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Soemmerring, Samuel Thomas von: Über einen elektrischen Telegraphen. In: Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Classe der Mathematik und Physik. 1809/1810 (1811), S. 401-414.

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Um jedoch den praktischen Beweis der Ausführbarkeit dieses
Gedankens zu unternehmen, bedurfte es einer besondern, gelegen-
heitlichen Veranlassung, die mir andere, meinem Berufe näher lie-
gende Versuche wirklich nicht haben fehlen lassen. Eine leichte,
einfache, wenig kostspielige Vorrichtung stellt meine Erfindung in
der gehörigen Klarheit vor Augen. Ich wünsche den Bericht davon
in den Acten unserer Akademie zur Aufbewahrung und Benutzung
niederzulegen, andern es gern überlassend, meinen durch Elektrici-
tät vermittelten Telegraphen zum etwanigen Gebrauche des Staates
anzuwenden.

Schil-
Magazin, 9. B. 1. St.) einen elektrischen Telegraphen vor, welcher folgende
Einrichtung haben sollte. Von Stanniolstreifen, die man auf eine Glastafel ge-
klebt und mit Buchstaben bezeichnet hatte, sollte derjenige Streifen mittelst des
el[e]ktrischen Funkens angedeutet werden, welcher dem anzuzeigenden Buchstaben
gehörte; der elektrische Funken aber sollte den Streifen durch eben so viele
unter der Erde in gläsernen Röhren befindliche Drähte zugeleitet werden.
Es steht dahin, ob dieser Vorschlag jemahls praktisch versucht worden seyn
mag?
Vier Jahre darauf erfand, nach einer in demselben Magazine (11. Bd. St. 4.)
befindlichen Nachricht Dr. Salva in Spanien einen elektrischen Telegraphen
von ausnehmender Wirksamkeit. Der Friedensfürst berief ihn nach Madrid,
wo man bey Hofe seine Versuche mit grossem Wohlgefallen sah. Der Infant Don
Antonio
beschäftigte sich mit Dr. Salva, diese Erfindung zu verbessern, und
liess einen sehr grossen, auf eine sehr weite Ferne wirksamen Elektricitäts-Tele-
graphen errichten.
Dieser Telegraph des Dr. Salva war wohl nicht durch Gas-Entbindung ver-
mittelt, weil die elektrische Säule erst ein paar Jahre später, nämlich 1800, von
Hrn. Volta erfunden ward.
Nach meinen dermaligen Ansichten würde ich aber zur Andeutung der Buch-
staben und Zahlen die Gas-Entbindung dem elektrischen Funken weit vorziehen,
1) weil man die Gas-Entbindung, so lange man will, z. B. 20 -- 30 Secunden
anhalten lassen kann, dagegen der elektrische Funken im Augenblicke verschwin-
det; 2) weil selbst die schwächste Gas-Entbindung gar leicht ins Auge fällt, da
hingegen ein kleines elektrisches Fünkehen bey hellem Tage nicht bemerklich ist;
3) weil überdies die Gas-Entbindung zwey Buchstaben zu gleicher Zeit, der
elektrische Funke nur einen Buchstaben auf einmal andeutet; 4) ist es noch erst
zu versuchen, ob sich die 35 Drähte so dicht zu einem gemeinschaftlichen Seile
wieder zusammen nehmen lassen, wenn man einen bedeutenden elektrischen Fun-
ken durch sie vermitteln wollte.

Um jedoch den praktischen Beweis der Ausführbarkeit dieses
Gedankens zu unternehmen, bedurfte es einer besondern, gelegen-
heitlichen Veranlassung, die mir andere, meinem Berufe näher lie-
gende Versuche wirklich nicht haben fehlen lassen. Eine leichte,
einfache, wenig kostspielige Vorrichtung stellt meine Erfindung in
der gehörigen Klarheit vor Augen. Ich wünsche den Bericht davon
in den Acten unserer Akademie zur Aufbewahrung und Benutzung
niederzulegen, andern es gern überlassend, meinen durch Elektrici-
tät vermittelten Telegraphen zum etwanigen Gebrauche des Staates
anzuwenden.

