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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO XXV.
noch allemahl der zeit mangel geklagt werden kan/ in dem aufs wenigste der
liebe sonntag zu solcher übung angewendet werden solle und mag. Hat nun
ein prediger so viel bey ein oder etlichen seiner zuhörer erlangt/ so wolte ich als
bald rathen/ daß der selbige zu reitzung der andern/ sich zu denselben gleich et-
was familiarer hielte/ und ihr exempel damit andern recommendirte; sie
auch auff sonn- und feyer-tage/ da er weiß/ daß es ihnen gelegen sey/ nach ver-
richtetem gottesdienst besuche/ und absonderlich als dann an die hand gehe/
wie sie solches N. T. und übrige schrifft zulesen hätten/ auch solches mehrmah-
len bey ihnen practicire (wo man das nicht scheuen/ daß man solchen tag ohne
das in den öffentlichen verrichtungen müd worden sey/ sondern solche zeit
klüglich erkauffen muß) ihnen damit eine vertraulichkeit gegen sich mache/
sich wo sie einigen anstoß hätten/ zu dessen erleuterung anbiete/ und bey ihme
zu hauß zuzusprechen/ so offt sie es zu ihrer erbauung dienlich befinden/ frey
gebe; alles solches aber ohn einigen entgeld/ damit die sache nicht einen bösen
nahmen bekomme/ und die leut abgeschrecket werden. Wo nun in einer ge-
meinde nur eine und andere dahin gewonnen worden seynd/ so ist bereits ein
guter anfang gemacht/ und zu hoffen/ daß immer andere nachfolgen werden.
Zu solcher sache wären nachmahl noch weitere gelegenheiten zusuchen. Wo sie
die kinder-lehre in feinem stand ihres orts haben/ so gibt die selbige also bald
eine stattliche anlaß; wäre sie aber nicht/ so achtete ich dieselbige das beste zu
seyn/ daß Christliche und eifrige prediger/ sonderlich wo dero etzliche einstim-
mig sind/ um dergleichen erlaubnüß bey der hohen obrigkeit oder Consisto-
rio
sich anmeldeten. Wo sie aber nur einigerley massen wäre/ so wirddahin zu
arbeiten seyn/ daß man auch die alte/ um zuzuhören/ mit dabey brächte; und
nebens dem examine der kinder immer dahin sehe/ wie man das in dem cate-
chismo enthaltene aus der schrifft/ sonderlich dem N. T. allemahl erwiese/ und
so kinder als zuhörende alte dahin gewehnte/ daß sie alle das N. T. in der
kirchen haben müssen/ und auffschlagen lerneten: damit wird unvermerckt
den leuten ein geschmack gemacht von GOttes wort/ daß sie allgemach einen
mehrern fleiß dahin anwenden werden/ auffs wenigste/ diejenige die nicht gar
incorrigibiles seynd. Solte aber keine öffentliche kinderlehre ins gesamt vor-
handen seyn/ so kan doch das jenige aufs wenigste von einem prediger nicht un-
terlassen noch ihm verbothen werden/ daß er die kinder ehe sie zu dem tisch des
HErrn gelassen und confirmiret werden/ wohl unterrichte und examinire.
Dazu wolte ich (aber ohne entge[l]d und vorwurff/ daß damit den leuten einige
weitere kosten gemacht würden 2. Cor. 12/ 14.) solche information, da die

kinder
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ARTIC. III. SECTIO XXV.
noch allemahl der zeit mangel geklagt werden kan/ in dem aufs wenigſte der
liebe ſonntag zu ſolcher uͤbung angewendet werden ſolle und mag. Hat nun
ein prediger ſo viel bey ein oder etlichen ſeiner zuhoͤrer erlangt/ ſo wolte ich als
bald rathen/ daß der ſelbige zu reitzung der andern/ ſich zu denſelben gleich et-
was familiarer hielte/ und ihr exempel damit andern recommendirte; ſie
auch auff ſonn- und feyer-tage/ da er weiß/ daß es ihnen gelegen ſey/ nach ver-
richtetem gottesdienſt beſuche/ und abſonderlich als dann an die hand gehe/
wie ſie ſolches N. T. und uͤbrige ſchrifft zuleſen haͤtten/ auch ſolches mehrmah-
len bey ihnen practicire (wo man das nicht ſcheuen/ daß man ſolchen tag ohne
das in den oͤffentlichen verrichtungen muͤd worden ſey/ ſondern ſolche zeit
kluͤglich erkauffen muß) ihnen damit eine vertraulichkeit gegen ſich mache/
ſich wo ſie einigen anſtoß haͤtten/ zu deſſen erleuterung anbiete/ und bey ihme
zu hauß zuzuſprechen/ ſo offt ſie es zu ihrer erbauung dienlich befinden/ frey
gebe; alles ſolches aber ohn einigen entgeld/ damit die ſache nicht einen boͤſen
nahmen bekomme/ und die leut abgeſchrecket werden. Wo nun in einer ge-
meinde nur eine und andere dahin gewonnen worden ſeynd/ ſo iſt bereits ein
guter anfang gemacht/ und zu hoffen/ daß immer andere nachfolgen werden.
