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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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SECTIO XI.
gelegenheit geben/ daß leichtfertige leute/ die eine unzüchtige liebe zusammen
tragen/ ihren ehegatten nach dem leben desto lieber stehen dörfften/ weil sie
wissen/ daß sie damit zusammen kommen könten.

4. Jn den weltlichen rechten wird solche ehe deutlich verworffen. L.
Claudius 13. ff. de his quae ut indigna. L. 27. C. ad leg. Jul. de adult.
Ja auch
finden sich Canones die derselben entgegen seynd. Als C. nullus 31. q. 1. aus
Leone: Nullus ducat in matrimonium, quam prius polluit per adulteri-
um.
Wiederum C. illud. eod. ex concilio ap. Alphesum habito: Non con-
venit Christianae religioni, ut ullus ducat in conjugium quam prius polluit
adulterio.

5. Darzu kommt/ daß mehrere Theologi die frage verneinen. Als der
berühmte D. Gerhard LL. CC. T. 7. de conjugio p. 1048. setzet austrücklich
unter die conditiones, wie fern dem adultero möchte die erlaubnüß zu hey-
rathen gegeben werden: ne cum illa contrahere permittatur matrimonium
cum qua commisit adulterium.
So findet sich auch von solchem Theolo-
go
ein gantzes Consilium bey Dedekenn. volum. 3. s. 9. n. 9. p. 228. da der
schluß dahin gehet: Sane si quis nuptias jam dum contraxit cum ea, quam
prius per adulterium polluit, eas non esse solvendas existimamus; interim
idem esse impedimentum contrahendum matrimonium impediens asseri-
mus.
Nach diesem so bleibet auch bey der negativa und beharret auff dem
Königlichen Dänischen verbot/ welches bey solcher kirche im gebrauch und
diese ehe nicht zugibt/ D. Brochmandus Syst. T. 2. de conj. quaest. 26. p. 573.
Der werthe Heßische Theologus, der alte D. Menzerus T. 2. p. 1125. 1126. tra-
cti
rt diese frag auch/ schliesset aber: aegre adducor ut concedam hujusmodi
nuptias:
So er zwahr in dem folgenden einigerley massen mildert und ein-
schräncket.

Jndessen finde ich nicht/ warum ich nicht lieber mit den übrigen es halten
solte/ welche sothane ehe nicht vor bloß verboten halten.

(1) Haben wir in GOttes wort keinen grund eines solchen verbots.
Was aber von GOTT nicht verboten ist/ mag an sich selbs nicht sünde seyn/
und solle auch nicht von andern ohne wichtigste ursachen verboten werden/
sonderlich in dieser sach/ da das verbot besorglich zu mehreren ärgernüssen
und heimlicher schande ursach oder gelegenheit geben möchte/ welche lieber ab-
zuschneiden/ als auf derer andern rigore zu bestehen ist.

(2) Wird auch damit dem gewissen der personen mehr gerathen/ da son-
sten/ wo sie zu dem ledig-bleiben angestrenget werden/ sie vielmehr gefahr und
sündlicher brunst unterworffen werden: Hingegen wo sie je wieder dörffen
heyrathen/ billicher ist/ daß sie beysammen bleiben/ als daß jegliches mit seiner
beywohnung eine andere person in einige gemeinschafft seiner schande mit

ein-
B b b b 2

SECTIO XI.
gelegenheit geben/ daß leichtfertige leute/ die eine unzuͤchtige liebe zuſammen
tragen/ ihren ehegatten nach dem leben deſto lieber ſtehen doͤrfften/ weil ſie
wiſſen/ daß ſie damit zuſammen kommen koͤnten.

4. Jn den weltlichen rechten wird ſolche ehe deutlich verworffen. L.
Claudius 13. ff. de his quæ ut indigna. L. 27. C. ad leg. Jul. de adult.
Ja auch
finden ſich Canones die derſelben entgegen ſeynd. Als C. nullus 31. q. 1. aus
Leone: Nullus ducat in matrimonium, quam prius polluit per adulteri-
um.
Wiederum C. illud. eod. ex concilio ap. Alpheſum habito: Non con-
venit Chriſtianæ religioni, ut ullus ducat in conjugium quam prius polluit
adulterio.

5. Darzu kommt/ daß mehrere Theologi die frage verneinen. Als der
beruͤhmte D. Gerhard LL. CC. T. 7. de conjugio p. 1048. ſetzet austruͤcklich
unter die conditiones, wie fern dem adultero moͤchte die erlaubnuͤß zu hey-
rathen gegeben werden: ne cum illa contrahere permittatur matrimonium
cum qua commiſit adulterium.
So findet ſich auch von ſolchem Theolo-
go
ein gantzes Conſilium bey Dedekenn. volum. 3. ſ. 9. n. 9. p. 228. da der
ſchluß dahin gehet: Sanè ſi quis nuptias jam dum contraxit cum eà, quam
prius per adulterium polluit, eas non eſſe ſolvendas exiſtimamus; interim
idem eſſe impedimentum contrahendum matrimonium impediens aſſeri-
mus.
Nach dieſem ſo bleibet auch bey der negativa und beharret auff dem
Koͤniglichen Daͤniſchen verbot/ welches bey ſolcher kirche im gebrauch und
dieſe ehe nicht zugibt/ D. Brochmandus Syſt. T. 2. de conj. quæſt. 26. p. 573.
Der werthe Heßiſche Theologus, der alte D. Menzerus T. 2. p. 1125. 1126. tra-
cti
rt dieſe frag auch/ ſchlieſſet aber: ægrè adducor ut concedam hujusmodi
nuptias:
So er zwahr in dem folgenden einigerley maſſen mildert und ein-
ſchraͤncket.

