ebenfalls leicht durch einen ein-
fachen Versuch überzeugen.

Wenn man zwei mit Guttapercha oder Kautschuck isolirte
Drähte zusammen auf eine Rolle aufwickelt, so sind in dem einen
Drahte kräftige Ladungs-, so wie Volta-Inductionsströme zu be-
obachten, wenn durch den andern eine galvanische Kette ab-
wechselnd geschlossen und geöffnet wird. Stellt man die Rolle
nun in ein Gefäss und füllt dasselbe nach und nach mit Wasser,
so vermindern sich die Ladungsströme im ersteren Drahte und
hören ganz auf, wenn das Wasser die Zwischenräume zwischen
den Drähten vollständig ausgefüllt hat, wogegen die elektrodyna-
misch inducirten Ströme sogar etwas stärker werden.

Für Telegraphenleitungen sind diese elektrodynamisch in-
ducirten Ströme, wie schon hervorgehoben, ohne Bedeutung, da
sie mit der Länge der Leitung nicht zunehmen; das so äusserst
empfindliche Telephon wird jedoch durch dieselben noch erregt,
wenn die inducirenden Ströme nicht ausserordentlich schwach
sind. Man wird daher für Telephone auch besondere Kabellei-
tungen anlegen müssen, so wie sie besonderer Gestänge bei ober-
irdischer Drahtführung bedürfen.

Wie sich aus dem Obigen ergiebt, ist das Telephon noch
wesentlicher Verbesserung fähig. Es werden zuverlässig in kur-
zer Zeit Telephone hergestellt werden, welche die Sprache
sowie musikalische Töne unvergleichlich lauter, deutlicher und
reiner auf mässige Entfernungen hin übertragen, als es durch
das Bell’sche Telephon bisher geschieht.

Das Telephon wird dann für den Verkehr in Städten und
zwischen benachbarten Ortschaften grosse Dienste leisten, die
weit über das hinausgehen, was der Telegraph für kurze Ent-
fernungen zu leisten vermag. Das Telephon ist ein elektrisches
Sprachrohr, welches ebenso wie dieses von Jedermann gehand-