Schil-
Magazin, 9. B. 1. St.) einen elektrischen Telegraphen vor, welcher folgende
Einrichtung haben sollte. Von Stanniolstreifen, die man auf eine Glastafel ge-
klebt und mit Buchstaben bezeichnet hatte, sollte derjenige Streifen mittelst des
el[e]ktrischen Funkens angedeutet werden, welcher dem anzuzeigenden Buchstaben
gehörte; der elektrische Funken aber sollte den Streifen durch eben so viele
unter der Erde in gläsernen Röhren befindliche Drähte zugeleitet werden.
Es steht dahin, ob dieser Vorschlag jemahls praktisch versucht worden seyn
mag?
Vier Jahre darauf erfand, nach einer in demselben Magazine (11. Bd. St. 4.)
befindlichen Nachricht Dr. Salva in Spanien einen elektrischen Telegraphen
von ausnehmender Wirksamkeit. Der Friedensfürst berief ihn nach Madrid,
wo man bey Hofe seine Versuche mit groſsem Wohlgefallen sah. Der Infant Don
Antonio
beschäftigte sich mit Dr. Salva, diese Erfindung zu verbessern, und
lieſs einen sehr groſsen, auf eine sehr weite Ferne wirksamen Elektricitäts-Tele-
graphen errichten.
Dieser Telegraph des Dr. Salva war wohl nicht durch Gas-Entbindung ver-
mittelt, weil die elektrische Säule erst ein paar Jahre später, nämlich 1800, von
Hrn. Volta erfunden ward.
Nach meinen dermaligen Ansichten würde ich aber zur Andeutung der Buch-
staben und Zahlen die Gas-Entbindung dem elektrischen Funken weit vorziehen,
1) weil man die Gas-Entbindung, so lange man will, z. B. 20 — 30 Secunden
anhalten lassen kann, dagegen der elektrische Funken im Augenblicke verschwin-
det; 2) weil selbst die schwächste Gas-Entbindung gar leicht ins Auge fällt, da
hingegen ein kleines elektrisches Fünkehen bey hellem Tage nicht bemerklich ist;
3) weil überdies die Gas-Entbindung zwey Buchstaben zu gleicher Zeit, der
elektrische Funke nur einen Buchstaben auf einmal andeutet; 4) ist es noch erst
zu versuchen, ob sich die 35 Drähte so dicht zu einem gemeinschaftlichen Seile
wieder zusammen nehmen lassen, wenn man einen bedeutenden elektrischen Fun-
ken durch sie vermitteln wollte.
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[402/0014] Um jedoch den praktischen Beweis der Ausführbarkeit dieses Gedankens zu unternehmen, bedurfte es einer besondern, gelegen- heitlichen Veranlassung, die mir andere, meinem Berufe näher lie- gende Versuche wirklich nicht haben fehlen lassen. Eine leichte, einfache, wenig kostspielige Vorrichtung stellt meine Erfindung in der gehörigen Klarheit vor Augen. Ich wünsche den Bericht davon in den Acten unserer Akademie zur Aufbewahrung und Benutzung niederzulegen, andern es gern überlassend, meinen durch Elektrici- tät vermittelten Telegraphen zum etwanigen Gebrauche des Staates anzuwenden. Schil- a) a) Magazin, 9. B. 1. St.) einen elektrischen Telegraphen vor, welcher folgende Einrichtung haben sollte. Von Stanniolstreifen, die man auf eine Glastafel ge- klebt und mit Buchstaben bezeichnet hatte, sollte derjenige Streifen mittelst des elektrischen Funkens angedeutet werden, welcher dem anzuzeigenden Buchstaben gehörte; der elektrische Funken aber sollte den Streifen durch eben so viele unter der Erde in gläsernen Röhren befindliche Drähte zugeleitet werden. Es steht dahin, ob dieser Vorschlag jemahls praktisch versucht worden seyn mag? Vier Jahre darauf erfand, nach einer in demselben Magazine (11. Bd. St. 4.) befindlichen Nachricht Dr. Salva in Spanien einen elektrischen Telegraphen von ausnehmender Wirksamkeit. Der Friedensfürst berief ihn nach Madrid, wo man bey Hofe seine Versuche mit groſsem Wohlgefallen sah. Der Infant Don Antonio beschäftigte sich mit Dr. Salva, diese Erfindung zu verbessern, und lieſs einen sehr groſsen, auf eine sehr weite Ferne wirksamen Elektricitäts-Tele- graphen errichten. Dieser Telegraph des Dr. Salva war wohl nicht durch Gas-Entbindung ver- mittelt, weil die elektrische Säule erst ein paar Jahre später, nämlich 1800, von Hrn. Volta erfunden ward. Nach meinen dermaligen Ansichten würde ich aber zur Andeutung der Buch- staben und Zahlen die Gas-Entbindung dem elektrischen Funken weit vorziehen, 1) weil man die Gas-Entbindung, so lange man will, z. B. 20 — 30 Secunden anhalten lassen kann, dagegen der elektrische Funken im Augenblicke verschwin- det; 2) weil selbst die schwächste Gas-Entbindung gar leicht ins Auge fällt, da hingegen ein kleines elektrisches Fünkehen bey hellem Tage nicht bemerklich ist; 3) weil überdies die Gas-Entbindung zwey Buchstaben zu gleicher Zeit, der elektrische Funke nur einen Buchstaben auf einmal andeutet; 4) ist es noch erst zu versuchen, ob sich die 35 Drähte so dicht zu einem gemeinschaftlichen Seile wieder zusammen nehmen lassen, wenn man einen bedeutenden elektrischen Fun- ken durch sie vermitteln wollte.

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Zitationshilfe: Soemmerring, Samuel Thomas von: Über einen elektrischen Telegraphen. In: Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Classe der Mathematik und Physik. 1809/1810 (1811), S. 401-414, hier S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soemmerring_telegraphen_1811/14>, abgerufen am 28.03.2024.