Jndeſſen finde ich nicht/ warum ich nicht lieber mit den uͤbrigen es halten
ſolte/ welche ſothane ehe nicht vor bloß verboten halten.

(1) Haben wir in GOttes wort keinen grund eines ſolchen verbots.
Was aber von GOTT nicht verboten iſt/ mag an ſich ſelbs nicht ſuͤnde ſeyn/
und ſolle auch nicht von andern ohne wichtigſte urſachen verboten werden/
ſonderlich in dieſer ſach/ da das verbot beſorglich zu mehreren aͤrgernuͤſſen
und heimlicher ſchande urſach oder gelegenheit geben moͤchte/ welche lieber ab-
zuſchneiden/ als auf derer andern rigore zu beſtehen iſt.

(2) Wird auch damit dem gewiſſen der perſonen mehr gerathen/ da ſon-
ſten/ wo ſie zu dem ledig-bleiben angeſtrenget werden/ ſie vielmehr gefahr und
ſuͤndlicher brunſt unterworffen werden: Hingegen wo ſie je wieder doͤrffen
heyrathen/ billicher iſt/ daß ſie beyſammen bleiben/ als daß jegliches mit ſeiner
beywohnung eine andere perſon in einige gemeinſchafft ſeiner ſchande mit

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[563/0571] SECTIO XI. gelegenheit geben/ daß leichtfertige leute/ die eine unzuͤchtige liebe zuſammen tragen/ ihren ehegatten nach dem leben deſto lieber ſtehen doͤrfften/ weil ſie wiſſen/ daß ſie damit zuſammen kommen koͤnten. 4. Jn den weltlichen rechten wird ſolche ehe deutlich verworffen. L. Claudius 13. ff. de his quæ ut indigna. L. 27. C. ad leg. Jul. de adult. Ja auch finden ſich Canones die derſelben entgegen ſeynd. Als C. nullus 31. q. 1. aus Leone: Nullus ducat in matrimonium, quam prius polluit per adulteri- um. Wiederum C. illud. eod. ex concilio ap. Alpheſum habito: Non con- venit Chriſtianæ religioni, ut ullus ducat in conjugium quam prius polluit adulterio. 5. Darzu kommt/ daß mehrere Theologi die frage verneinen. Als der beruͤhmte D. Gerhard LL. CC. T. 7. de conjugio p. 1048. ſetzet austruͤcklich unter die conditiones, wie fern dem adultero moͤchte die erlaubnuͤß zu hey- rathen gegeben werden: ne cum illa contrahere permittatur matrimonium cum qua commiſit adulterium. So findet ſich auch von ſolchem Theolo- go ein gantzes Conſilium bey Dedekenn. volum. 3. ſ. 9. n. 9. p. 228. da der ſchluß dahin gehet: Sanè ſi quis nuptias jam dum contraxit cum eà, quam prius per adulterium polluit, eas non eſſe ſolvendas exiſtimamus; interim idem eſſe impedimentum contrahendum matrimonium impediens aſſeri- mus. Nach dieſem ſo bleibet auch bey der negativa und beharret auff dem Koͤniglichen Daͤniſchen verbot/ welches bey ſolcher kirche im gebrauch und dieſe ehe nicht zugibt/ D. Brochmandus Syſt. T. 2. de conj. quæſt. 26. p. 573. Der werthe Heßiſche Theologus, der alte D. Menzerus T. 2. p. 1125. 1126. tra- ctirt dieſe frag auch/ ſchlieſſet aber: ægrè adducor ut concedam hujusmodi nuptias: So er zwahr in dem folgenden einigerley maſſen mildert und ein- ſchraͤncket. Jndeſſen finde ich nicht/ warum ich nicht lieber mit den uͤbrigen es halten ſolte/ welche ſothane ehe nicht vor bloß verboten halten. (1) Haben wir in GOttes wort keinen grund eines ſolchen verbots. Was aber von GOTT nicht verboten iſt/ mag an ſich ſelbs nicht ſuͤnde ſeyn/ und ſolle auch nicht von andern ohne wichtigſte urſachen verboten werden/ ſonderlich in dieſer ſach/ da das verbot beſorglich zu mehreren aͤrgernuͤſſen und heimlicher ſchande urſach oder gelegenheit geben moͤchte/ welche lieber ab- zuſchneiden/ als auf derer andern rigore zu beſtehen iſt. (2) Wird auch damit dem gewiſſen der perſonen mehr gerathen/ da ſon- ſten/ wo ſie zu dem ledig-bleiben angeſtrenget werden/ ſie vielmehr gefahr und ſuͤndlicher brunſt unterworffen werden: Hingegen wo ſie je wieder doͤrffen heyrathen/ billicher iſt/ daß ſie beyſammen bleiben/ als daß jegliches mit ſeiner beywohnung eine andere perſon in einige gemeinſchafft ſeiner ſchande mit ein- B b b b 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/571>, abgerufen am 28.04.2024.