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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECTIO XXXV.
einer solchen verblendung, daß sie der satan in seinem dienst hält, da sie
ihn doch nicht kennen, noch ihme zu dienen meinen, daher weniger dafür
halten, daß ihren seelen gefahr deswegen vorstehe. Wie also billich auf al-
[l]e von GOtt geordnete weise jenem scheußlichen laster der groben zauberey
zu steuren ist, so haben wir uns hingegen auch des andern geistlichen lasters
dabey zu erinnern, und zu trachten, daß wir uns so wol für solchem mit
gleichem fleiß hüten, als bey andern/ nach vermögen steuren. Nun in allen
stücken und in seinem bösen wercke, trete den satan unter unsere füsse an al-
len orten, der jenige, der der GOtt des friedens ist, unser Heyland JEsus
Christus, welcher solchen feind überwunden, und uns solches seines segens
theilhaftig gemacht hat. Derselbe regire auch alle der jenigen, welche
mit solcherley gefährlichen processen über eine offt dermassen verborgene
sache umgehen, hertzen und gemüther mit dem geist der weißheit und des
verstandes, des raths und der stärcke, der erkäntnüß und furcht des HEr-
ren, daß sie alles reifflich unter sich erwegen, die tieffe des satans recht er-
kennen, und gleich wie gegen ohnzweiffenlich schuldige ihren eyffer sehen
lassen, also sich sorgsamst vorsehen mögen, daß niemand unschuldiges be-
schweret, und dem teufel auf andere weise mit unterdrückung der jenigen,
denen er selbs feind wäre, freude gemachet werde. Er zerstöre auch insge-
samt das gantze reich der boßheit, und lasse die erde dermaleins voll wer-
den seiner ehre.

SECTIO XXXVI.
Ubereinen casum, als ein junges mägdlein eine
weil ein gespenst auf gewisse weise simulirt/ und die eltern
mit in starcken verdacht gerathen/ was mit
denselben vorzunehmen.
Die erste frage.
Ob aus in specie facti erzehltem verlauff und der leute nachma-
liger geständüß zu glauben, daß kein wahthafftiges gespenst
sondern eitel erdichtungen da gewesen, dannenhero der predi-
ger, dem alles selbs dermassen kund worden, bey so gestalten
sachen das abendmahl nicht eher reichen könne, es seye dann
daß die leute wie ehemals ihr unrecht wiederum bekennen
und bereuen.
Hier-
IV. Theil. [y]

ARTIC. I. SECTIO XXXV.
einer ſolchen verblendung, daß ſie der ſatan in ſeinem dienſt haͤlt, da ſie
ihn doch nicht kennen, noch ihme zu dienen meinen, daher weniger dafuͤr
halten, daß ihren ſeelen gefahr deswegen vorſtehe. Wie alſo billich auf al-
[l]e von GOtt geordnete weiſe jenem ſcheußlichen laſter der groben zauberey
zu ſteuren iſt, ſo haben wir uns hingegen auch des andern geiſtlichen laſters
dabey zu erinnern, und zu trachten, daß wir uns ſo wol fuͤr ſolchem mit
gleichem fleiß huͤten, als bey andern/ nach vermoͤgen ſteuren. Nun in allen
ſtuͤcken und in ſeinem boͤſen wercke, trete den ſatan unter unſere fuͤſſe an al-
len orten, der jenige, der der GOtt des friedens iſt, unſer Heyland JEſus
Chriſtus, welcher ſolchen feind uͤberwunden, und uns ſolches ſeines ſegens
theilhaftig gemacht hat. Derſelbe regire auch alle der jenigen, welche
mit ſolcherley gefaͤhrlichen proceſſen uͤber eine offt dermaſſen verborgene
ſache umgehen, hertzen und gemuͤther mit dem geiſt der weißheit und des
verſtandes, des raths und der ſtaͤrcke, der erkaͤntnuͤß und furcht des HEr-
ren, daß ſie alles reifflich unter ſich erwegen, die tieffe des ſatans recht er-
kennen, und gleich wie gegen ohnzweiffenlich ſchuldige ihren eyffer ſehen
laſſen, alſo ſich ſorgſamſt vorſehen moͤgen, daß niemand unſchuldiges be-
ſchweret, und dem teufel auf andere weiſe mit unterdruͤckung der jenigen,
denen er ſelbs feind waͤre, freude gemachet werde. Er zerſtoͤre auch insge-
ſamt das gantze reich der boßheit, und laſſe die erde dermaleins voll wer-
den ſeiner ehre.