Zu ſolcher ſache waͤren nachmahl noch weitere gelegenheiten zuſuchen. Wo ſie
die kinder-lehre in feinem ſtand ihres orts haben/ ſo gibt die ſelbige alſo bald
eine ſtattliche anlaß; waͤre ſie aber nicht/ ſo achtete ich dieſelbige das beſte zu
ſeyn/ daß Chriſtliche und eifrige prediger/ ſonderlich wo dero etzliche einſtim-
mig ſind/ um dergleichen erlaubnuͤß bey der hohen obrigkeit oder Conſiſto-
rio
ſich anmeldeten. Wo ſie aber nur einigerley maſſen waͤre/ ſo wirddahin zu
arbeiten ſeyn/ daß man auch die alte/ um zuzuhoͤren/ mit dabey braͤchte; und
nebens dem examine der kinder immer dahin ſehe/ wie man das in dem cate-
chiſmo enthaltene aus der ſchrifft/ ſonderlich dem N. T. allemahl erwieſe/ und
ſo kinder als zuhoͤrende alte dahin gewehnte/ daß ſie alle das N. T. in der
kirchen haben muͤſſen/ und auffſchlagen lerneten: damit wird unvermerckt
den leuten ein geſchmack gemacht von GOttes wort/ daß ſie allgemach einen
mehrern fleiß dahin anwenden werden/ auffs wenigſte/ diejenige die nicht gar
incorrigibiles ſeynd. Solte aber keine oͤffentliche kinderlehre ins geſamt vor-
handen ſeyn/ ſo kan doch das jenige aufs wenigſte von einem prediger nicht un-
terlaſſen noch ihm verbothen werden/ daß er die kinder ehe ſie zu dem tiſch des
HErrn gelaſſen und confirmiret werden/ wohl unterrichte und examinire.
Dazu wolte ich (aber ohne entge[l]d und vorwurff/ daß damit den leuten einige
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kinder
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[713/0729] ARTIC. III. SECTIO XXV. noch allemahl der zeit mangel geklagt werden kan/ in dem aufs wenigſte der liebe ſonntag zu ſolcher uͤbung angewendet werden ſolle und mag. Hat nun ein prediger ſo viel bey ein oder etlichen ſeiner zuhoͤrer erlangt/ ſo wolte ich als bald rathen/ daß der ſelbige zu reitzung der andern/ ſich zu denſelben gleich et- was familiarer hielte/ und ihr exempel damit andern recommendirte; ſie auch auff ſonn- und feyer-tage/ da er weiß/ daß es ihnen gelegen ſey/ nach ver- richtetem gottesdienſt beſuche/ und abſonderlich als dann an die hand gehe/ wie ſie ſolches N. T. und uͤbrige ſchrifft zuleſen haͤtten/ auch ſolches mehrmah- len bey ihnen practicire (wo man das nicht ſcheuen/ daß man ſolchen tag ohne das in den oͤffentlichen verrichtungen muͤd worden ſey/ ſondern ſolche zeit kluͤglich erkauffen muß) ihnen damit eine vertraulichkeit gegen ſich mache/ ſich wo ſie einigen anſtoß haͤtten/ zu deſſen erleuterung anbiete/ und bey ihme zu hauß zuzuſprechen/ ſo offt ſie es zu ihrer erbauung dienlich befinden/ frey gebe; alles ſolches aber ohn einigen entgeld/ damit die ſache nicht einen boͤſen nahmen bekomme/ und die leut abgeſchrecket werden. Wo nun in einer ge- meinde nur eine und andere dahin gewonnen worden ſeynd/ ſo iſt bereits ein guter anfang gemacht/ und zu hoffen/ daß immer andere nachfolgen werden. Zu ſolcher ſache waͤren nachmahl noch weitere gelegenheiten zuſuchen. Wo ſie die kinder-lehre in feinem ſtand ihres orts haben/ ſo gibt die ſelbige alſo bald eine ſtattliche anlaß; waͤre ſie aber nicht/ ſo achtete ich dieſelbige das beſte zu ſeyn/ daß Chriſtliche und eifrige prediger/ ſonderlich wo dero etzliche einſtim- mig ſind/ um dergleichen erlaubnuͤß bey der hohen obrigkeit oder Conſiſto- rio ſich anmeldeten. Wo ſie aber nur einigerley maſſen waͤre/ ſo wirddahin zu arbeiten ſeyn/ daß man auch die alte/ um zuzuhoͤren/ mit dabey braͤchte; und nebens dem examine der kinder immer dahin ſehe/ wie man das in dem cate- chiſmo enthaltene aus der ſchrifft/ ſonderlich dem N. T. allemahl erwieſe/ und ſo kinder als zuhoͤrende alte dahin gewehnte/ daß ſie alle das N. T. in der kirchen haben muͤſſen/ und auffſchlagen lerneten: damit wird unvermerckt den leuten ein geſchmack gemacht von GOttes wort/ daß ſie allgemach einen mehrern fleiß dahin anwenden werden/ auffs wenigſte/ diejenige die nicht gar incorrigibiles ſeynd. Solte aber keine oͤffentliche kinderlehre ins geſamt vor- handen ſeyn/ ſo kan doch das jenige aufs wenigſte von einem prediger nicht un- terlaſſen noch ihm verbothen werden/ daß er die kinder ehe ſie zu dem tiſch des HErrn gelaſſen und confirmiret werden/ wohl unterrichte und examinire. Dazu wolte ich (aber ohne entgeld und vorwurff/ daß damit den leuten einige weitere koſten gemacht wuͤrden 2. Cor. 12/ 14.) ſolche information, da die kinder X x x x

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/729>, abgerufen am 30.04.2024.