1) Foucault nahm am 2. Juli 1869 in England ein Patent auf Um-
hüllung der einzelnen Leiter mit Stanniol oder anderen leitenden Körpern
mit dem ausgesprochenen Zwecke, die elektrodynamische Induction durch
die in der Zinnhülle entstehenden Gegenströme zu compensiren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0462" n="440"/>
die elektrodynamische Induction der Drähte auf einander dadurch<lb/>
nicht aufgehoben, wie Foucault behauptete <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Foucault</hi> nahm am 2. Juli 1869 in England ein Patent auf Um-<lb/>
hüllung der einzelnen Leiter mit Stanniol oder anderen leitenden Körpern<lb/>
mit dem ausgesprochenen Zwecke, die elektrodynamische Induction durch<lb/>
die in der Zinnhülle entstehenden Gegenströme zu compensiren.</note>.</p><lb/>
        <p>Man kann sich hiervon ebenfalls leicht durch einen ein-<lb/>
fachen Versuch überzeugen.</p><lb/>
        <p>Wenn man zwei mit Guttapercha oder Kautschuck isolirte<lb/>
Drähte zusammen auf eine Rolle aufwickelt, so sind in dem einen<lb/>
Drahte kräftige Ladungs-, so wie Volta-Inductionsströme zu be-<lb/>
obachten, wenn durch den andern eine galvanische Kette ab-<lb/>
wechselnd geschlossen und geöffnet wird. Stellt man die Rolle<lb/>
nun in ein Gefäss und füllt dasselbe nach und nach mit Wasser,<lb/>
so vermindern sich die Ladungsströme im ersteren Drahte und<lb/>
hören ganz auf, wenn das Wasser die Zwischenräume zwischen<lb/>
den Drähten vollständig ausgefüllt hat, wogegen die elektrodyna-<lb/>
misch inducirten Ströme sogar etwas stärker werden.</p><lb/>
        <p>Für Telegraphenleitungen sind diese elektrodynamisch in-<lb/>
ducirten Ströme, wie schon hervorgehoben, ohne Bedeutung, da<lb/>
sie mit der Länge der Leitung nicht zunehmen; das so äusserst<lb/>
empfindliche Telephon wird jedoch durch dieselben noch erregt,<lb/>
wenn die inducirenden Ströme nicht ausserordentlich schwach<lb/>
sind. Man wird daher für Telephone auch besondere Kabellei-<lb/>
tungen anlegen müssen, so wie sie besonderer Gestänge bei ober-<lb/>
irdischer Drahtführung bedürfen.</p><lb/>
        <p>Wie sich aus dem Obigen ergiebt, ist das Telephon noch<lb/>
wesentlicher Verbesserung fähig. Es werden zuverlässig in kur-<lb/>
zer Zeit Telephone hergestellt werden, welche die Sprache<lb/>
sowie musikalische Töne unvergleichlich lauter, deutlicher und<lb/>
reiner auf mässige Entfernungen hin übertragen, als es durch<lb/>
das Bell&#x2019;sche Telephon bisher geschieht.</p><lb/>
        <p>Das Telephon wird dann für den Verkehr in Städten und<lb/>
zwischen benachbarten Ortschaften grosse Dienste leisten, die<lb/>
weit über das hinausgehen, was der Telegraph für kurze Ent-<lb/>
fernungen zu leisten vermag. Das Telephon ist ein elektrisches<lb/>
Sprachrohr, welches ebenso wie dieses von Jedermann gehand-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0462] die elektrodynamische Induction der Drähte auf einander dadurch nicht aufgehoben, wie Foucault behauptete 1). Man kann sich hiervon ebenfalls leicht durch einen ein- fachen Versuch überzeugen. Wenn man zwei mit Guttapercha oder Kautschuck isolirte Drähte zusammen auf eine Rolle aufwickelt, so sind in dem einen Drahte kräftige Ladungs-, so wie Volta-Inductionsströme zu be- obachten, wenn durch den andern eine galvanische Kette ab- wechselnd geschlossen und geöffnet wird. Stellt man die Rolle nun in ein Gefäss und füllt dasselbe nach und nach mit Wasser, so vermindern sich die Ladungsströme im ersteren Drahte und hören ganz auf, wenn das Wasser die Zwischenräume zwischen den Drähten vollständig ausgefüllt hat, wogegen die elektrodyna- misch inducirten Ströme sogar etwas stärker werden. Für Telegraphenleitungen sind diese elektrodynamisch in- ducirten Ströme, wie schon hervorgehoben, ohne Bedeutung, da sie mit der Länge der Leitung nicht zunehmen; das so äusserst empfindliche Telephon wird jedoch durch dieselben noch erregt, wenn die inducirenden Ströme nicht ausserordentlich schwach sind. Man wird daher für Telephone auch besondere Kabellei- tungen anlegen müssen, so wie sie besonderer Gestänge bei ober- irdischer Drahtführung bedürfen. Wie sich aus dem Obigen ergiebt, ist das Telephon noch wesentlicher Verbesserung fähig. Es werden zuverlässig in kur- zer Zeit Telephone hergestellt werden, welche die Sprache sowie musikalische Töne unvergleichlich lauter, deutlicher und reiner auf mässige Entfernungen hin übertragen, als es durch das Bell’sche Telephon bisher geschieht. Das Telephon wird dann für den Verkehr in Städten und zwischen benachbarten Ortschaften grosse Dienste leisten, die weit über das hinausgehen, was der Telegraph für kurze Ent- fernungen zu leisten vermag. Das Telephon ist ein elektrisches Sprachrohr, welches ebenso wie dieses von Jedermann gehand- 1) Foucault nahm am 2. Juli 1869 in England ein Patent auf Um- hüllung der einzelnen Leiter mit Stanniol oder anderen leitenden Körpern mit dem ausgesprochenen Zwecke, die elektrodynamische Induction durch die in der Zinnhülle entstehenden Gegenströme zu compensiren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/462
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/462>, abgerufen am 13.05.2024.