SECTIO XXXVI.
Ubeꝛeinen caſum, als ein junges maͤgdlein eine
weil ein geſpenſt auf gewiſſe weiſe ſimulirt/ und die eltern
mit in ſtarcken verdacht gerathen/ was mit
denſelben vorzunehmen.
Die erſte frage.
Ob aus in ſpecie facti erzehltem verlauff und der leute nachma-
liger geſtaͤnduͤß zu glauben, daß kein wahthafftiges geſpenſt
ſondern eitel erdichtungen da geweſen, dannenhero der predi-
ger, dem alles ſelbs dermaſſen kund worden, bey ſo geſtalten
ſachen das abendmahl nicht eher reichen koͤnne, es ſeye dann
daß die leute wie ehemals ihr unrecht wiederum bekennen
und bereuen.
Hier-
IV. Theil. [y]
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[169/0181] ARTIC. I. SECTIO XXXV. einer ſolchen verblendung, daß ſie der ſatan in ſeinem dienſt haͤlt, da ſie ihn doch nicht kennen, noch ihme zu dienen meinen, daher weniger dafuͤr halten, daß ihren ſeelen gefahr deswegen vorſtehe. Wie alſo billich auf al- le von GOtt geordnete weiſe jenem ſcheußlichen laſter der groben zauberey zu ſteuren iſt, ſo haben wir uns hingegen auch des andern geiſtlichen laſters dabey zu erinnern, und zu trachten, daß wir uns ſo wol fuͤr ſolchem mit gleichem fleiß huͤten, als bey andern/ nach vermoͤgen ſteuren. Nun in allen ſtuͤcken und in ſeinem boͤſen wercke, trete den ſatan unter unſere fuͤſſe an al- len orten, der jenige, der der GOtt des friedens iſt, unſer Heyland JEſus Chriſtus, welcher ſolchen feind uͤberwunden, und uns ſolches ſeines ſegens theilhaftig gemacht hat. Derſelbe regire auch alle der jenigen, welche mit ſolcherley gefaͤhrlichen proceſſen uͤber eine offt dermaſſen verborgene ſache umgehen, hertzen und gemuͤther mit dem geiſt der weißheit und des verſtandes, des raths und der ſtaͤrcke, der erkaͤntnuͤß und furcht des HEr- ren, daß ſie alles reifflich unter ſich erwegen, die tieffe des ſatans recht er- kennen, und gleich wie gegen ohnzweiffenlich ſchuldige ihren eyffer ſehen laſſen, alſo ſich ſorgſamſt vorſehen moͤgen, daß niemand unſchuldiges be- ſchweret, und dem teufel auf andere weiſe mit unterdruͤckung der jenigen, denen er ſelbs feind waͤre, freude gemachet werde. Er zerſtoͤre auch insge- ſamt das gantze reich der boßheit, und laſſe die erde dermaleins voll wer- den ſeiner ehre. 1676. SECTIO XXXVI. Ubeꝛeinen caſum, als ein junges maͤgdlein eine weil ein geſpenſt auf gewiſſe weiſe ſimulirt/ und die eltern mit in ſtarcken verdacht gerathen/ was mit denſelben vorzunehmen. Die erſte frage. Ob aus in ſpecie facti erzehltem verlauff und der leute nachma- liger geſtaͤnduͤß zu glauben, daß kein wahthafftiges geſpenſt ſondern eitel erdichtungen da geweſen, dannenhero der predi- ger, dem alles ſelbs dermaſſen kund worden, bey ſo geſtalten ſachen das abendmahl nicht eher reichen koͤnne, es ſeye dann daß die leute wie ehemals ihr unrecht wiederum bekennen und bereuen. Hier- IV. Theil. y

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/181>, abgerufen am 30.04.2024.